Pakt

Claudia Weber: Der Pakt

Der Pakt Book Cover
Der Pakt Claudia Weber C.H. Beck Erschienen am: 18.07.2019 Seiten: 276 ISBN: 978-3-406-73531-8

Inhalt:
Im Zweiten Weltkrieg waren Nazideutschland und die Sowjetunion nicht nur erbitterte Gegner, sondern vorübergehend auch Verbündete.

Der Pakt war mehr als das politische Zweckbündnis, das Hitlers Überfall auf Polen erlaubte und den Krieg für die Sowjetunion hinauszögerte. Seine Wirkung blieb nicht nur auf Osteuropa beschränkt, auch wenn beide Mächte ihren Gewaltfuror dort entfesselten. Claudia Weber zeichnet nach, wie Hitler und Stalin einen ganzen Kontinent in weniger als zwei Jahren ins Verderben stürzten. (Klappentext)

Rezension:
Monate vor Kriegsbeginn horchte die Welt auf. Neben den offiziellen Meldungen machten Gerüchte die Runde. unglaublich und unerklärlich für die Völker Europas nicht zuletzt auch für die Deutschen und die Russen selbst.

Deren oberste politische Führungen, die sich ideologisch diametral gegenüber standen, gingen zum handschlag über und hatten einen Pakt geschlossen, den sich niemand ob der vergangenen feindlichen Rhetorik und entgegengesetzten Weltanschauungen erklären konnte. Was also, steckte dahinter?

Claudia Weber begibt sich auf Spurensuche in politischen und privaten Archiven, zwischen Moskau und Berlin. Die Professorin für Zeitgeschichte rekonstruiert die Ereignisse, die dem Schlimmsten aller Kriege vorausgingen, den es je gegeben hat.

Das vorliegende Werk ist das Ergebnis ihrer unermüdlichen Recherchearbeit, die dennoch nicht alle Geheimnisse aufdecken konnte. “Der Pakt”, zeigt dennoch auf, wie zwei Diktatoren Europa unter sich aufteilten und für Jahre in den Abgrund stürzten.

Im C.H. Beck Verlag erschienen, der sich hiermit wieder einmal der Aufarbeitung eines geschichtlichen Kapitels verdient gemacht hat, zeigt Claudia Weber auf, wie und warum die Bestandteile des Hitler-Stalin-Paktes beschlossen wurden, welche Gespräche und Überlegungen dem vorausgingen, welchen Nutzen und Vorteile sich die beiden Vertragspartner davon versprachen.

Die Historikerin zeigt, dass es hierbei nicht nur um die Aufteilung eines Kontinents ging, sondern auch um intensive wirtschaftliche Beziehungen, fernab aller Ideologien und strategischen Überlegungen.

Detalliert werden hier Konsultationen zwischen Deutschen und Sowjets geschildert, sowie die Interpretation ihrer direkten und indirekten Nachbarn, etwa den Polen oder den Briten.

Diese Ausgewogenheit ist notwendig zur zeitlichen Einordnung, gleichzeitig sehe ich einige Formulierungen, so wie sie zwischen den Buchdeckeln geschrieben stehen, kritisch, lenken sie doch die Sympathie manchmal auf die falsche Seite. Größtenteils gelingt es der Autorin jedoch, neutral zu sein, so dass dies nicht allzu sehr ins Gewicht fällt.

Kurzweilig und spannend wie ein Krimi liest sich die Historie zwischen den “two evils”, wie der damalige britische Premier Winston Churchill die Diktoratoren Hitler und Stalin bezeichnete, ihrem Streben nach Macht, Einfluss und territorialen Gewinnen, die Europa auf Jahrzehnte hinaus verändern sollten.

Insbesondere die von beiden Ländern vorab geknüpften, jedoch selten besprochenen, wirtschaftlichen Beziehungen werden hier haarscharf analysiert.

Aufgelockert durch zahlreiche Fotografien und Einbindung noch nicht zu häufig genutzten Quellenmaterials kann dieses Werk als Ergänzung und Vertiefung der Materie genutzt werden, zumal auch das Vertragsprotokoll des Hitler-Stalin-Paktes selbst mit eingebunden ist, wie auch das geheime Zusatzdokument.

Claudia Weber schildert eindrucksvoll dieses Ereignis, welches dem Weltenbrand vorausging, der unmittelbare Folge davon zwingend sein musste. Trotz Abstrichen in manchen Formulierungen, sehr informativ geschrieben, empfehlenswert zu lesen.

Autorin:
Claudia Weber wurde 1969 geboren und ist eine deutsche Historikerin. Seit 2014 ist sie Professorin für Europäische Zeitgeschichte in Frankfurt/Oder. Zunächst studierte sie Lehramt in Leipzig, danach Südslavistik, Politik- und Osteuropawissenschaften.

