unterschied

Johannes Plagemann/Henrik Maihack: Wir sind nicht alle

Inhalt:

Der Westen ist nicht mehr der Nabel der Welt. Stattdessen treten die Staaten des Globalen Südens mit neuem Selbstbewusstsein auf. Was sind ihre Interessen, Motive und Sichtweisen? Warum teilen sie die Sichtweise des Westens nicht, zum Beispiel gegenüber Russland? Dieses Buch zeigt die Unterschiede der Wahrnehmung internationaler Politik im Westen und im Globalen Süden auf. Ein besseres Verständnis dieser Unterschiede wird immer drängender, je mehr die USA und Europa an ihrer einstigen Dominanz verlieren. Das Buch diskutiert, warum die Staaten des Globalen Südens so handeln, wie sie es tun, warum deren Skepsis gegenüber dem Westen so tief sitzt – und warum in der neuen Vielfalt auch Chancen liegen. (Klappentext)

Rezension:

Noch immer herrschen im politischen Geschehen der Vereinigten Staaten von Amerika und in Teilen von Europa das Denken in systemisch entgegengesetzt zueinander stehenden Blöcken vor, während das Schließen von Vereinbarungen basierend auf Wertegemeinschaften für selbige immer schwieriger zu werden scheint. Woran liegt das? In Asien treten Staaten wie China oder Indien mit neuem Selbstbewusstsein auf, auch auf den afrikanischen Kontingent verlangt man inzwischen nach Mitspracherechten auf Augenhöhe gegenüber vom Westen dominierten internationalen Institutionen. Diesen Wandel haben die Politikwissenschaftler Johannes Plagemann und Henrik Maihack in ihrem sehr differenzierenden Sachbuch aufgeschlüsselt.

Bevor aber die Frage geklärt wird, wie sich diese Veränderungen im politischen Geschehen darstellen und was sie bedeuten, wird zunächst erläutert, welche Regionen unter den Oberbegriff zu verstehen sind und weshalb ein Blick in die Geschichte Afrikas und Asiens lohnt. Immer anhand von Beispielen von Ereignissen, etwa das Aufeinandertreffen bei Staatsbesuchen oder konkret die Schau auf einzelne Länder werden Hintergründe anschaulich erklärt und so die graue Theorie politischer Analyse durchbrochen, die zuweilen durchschimmert. Hier merkt man einerseits die Expertise der beiden Autoren, andererseits aber auch den direkten Kontakt in einzelne Länder hinein. Beide Autoren haben Einblick in das politische Innenleben verschiedener Länder, die hier thematisiert werden und arbeiteten lange beratend tätig, u. a. für das Auswärtige Amt.

Dabei werfen beide nicht nur einen Blick in die Geschichte, zeigen die Fehler heutiger westlicher Politik, jedoch auch, was sich bereits verändert und im Zusammenspiel von West und Süd sich bereits ändert und dann doch funktioniert. Das Aufbrechen der Pole in Interessensgemeinschaften als Chance, ein Bild, an das man sich lesend und nach hiesig vorherrschenden Politvorstellungen auch erst einmal gewöhnen muss. Die Lesbarkeit leidet da jedoch zuweilen unter der recht kompakten Darstellung.

Das wirkt manchmal sehr trocken, ist jedoch eine wichtige Lektüre, um gewisse Dynamiken zu verstehen, die uns immer öfter künftig begleiten werden. Gleichwohl werden nur jene dies mit Gewinn lesen können, die sich wirklich dafür interessieren, auch eine politische Färbung kann man hier wohl nicht ganz absprechen. Die kommt dann doch durch. Der Blick in die Geschichte und was daraus folgt, war jedoch erhellend.

Autoren:

Johannes Plagemann ist Politikwissenschaftler am German Institute for Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg. 2015-2016 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Auswärtigen Amt tätig. In den Medien tritt er als Experte für den Globalen Süden auf.

Henrik Maihack ist Politikwissenschaftler und leitet seit 2021 das Referat Afrika der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Berlin. Ab 20111 vertrat er die FES im Globalen Süden, zunächst in Indien, danach in Bangladesch, Südsudan, Ruanda und Kenia. Er analysiert regelmäßig die deutsche Afrikapolitik und politische Transformationsprozesse in den Ländern des Globalen Südens.

