1930

Ferdinand Schwanenburg: Machtergreifung

Inhalt:

Flüchtlingskrise, Virus-Pandemie, Terror und wachsene Kriminalität: Die Deutschen fürchten sich vor Kontrollverlust und wirtschaftlichen Abschwung. Während die etablierten Parteien Antworten schuldig bleiben, wächst in der Bevölkerung der Unmut. Immer mehr Menschen sehnen sich wieder nach einem starken Mann, der die Dinge in die Hand nimmt.

Friedrich Sehlings träumt schon lange von einem Führerstaat. Als sich die neue Deutschlandpartei gründet, wittert er seine große Chance. Schnell macht er sich zum unverzichtbaren Organisator der rechten Alternativ-Partei, unterwandert sie mit seinen Leuten und räumt jeden aus dem Weg, der seiner Mission gefährlich werden könnte. Als die Partei immer mehr Wähler gewinnt, sieht er seine Zeit gekommen: Geschickt sorgt er für Chaos und Unruhe und schmiedet einen perfiden Plan, um die Macht im Land an sich zu reißen… (Klappentext)

Rezension:

Die Bilder gleichen sich. Immer mehr Menschen verlieren das Vertrauen in die Politik und die Entscheidungsträger stehen dem mehr oder weniger hilflos gegenüber, kämpfen mit aus der Zeit gefallenen Mitteln oder sympathisieren gar mit jenen, die sich eine vollkommene Entmachtung der Demokratie wünschen. Das trifft, aus verschiedenen Gründen, die reale Welt, in der wir leben, eben so, wie im Szenario, welches dem nicht ganz unähnlich ist, welches der Autor Ferdinand Schwanenburg beschreibt, dessen Protagonisten.

Immer schnelllebiger werden die Zeiten, immer unberechenbarer die Ereignisse, immer unsicherer die Menschen, die sich dem ausgesetzt fühlen. Nährboden für Intrigen und Intriganten, Terrain für jene, die den Umsturz wollen. So beginnt der Roman “Machtergreifung” schleichend, fast langsam.

Der Autor beschreibt haarklein, wie der Prozess der Radikalisierung den deutschen Staat in den Abgrund treibt. Ganz nah ist er da an realen Personen, an der Partei, die innerhalb von wenigen Jahren in allen Landesparlamenten eingezogen und schließlich in den Bundestag hineingewählt wurde. Namen werden nicht gemeint, doch alle Lesenden werden wissen, was oder wer gemeint ist. Ein Protokoll der Machtergreifung, wie sie ablaufen könnte, wenn wir die Augen erneut verschließen.

Dabei ist das Erzähltempo zunächst vor allem eines. Extrem langsam kommt die Geschichte ins Rollen und entwickelt doch sehr schnell eine Sogwirkung, der man sich kaum entziehen kann. Die Protagonisten sind vielschichtig in ihrer Ratlosigkeit, Zielstrebigkeit, Skrupellosigkeit und Intriganz. Zuweilen sogar sympathisch, auch wenn man lesend genau weiß, dass sie das nicht sein sollten. Auch Anspielungen auf unsere Geschichte und Gegenwart gibt es zahlreiche. Der Autor führt uns hier den Spiegel vor. Seht, hier ist sie, die Gefahr. Erkennt ihr sie? Was macht ihr? Entscheidet euch.

Schwanenburg kann das gut, hat er doch selbst für die Teufel in persona gearbeitet, kennt den Politikbetrieb auch als Lobbyist und die Mechanismen der Macht bei der Bundeswehr. Sein realer Name ist verdeckt. Gut so, dieser Roman ist eine Warnung für uns, die wir fassungslos die Balken jeder Wählerumfrage beobachten oder die Prognosen am Wahltag.

