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Kurzblick: Thriller goes Graphic Novel – Frank Schmolke und Sebastian Fitzeks “Der Augensammler”

Von den einen Kritiker werden die Bücher dieses Autoren regelmäßig in die Tonne gekloppt, für mich waren sie der Zugang zu einem Genre, welches ich vorher nicht einmal mit der Kneifzange angefasst hätte. Davor gab es für mich nur entweder Romane und Erzählungen oder Sachbücher. Krimis und Thriller kamen erst mit den Büchern von Sebastian Fitzek hinzu und werden heute von mir sehr gerne und regelmäßig gelesen. Begonnen hat es bei mir mit seinem Werk “Das Kind”, welches ich lesen wollte, bevor der gleichnamige Kinofilm zu sehen war, der als nettes Gimmick einen Abspann mit einer Länge jenseits von Gut und Böse hatte, da sich in einer Aktion Fans dort haben eintragen lassen können und so ist dann auch mein Name dort zu finden.

Es hatte dann auch keinen anderen Grund, bis zum Ende dieses Abspanns im Kino sitzen zu bleiben, für einen Film, den man ansonsten das Low Budget Label ansieht, wenn auch mit Christian Traeumer damals ein hervorragender Kinderdarsteller gefunden wurde. Mittlerweile funktioniet das Gesamtpaket Fitzek, Gott sei Dank, nicht nur zwischen den Buchdenkeln, sondern auch auf der Leinwand. Die danach erschienenen Verfilmungen waren insgesamt stimmiger und haben bisher viel besser funktioniert. Das Buch, der Thriller “Das Kind”, ist dennoch sehr lesenswert.

Da Sebastian Fitzek jedoch sehr umtriebig ist und für viele Ideen offen, ist man nun den nächsten Schritt gegangen und hat nun einen anderen, ebenfalls sehr spannenden Thriller einmal grafisch umgesetzt. Der Zeichner Frank Schmolke zeichnete in düsteren Farben die Geschichte des Augensammlers nach, der Frau und Kind verschwinden lässt, das Boulevard in Aufruhr versetzt und mit seinen Ultimaten Berlin in Atem hält. Und den Ex-Polizisten Alexander Zorbach, der zusammen mit Alina Gregoriev, einer blinden Physiotherapeutin, im Gegensatz zur Polizei, die einzige brauchbare Fährte hat. Doch Zorbach, nun als Polizeireporter tätig, steckt da bereits tiefer drin, als ihm lieb ist.

Berlin, der Schauplatz vieler Geschichten von Sebastian Fitzek. (@Splitter-Verlag)

Mehr möchte und kann ich von der Handlung nicht verraten, auch wenn ich gerne mehr erzählen würde. Über den Zeichenstil von Frank Schmolke, der die Geschichte sowohl von den Farbtönen als auch von den Bildern her interessant umgesetzt hat, lässt sich dafür um so mehr sprechen. Vergleichsweise farbenfroh hat der Zeichner den Auftakt von Fitzeks Geschichte umgesetzt, wenn auch schon auf den ersten Seiten starke Kontraste wirken. Die Bilder, die beim Lesen des Thrillers im Kopf hängen bleiben, und es ist hier auch schon ein wenig her, dass ich das “Original” gelesen habe, wurden hier umgesetzt. Jede Szene hat ihren eigenen “Grundton” und ganz düster ist hier fast grau-schwarz. Wer also die Graphic Novel sich abends zu Gemüte führen sollte, müsste einmal für ausreichende Beleuchtung sorgen, sonst könnte das für die Augen vielleicht etwas zu anstrengend wirken.

Einige Figuren habe ich mir etwas anders vorgestellt, als sie in der Vorstellung von Frank Schmolke existieren. Es ist jedoch so, dass ich mit dieser ganz gut leben kann. Da trifft es sich dann auch, dass sowohl Sebastian Fitzek diese Geschichte weiter geschrieben hat, als auch Frank Schmolke am Ende durchaus das Fernglas (dieser Ausdruck ist jetzt bewusst gewählt) für eine Fortsetzung als Graphic Novel offen lässt. Das wäre zumindest mein Wunsch.