Nach mehreren Zwischenstationen sind ihre Forschungsschwerpunkte die Gewalt- und Diktaturengeschichte des 20. Jahrhunderts, die Kulturgeschichte des Kalten Krieges, sowie die vergleichende Imperiengeschichte. Sie veröffentlicht reglmäßig Beiträge in nationalen und internationalen Fachzeitschriften.

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Sarah Perry: Melmoth

Melmoth Book Cover
Melmoth Sarah Perry Bastei Lübbe/eichborn Erschienen am: 30.09.2019 Seiten: 332 Übersetzung: Eva Bonne ISBN: 978-3-8479-0664-3

Inhalt:

Helen Franklins Leben nimmt eine jähe Wende, als sie in Prag auf ein seltsames Manuskript stößt. Es handelt von Melmoth – einer mysteriösen Frau in Schwarz, der Legende nach dazu verdammt, auf ewig über die Erde zu wandeln. Helen findet immer neue Hinweise auf Melmoth in geheimnisvollen Briefen und Tagebüchern – und sie fühlt sich gleichzeitig verfolgt. Liegt die Antwort, ob es Melmoth wirklich gibt, in Helens eigener Vergangenheit? (Klappentext)

Rezension:

Ein Klassiker unter den englischsprachigen Schauerromanen ist sicherlich “Melmoth der Wanderer” von Charles Robert Maturin, der erstmals 1820 veröffentlicht wurde. Hauptfigur und tragendes Element ist Melmoth, in einer deutschen Übersetzung auch Melmotte genannt, die dazu verdamt ist, auf der Welt nach einer Ersatzseele zu suchen, um sich selbst Erlösung zu verschaffen.

Die Frau in Schwarz hatte dereinst einen Pakt mit den Teufel geschlossen und konnte die ihr gestellten Bedingungen nicht erfüllen. Nun, in neuen Gewandt, erzählt die britische Autorin Sarah Perry die Geschichte neu und versetzt sie in unsere Zeit.

Hauptprotagonistin ist jedoch diesmal nicht Melmoth selbst, die auch in dieser Erzählung auf der Suche nach verzweifelten Seelen ist und deren Geschichten in sich aufnimmt, sondern Helen Franklin, die mit ihrerer Vergangenheit hadert und sich als Strafe, für zunächst nicht näher Benanntes, allen Vergnügungen und Annehmlichkeiten entsagt.

Auch spielt die Handlung, im Gegensatz zum Original, im modernen Prag. Leser werden die Altstadt und die Szenarie um den Wenzelsplatz und der Karlsbrücke erkennen. Fast ist es so, als würde man selbst über das Kopfsteinpflaster der Stadt an der Moldau wandeln.

Die Figuren, die nach und nach behutsam eingeführt werden, sind nicht wirklich Sympathieträger, dienen jedoch vor allem als Verknüpfungspunkte zu den einzelnen Geschichten und Personen, auf die Melmoth stößt. Die Szenarien sind feinfühlig eingewebt.

Immer wieder wechselt die Perspektive zwischen Helen und den Hauptprotagonisten der einzelnen Geschichten. Dies trägt dazu bei, dass die einzelnen, sehr kurzen Handlungsstränge zu einem sinnvollen Ganzen verwoben sind, jedoch entstanden dadurch einige Längen, die es auszuhalten gilt.

Die Frage, die sich hier stellt, ist, ob ein klassischer Schauerrom,an in unserer Zeit überhaupt noch funktioniert? Ist die Art und Weise des Erzählens nicht zu träge und wirkt der Roman in seiner Gesamtheit nicht zu ruhig? Ja und nein. Manche der eingewobenen Geschichten, die der Rahmenhandlung Gewicht verleihen, hätte ich mir ausführlicher gewünscht.

So spricht die Autorin viele gesellschaftlich durchaus kontrovers diskutierte Themen an, unterscheidet nicht zwischen Gut und Böse, sondern weist auf vielerlei Grauschattierungen hin. Doch, beginnt es interessant zu werden, ist schon das nächste kürzere Kapitel mit den Fortgang der Geschichte beschäftigt. Das ist schade, da man so viel mehr aus dieser Erzählung hätte machen können, wenn man sie schon in die Moderne überträgt.

Wenn Sarah Perry es jedoch schafft, einzelne Leser dazu zu bringen, sich mit der historischen Originalgeschichte zu befassen und zumindest einzelne der eingewobenen Handlungen gedanklich weiter zu spinnen, ist dieser Roman durchaus eine Beschäftigung wert. Es kommt auf den Versuch an.

Autorin:

Sarah Perry wurde 1979 in Chelmsford geboren und ist eine britische Schriftstellerin. Nach einer streng reglementierten Kindheit und einer baptistischen Erziehung, studierte sich Kreatives Schreiben und gewann unter anderen den Preis für das “Waterstones Buch des Jahres” und den britischen Buchpreis.

“Melmoth” als Adaption des britischen Schauerromans “Melmoth der Wanderer” ist ihr dritter Roman. Seit 2018 ist Perry Mitglied der Könglichen Gesellschaft für Literatur.

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