Sarah Perry: Melmoth

Melmoth Book Cover
Melmoth Sarah Perry Bastei Lübbe/eichborn Erschienen am: 30.09.2019 Seiten: 332 Übersetzung: Eva Bonne ISBN: 978-3-8479-0664-3

Inhalt:

Helen Franklins Leben nimmt eine jähe Wende, als sie in Prag auf ein seltsames Manuskript stößt. Es handelt von Melmoth – einer mysteriösen Frau in Schwarz, der Legende nach dazu verdammt, auf ewig über die Erde zu wandeln. Helen findet immer neue Hinweise auf Melmoth in geheimnisvollen Briefen und Tagebüchern – und sie fühlt sich gleichzeitig verfolgt. Liegt die Antwort, ob es Melmoth wirklich gibt, in Helens eigener Vergangenheit? (Klappentext)

Rezension:

Ein Klassiker unter den englischsprachigen Schauerromanen ist sicherlich „Melmoth der Wanderer“ von Charles Robert Maturin, der erstmals 1820 veröffentlicht wurde. Hauptfigur und tragendes Element ist Melmoth, in einer deutschen Übersetzung auch Melmotte genannt, die dazu verdamt ist, auf der Welt nach einer Ersatzseele zu suchen, um sich selbst Erlösung zu verschaffen.

Die Frau in Schwarz hatte dereinst einen Pakt mit den Teufel geschlossen und konnte die ihr gestellten Bedingungen nicht erfüllen. Nun, in neuen Gewandt, erzählt die britische Autorin Sarah Perry die Geschichte neu und versetzt sie in unsere Zeit.

Hauptprotagonistin ist jedoch diesmal nicht Melmoth selbst, die auch in dieser Erzählung auf der Suche nach verzweifelten Seelen ist und deren Geschichten in sich aufnimmt, sondern Helen Franklin, die mit ihrerer Vergangenheit hadert und sich als Strafe, für zunächst nicht näher Benanntes, allen Vergnügungen und Annehmlichkeiten entsagt.

Auch spielt die Handlung, im Gegensatz zum Original, im modernen Prag. Leser werden die Altstadt und die Szenarie um den Wenzelsplatz und der Karlsbrücke erkennen. Fast ist es so, als würde man selbst über das Kopfsteinpflaster der Stadt an der Moldau wandeln.

Die Figuren, die nach und nach behutsam eingeführt werden, sind nicht wirklich Sympathieträger, dienen jedoch vor allem als Verknüpfungspunkte zu den einzelnen Geschichten und Personen, auf die Melmoth stößt. Die Szenarien sind feinfühlig eingewebt.

Immer wieder wechselt die Perspektive zwischen Helen und den Hauptprotagonisten der einzelnen Geschichten. Dies trägt dazu bei, dass die einzelnen, sehr kurzen Handlungsstränge zu einem sinnvollen Ganzen verwoben sind, jedoch entstanden dadurch einige Längen, die es auszuhalten gilt.

Die Frage, die sich hier stellt, ist, ob ein klassischer Schauerrom,an in unserer Zeit überhaupt noch funktioniert? Ist die Art und Weise des Erzählens nicht zu träge und wirkt der Roman in seiner Gesamtheit nicht zu ruhig? Ja und nein. Manche der eingewobenen Geschichten, die der Rahmenhandlung Gewicht verleihen, hätte ich mir ausführlicher gewünscht.

So spricht die Autorin viele gesellschaftlich durchaus kontrovers diskutierte Themen an, unterscheidet nicht zwischen Gut und Böse, sondern weist auf vielerlei Grauschattierungen hin. Doch, beginnt es interessant zu werden, ist schon das nächste kürzere Kapitel mit den Fortgang der Geschichte beschäftigt. Das ist schade, da man so viel mehr aus dieser Erzählung hätte machen können, wenn man sie schon in die Moderne überträgt.

Wenn Sarah Perry es jedoch schafft, einzelne Leser dazu zu bringen, sich mit der historischen Originalgeschichte zu befassen und zumindest einzelne der eingewobenen Handlungen gedanklich weiter zu spinnen, ist dieser Roman durchaus eine Beschäftigung wert. Es kommt auf den Versuch an.

Autorin:

Sarah Perry wurde 1979 in Chelmsford geboren und ist eine britische Schriftstellerin. Nach einer streng reglementierten Kindheit und einer baptistischen Erziehung, studierte sich Kreatives Schreiben und gewann unter anderen den Preis für das „Waterstones Buch des Jahres“ und den britischen Buchpreis.

„Melmoth“ als Adaption des britischen Schauerromans „Melmoth der Wanderer“ ist ihr dritter Roman. Seit 2018 ist Perry Mitglied der Könglichen Gesellschaft für Literatur.

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