Zuletzt, hat es denn funktioniert, einen Thriller als Graphic Novel zu adaptieren? Ein klares -Ja- von mir. Über die hervorragende Farb-, Papier- und Bindungsqualitä des Splitter-Verlags brauchen wir auch nicht zu sprechen. Die ist gegeben. Aufpassen sollte man dennoch, zumindest wer die limitierte und durchnummerierte Ausgabe haben möchte. Die ist auf 1000 Exemplare beschränkt enthält Zusatzmaterial und einen exklusiven Kunstdruck von Frank Schmolke und zum Zeitpunkt dieses Beitrages verlagsvergriffen. Die “einfache” Ausgabe, unten verlinkt, sollte aber inzwischen zu haben sein, wenn sie auch in meiner Stammbuchhandlung ebenfalls verspätet angeliefert wurde. Für Thriller-Fans, aber auch sonst, einen Blick wert. Oder auch zwei. Mit den Augen, die man so hat.

Sebastian Fitzek:

Sebastian David Fitzek wurde 1971 in Berlin geboren und ist ein deutscher Schriftsteller und Journalist. Er arbeitet in der Programmdirektion eines Berliner Radiosenders und studierte Jura bis zum ersten Staatsexamen. Er promovierte in Urheberrecht und arbeitete als Programmdirektor für verschiedene Radiostationen Deutschlands. 2006 erschien sein erster Psychothriller “Die Therapie”, welches promt ein Bestseller wurde und als bestes Krimi-Debüt für den Friedrich-Klauser-Preis nominiert wurde. 2012 wurde sein Roman “Das Kind” verfilmt. Merkmale seiner Bücher sind bestimmte Gimmicks zu seinen Büchern, wie wieder auftauchende Personen oder Extras in Form von Links oder Videos, auch sucht er Wege abseits der üblichen Wasserglas-Lesungen. 2016 feierte Fitzek zehnjähriges Autorenjubiläum. Seine Bücher werden für’s Theater adaptiert, eine weitere Verfilmung ist in Arbeit. Fitzek wird in 24 Sprachen übersetzt.

Frank Schmolke:

Frank Schmolke wurde 1967 in München geboren und ist ein deutscher Illustrator, Maler und Comic-Zeichner. 1994 begann er als Zeichner in einer Agentur zu arbeiten, seit 1999 ist er freiberuflich tätig. Schmolke ist Mitbegründer der Münchner Comicmagazine Tentakel und Comicaze und publizierte in seinem eigenen Verlag “Edition Spaceboy” seit 1994 eigene Comics, arbeitet zudem zusätzlich für verschiedene andere Verlage und u. A. im Bereich 3D-Animationsfilm. 2019 wurde er mit den Rudolph-Dierks-Award ausgezeichnet.

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Fabien Nury/Thierry Robin: The death of Stalin

The death of Stalin Book Cover
The death of Stalin Fabien Nury/Thierry Robin Splitter Verlag Erschienen am: 25.02.2018 Seiten: 144 inkl. Bonusmaterial ISBN: 978-3-96219-171-9 Übersetzer: Harald Sachse

Inhalt:

An alle Parteigenossen…

An alle Werktätigen der Sowjetunion…

Das Herz des Kampfgefährten und genialen Fortsetzers der Sache Lenins,

des weisen Führers der Kommunistischen Partei und des Sowjetvolkes, Josef Wissarionowitsch Stalin…

… hat aufgehört zu schlagen.

-Mitteilung der Partei- und Staatsführung der UdSSR vom 8. März 1953-

(Klappentext)

Rezension:

Eine komplette Biografie in Form eines Comics zu gestalten, funktioniert in den meisten Fällen schon aufgrund der Vielschichtigkeit von Ereignissen nicht und würde ein sehr ausuferndes Projekt werden, so scheiterte Thierry Robin bei dem Versuch, eine solche über keinen Geringeren als Stalin zu entwerfen.