Der Autor kann beschreiben, nutzt real existierende Steilvorlagen. So stellt man es sich vor, die Ränkespiele und auch die Gefahr, der unsere Demokratie ausgesetzt ist. Vieles wird ähnlich abgelaufen sein. Hoffen wir, dass der Autor im Weiteren keine Glaskugel besitzt. Der Schreibende versucht hier klarzustellen, ein: “Das haben wir nicht kommen sehen.”, ist diesmal nicht gegeben.

Autor:

Ferdinand Schwanenburg ist das Pseudonym eines deutschen Politik- und Kommunikationsberaters, der bereits für viele Politiker großer Parteien gearbeitet hat. Er war Journalist, Pressesprecher und Rüstungslobbyist und ist Reserveoffizier der Bundeswehr. Er hat tief hinter die Kulissen des Politikbetriebs und der Medienindustrie geblickt und kennt die Mechanismen der Macht. Von 2015 bis 2017 hat er für verschiedene AfD-Fraktionen gearbeitet. Heute warnt er vor den Gefahren, die von der AfD für Deutschland und unsere Demokratie ausgehen.

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Andre Francois-Poncet: Botschafter in Berlin 1931-1938 (1)

Botschafter in Berlin 1931-1938 Book Cover
Botschafter in Berlin 1931-1938 Andre Francois-Poncet
Buchserie: Teil 1
Europaverlag Erschienen am: 21.09.2018 (Neuauflage) Hardcover ISBN: 978-3-95890-224-4

Inhalt:

Andre Francois-Poncet war seinerzeit der dienstälteste und erfahrenste Diplomat und Botschafter im Deutschen Reich, der den Aufstieg der Nazis in Berlin beobachtete und für sein Land analysierte.

Von 1931 an schrieb er regelmäßig Telegramme und schickte Berichte an das französische Außenministerium, konferierte mit Nazi-Größen und stellt im ersten Teil seiner Erinnerungen dar, wie Rechtstaatlichkeit und Demokratie unterwandert und ausgehölt wurden, wie der politische Quereinsteiger Hitler zum mächtigsten Mann werden sollte, der Europa und die Welt in den Abgrund stürzte.

Von der Machtergreifung bis zum letzten Aufbäumen des Friedens, der Konferenz von München, skizziert Francois-Poncet die deutsche Politik der 1930er Jahre. ihre Wirkung im Inneren und auf das Ausland. (eigene Inhaltsangabe)

Bücher der Reihe:

Andre Francois-Poncet: Botschafter in Berlin 1931-1938 (1)

Andre Francois-Poncet: Von Versailles bis Potsdam (2)

Andre Francois-Poncet: Tagebuch eines Gefangenen (3)

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Rezension:
Von vielen Seiten ist sie bereits beschrieben worden und wird auch immer noch beleuchtet werden, die deutsche Geschichte in wundersamen aber grausamen Zeiten.

Grausam, weil nur wenige Zeitgenossen ernstnahmen, was ihre Schlächter laut verkündeten, einige hießen die Vorhaben sogar gut, wundersam, weil sich nicht wenige die Augen rieben ob der neuen Töne, die im Regierungsviertel Berlins der 1930er Jahre herrschten. Dies nun sind die neu aufgelegten Erinnerungen des wohl erfahrensten Diplomaten jener Zeit, des französischen Botschafters Andre Fracois-Poncet 1931-1938.

Neu verlegt im Europaverlag öffnen sich dem Leser die Türen des diplomatischen Parketts und er erfährt, welche Hürden die Politik des Auslands im Umgang mit den neuen Machthabern des Deutschen Reiches zu nehmen hatten, woran sie schließlich scheitern sollten.

Zwei Jahre nach Kriegsende in Frankreich erstmals erschienen, ein wenig später auch dort, was von Deutschland übrig geblieben war, erzählt Francois-Poncet, wie er erstaunt die Erosion der Rechtstaatlichkeit und demokratie zur Kenntnis nehmen musste und welche Schwierigkeiten sich ergaben, erkannten die neuen Machthaber gültige Verträge nur scheinbar an, nutzten Hintertürchen und spielten mit falschen Karten, um In- und Ausland immer wieder vor vollendete Tatsachen zu stellen, die in den Abgrund führen sollten.