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Francois Conrad: Warum Deutsch bellt und Französisch schnurrt

Inhalt:

Warum klingt Deutsch so (schön) hart, Englisch vornehm und Französisch so wahnsinnig charmant? Alle, die gern auf Reisen sind, haben sich diese Fragen bestimmt schon einmal gestellt. Begleiten Sie unsere Protagonisten Horst und Strumpf auf ihrer großen Europareise und entdecken Sie Unterhaltsames zur deutschen Aussprache im europäischen (Sprach-)Vergleich. Woran liegt es, dass “Banane” leichter auszusprechen ist als “Schnaps”? Und was hat es mit dem Knacklaut im Deutschen auf sich? Gehen Sie mit uns auf eine spannende Sprach- und Erkenntnisreise! (Klappentext)

Rezension:

Schon Mark Twain philosophierte über die schwere Erlernbarkeit der deutschen Sprache. Auch heute gilt sie als Herausforderung für die jenigen, die die Geheimnisse dieser ergründen wollen. Andere Sprachen, so scheint es, sind dabei einfacher zu lernen, zu sprechen sowie so und hören sich auch angenehmer an? Doch, woran liegt das? Weshalb wird Deutsch oftmals mit dem Bellen eines Schäferhundes verglichen, wogegen man dem Italienischen einen besonders melodischen Klang nachsagt? Der Sprachwissenschaftler Francois Conrad unternimmt einen Erklärungsversuch in Form einer fiktiven Sprachreise, quer durch Europa.

Sprachen unterliegen einem stetigen Wandel, haben gemeinsame Familien und grenzen sich im Laufe der Geschichte sehr schnell voneinander ab. Merkmale bilden sich heraus, verschwinden. Zudem bedienen sich Sprachen Begriffen aus anderen und machen sich diese zu Eigen. Wie funktioniert das genau? Worin liegen Vor- und Nachteile für Hörende und Sprechende? Weshalb etwa gelingt es Franzosen auf Biegen und Brechen nicht, ein H auszusprechen? Weshalb versuchen wir im deutschen Namen so auszusprechen, wie sie im Original lauten, während in anderen Ländern ein Name konsequent der Sprachgewohnheit untergeordnet wird?

In kurzen verständlichen, doch ständige Konzentration fordernde Kapitel, stellt der autor hier dar, weshalb dies so ist und warum das vermeintlich hart klingende Urteil über unsere Sprache nichts unbedingt mit unserer jüngeren Geschichte zu tun hat. Er zeigt Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu anderen Sprachen auf, lässt seine Protagonisten diese anhand einfacher Beispiele erläutern und lädt zum Mitsprechen ein. Weshalb gehen im Französischen Wörter nahtlos ineinander über und was hat das luxemburgische Eichhörnchen für Vorteile, wenn es sich aus zwei Sprachen bedient?

Hintereinander weglesen empfiehlt sich nicht, da trotz des geringen Umfangs viel Information untergebracht wurde. Zwar hilft die Form einer fiktiven Geschichte die Thematik nicht ganz so trocken erscheinen zu lassen, doch muss man alle Konzentration aufbieten, um nicht durcheinander zu komemn und steht damit fast vor dem gleichen Problem, wie ein Sprachlernender. Trotzdem, wer sich für Linguistik, für Phonetik interessiert, sei dieses Buch zum Einstieg einmal empfohlen. Unsere Sprache und auch, dass andere Sprachen vielleicht schöner klingen, jedoch auch ihre Vor- und Nachteile haben, sieht man dann vielleicht mit anderen Augen.

Autor:

Francois Conrad ist Sprachwissenschaftler an der Leibniz Universität Hannover. In Luxemburg aufgewachsen, studierte er ebendort, sowie in Bamberg und Prag Sprachwissenschaften. Im Jahr 2019 wurde er Norddeutscher Science Slam Meister und Deutscher Vize-Meister. Aktuell beschäftigt er sich mit dem Mythos um das “beste” Hochdeutsch in Hannover

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Lois Pryce: Im Iran dürfen Frauen nicht Motorrad fahren…

Im Iran dürfen Frauen nicht Motorrad fahren... Book Cover
Im Iran dürfen Frauen nicht Motorrad fahren… Lois Pryce Dumont/mairdumont Erschienen am: 25.09.2017 Seiten: 330 ISBN: 978-3-7701-6681-7 Übersetzerin: Monika Baark

Inhalt:

Eine Frau, ein Motorrad und die wagemutigste Reise ihres Lebens…

Eines Tages entdeckt Lois Pryce in London einen Zettel an ihrem weitgereisten Motorrad: Eine persönliche Einladung in den Iran, geschrieben von einem Fremden namens Habib. Die Neugier der Abenteuerin ist geweckt.