Doch, wie ist es, eine solche auf ein bestimmtes Moment zu konzentrieren? Erzielt man damit nicht genau die gleiche, wenn nicht sogar eine bessere Wirkung?

Zusammen von Fabien Nury und Thierry Robin gestaltet, liegt hiermit “The death of Stalin” vor, die Graphic Novel, die nun den Fokus rund um die Ereignisse legt, die sich um den Tode des Massenmörders und sowjetischen Diktators Stalin abspielten.

Fein nuanciert wird dargestellt, welches Machtvakuum dieser Machtmensch bereits im Sterbebett hinterließ und welche Ränkespiele sofort nach seinem Tode begannen.

Die Autoren und Zeichner orientierten sich dabei eher lose an dem, was überliefert ist, so gab es z.B. den am Anfang dargestellten Brief der Maria Judina wirklich, doch war er nicht der Auslöser für Stalins Schlaganfall, der zum Tod führte. Dennoch ist den beiden Zeichnern ein großer Wurf gelungen.

In düsteren Farben wird der irrsinn von Macht- und Ränkespielen dargestellt, sowie die Charkterzeichnung der einzelnen Akteuere auf die Spitze getrieben. Wiedererkennungswert haben die Protagonisten. Ihre realen Vorbilder sind sofort ersichtlich.

Kalt wird es den Lesern den Rücken hinterlaufen, wenn der gefürchtete Geheimdienstchef Beria seine finsteren Pläne schmiedet und Figuren wie Chruschtchow oder Bulganin darauf reagieren müssen. Wirkliche Sympathieträger gibt es nicht, doch zeigen Nury und Robin den ganzen Irrsinn auf, den das Machtvakuum verursachte, welches sich nach Stalins Tod ergab.

Die Autoren zeigen auf, dass Stalins Terrorregime weitreichende Folgen hatte, noch über den Tod hinaus, mit den Folgen zu kämpfen hatte. Das Chaos, welches der große Terror hinterließ, wenn es um die Suche nach geeigneten Ärzten etwa ging oder selbst vor Stalins erwachssenen Kindern nicht haltmachte.

In diesem Sinne kann man Thierry und Nury nur Respekt zeugen, sich auf wichtige Details dieser geschichtlichen Ereignisse zu konzentrieren. Vielleicht ist nicht alles den tatsächlichen Begebenheiten zu hundert Prozent angeglichen, sofern überhaupt überliefert, aber so hätte es sein können. Der Geist des Geschehens kommt in jedem Fall rüber.

Ausgesprochen gut zeigen die Autoren, was Macht mit den Menschen macht, besonders aber die abhängigkeiten udn Rivlitäten der Führungsfiguren, die in den Zeichnungen einen realen Wiedererkennungswert besitzen.

Es fällt leicht, dem zu folgen, selbst, wenn man sich bisher kaum mit den geschichtlichen Werdegängen beschäftigt hat. Alleine, um die Atmosphäre aufzunehmen, genügen bereits ein paar Seiten.

Die Zusammenarbeit von Robin und Nury hat hier zu einer gelungenen Mischung geführt, diese wiederum zu einer interessanten und packenden Graphic Novel, die es in sich hat.

Geschichte kann eben spannend sein. Besonders, wenn sie so erzählt wird.

Autoren/Zeichner:

Fabien Nury wurde 1976 geboren und ist ein französischer Comicautor. Zeichnungen von Kurzgeschichten erschienen in mehreren Magazinen, bevor er sich auf historische Erzählungen spezialisierte. Er prägte dabei das biografische Comic. Seine Werke wurden mehrfach ausgestellt und ausgezeichnet.

Thierry Robin wurde 1958 geboren, ist ebenfalls Comicautor und zeichnete bereits Weihnachtsbriefmarken für die französische Post. Sein Werk wurde 1990 erstmals ausgestellt, was ihm die Türen zum Verlagswesen öffnete. Zusammen mit Nury veröffentlichte mehrere historische Graphic Novels.

Film-Adaption:

Hervorrragend auch die Film-Adaption von 2018.

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