Detailliert schildert der ehemalige Botschafter Begegnungen mit Nazi-größen von Göring bis Hitler, beschreibt die brodelnde Stimmung auf den Straßen Berlins und die Vorgänge des Notenaustausches zwischen den Alliierten des Ersten Weltkrieges, die nicht an einem Strang zogen und somit die Tore öffneten, für das politsche Va banque Spiel, welches die Nazis auszureizen wussten.

Pointiert beschreibt der Autor die Entmachtung der Weimarer Demokratie, die Vorgänge zur Machtsicherung um den Röhm-Putsch und schildert, welch politische Hektik dem Austritt deutschlands aus den Völkerbund oder dem Ende von Locarno voraus gingen.

Bishin zum letzten Aufbäumen, der Münchener Konferenz, gelingt so ein Blick hinter die Kulissen und abseits des Geschichtsunterricht bekommt der Leser ein Gefühl dafür, wie aufwendig und fragil es war, mit den Nazis Politik zu machen, die dann doch nicht halten sollte.

Im Gegensatz zu seinen privaten Erinnerungen “Tagebuch eines Gefangenen”, die später veröffentlicht wurden, ist hier der Ton lt. des Herausgebers Thomas Gayda sehr diplomatisch gehalten, eben so, wie Francois-Poncet die Mehrheit der Deutschen, deren Kultur er schätzte, verstand.

Um so größer wirkt die Erschütterung, die der Autor durchblicken lässt, resultierend aus unerhörten Ereignissen in unerhörten Tagen. Dem kann man sich als Leser kaum entziehen. Die Sogwirkung solcher Zeitzeugenberichte ist einfach zu groß und gerade darin liegt der Wert des Berichts, zumal hier eben mal eine ganz andere Draufsicht, die französische, als die bekanntere Sicht deutscher Zeitzeugen oder die amerikanischer und britischer Historiker, zum Tragen kommt.

Das funktioniert auch heute noch. Ja, vielleicht sogar besonders gut, wo sich wieder eine Partei in Deutschland anschickt, demokratische und rechtstaatliche Werte auszuhöhlen.

Francois-Poncet hätte die Parallelen mit Sicherheit gesehen und davor gewarnt und so ist “Botschafter in Berlin 1931-1938” ein hoch politisches und aktuelles Dokument, welches ernstgenommen werden muss. Zu viel steht auf den Spiel.

Ein gut lesbarer und erschütternder Bericht, über das, was damals niemand wahrhaben wollte, auch im benachbarten Ausland nicht und eine Analyse dessen, wie schnell die demokratischen Fundamente von Weimar unter den willfährigen Händen der Nazis und ihrer Gönner zerbröselten, die später die Deutschen mitsamt ihrer neuen Führungsriege in den Abgrund stürzen sollten.

Der Diplomat Andre Francois-Poncet, der später wieder an die Deutschen glauben und einer der ersten befürworter einer Verständigung nach dem Krieg gewesen ist, beschreibt klar die internen und von außen sichtbaren Vorgänge und setzte sich ein Denk- und den Deutschen ein Mahnmal.

Es bleibt diesen überlassen, es heute wieder anzunehmen. Europas und Deutschlands Frieden wäre es zu wünschen.

Autor:
Andre Francois-Poncet wurde 1887 in Frankreich geboren und war Germanist, Politiker und Diplomat, französischer Botschafter in Berlin und später in Rom. Nach dem Krieg begleitete er den Posten des französischen Hohen Kommissars in Deutschland von 1949-1955.

Er wurde 1943 von den Deutschen verhaftet. Nach der Befreiung begleitete er verschiedene diplomatische Posten und fungierte als Präsident des Französischen Roten Kreuzes 1955-1967, ab 1960 als Präsident des Rats der Europäischen Bewegung. Er starb 1978 in Paris.

Andre Francois-Poncet: Botschafter in Berlin 1931-1938 (1) Read More »