Dass Frauen im Iran offiziell gar kein Motorrad fahren dürfen… und alle Bekannten ihr dringend davon abraten… geschenkt! Ihre ebenso mutige wie überraschende Reise in den echten Iran kann beginnen: 5000 Kilometer mit Helm und Hidschab – und zahllosen unvergesslichen Begegnungen. (Klappentext)

Rezension:

Heutzutage kann man die großen Abenteuer immer dann erleben, wenn unterschiedliche Kulturen aufeinander treffen. Oft passiert genau dann unerwartetes. Fur Lois Pryce beginnt dies mit einem Zettel, den ein Wildfremder an ihr Motorrad heftete. Mitten in der Londoner Innenstadt.

Es ist die Zeit des Tiefpunkts diplomatischer Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und dem Iran, und doch bekommt Pryce eine Einladung, sich dieses Land anzuschauen.

Nun ist die Abenteuerin weit gereist und in Groß-Britannien keine Unbekannte, doch die Ungewissheit ist da. Was würde sie, abseits der Bilder, die in den Medien kursierten, erwarten? Ein, besonders in bezug auf Frauen, rückständiges Land oder etwas völlig anderes?

Lois Pryce macht sich auf den Weg. Mit Hidschab und Motorrad, es herauszufinden. Das größte Abenteuer ihres Lebens beginnt.

Es ist ein beeindruckender Reisebericht, den Lois Pryce hier vorlegt. Genau wie sie ins kalte Wasser geworfen wurde, nimmt sie den Leser mit auf eine Reise zwischen den Kulturen und erlebt was passiert, wenn man hinter den Vorhang der internationalen Presse blickt.

Sie entdeckt den Iran abseits der Politik, der zwischen Tradition und Moderne schwankt. Dessen Waage zu Gunsten der letzteren zu kippen beginnt. Pryce entdeckt die wörtlich zu nehmende persische Gastfreundschaft, persisches Essen, eine große Vergangenheit und Fallstricke in den Beziehungen beider Länder, aber auch, was passiert, wenn man auf die Menschen zugeht, sie anhört.

Was übrig bleibt vom Bild der Medien ist nicht viel, ein völlig anderer Eindruck entsteht. Einfühlsam beschreibt die Autorin ihren kritischen Blick auf das Land und die Begeisterung für die Herzlichkeit der Menschen, die dort leben. Das Bild wandelt sich von Seite zu Seite, natürlich nicht kritiklos, doch ist die Autorin ganz Abenteuerin erst einmal ins Gelingen verliebt. Und dies geschieht auch.

Eine Annäherung zweier so gegensätzlicher Welten ist möglich, von den Iranern gewollt, von dessen Mächtigen gefürchtet, von der westlichen Welt kritisch beäugt. Der autoritäre Staat ist im Privatleben der iraner beriets durchlässig, rissig. Immer mehr Iraner streben nach westlichen Werten und trotzden den autoritären Mullahs.

Die Reise einer Frau in ein Land, dessen Zukunft gerade erst begonnen hat, gespalten zwischen den Welten religiöser Vorgaben und westlichen Sehnsüchten.

Spannend und nahbar erzählt, ein erstaunlicher Roadtrip durch eine wahrhaft faszinierende Landschaft und interessanten Begegnungen. Von heiklen Grenzübertritten in das Verkehrschaos Teherans bis hinein in die Stadt der Poesie. Und der Blick auf das Land der “Achse des Bösen” wird ein völlig anderer sein.

Autorin:

Lois Pryce wurde 1973 in Aberdeen geboren, wuchs in Bristol auf und ist eine britische Autorin und Journalistin. Sie ist Gründerin und Kuratorin des Adventure Travel Film Festivals:und verfasste mehrere Bücher über ihre Abenteuerreisen mit Motorrad.

Sie schreibt freiberuflich für mehrere Zeitungen und Zeitschriften, nachdem Sie ihre sichere Stelle bei der BBC aufgab, um in der Welt Abenteuer zu erleben. Die britische Zeitung “The Telegraph” zeichnete sie als eine der “zehn größten Abenteuerinnen unserer Zeit” aus.

Seit 2002 lebt sie in London.

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