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Götz Aly: Das Prachtboot

Inhalt:

Neben Denkmälern und Straßennamen zeugen zauberhafte Museumsobjekte von den einstigen Kolonien – doch wie sind sie zu uns gekommen und woher stammen sie? Götz Aly deckt auf, dass es sich in den allermeisten Fällen um koloniale Raubkunst handelt, und erzählt, wie brutal deutsche Händler, Abenteurer und Ethnologen in der Südsee auf Raubzug gingen. So auch auf der Insel Luf: Dort zerstörten sie Hütten und Boote und rotteten die Bewohner fast vollständig aus. 1902 rissen Hamburger Kaufleute das letzte, von den Überlebenden kunstvoll geschaffene, hochseetüchtige Auslegerboot an sich. Heute ist das weltweit einmalige Prachtstück für das Entree des Berliner Humboldt Forums vorgesehen.

Götz Aly dokumentiert die Gewalt, Zerstörungswut und Gier, mit der deutsche »Strafexpeditionen« über die kulturellen Schätze herfielen. Das Publikum sollte und soll sie bestaunen – aber bis heute möglichst wenig vom Leid der ausgeraubten Völker erfahren. Ein wichtiger Beitrag zur Debatte über Raubkunst, Kolonialismus und Rassismus und zugleich ein erschütterndes Stück deutscher Geschichte. (Inhaltsangabe lt. Verlag)

Rezension:

Wer die Museen der Hauptstadt Papua Neuguinea besucht, dem wird leicht auffallen, wie oft sich diese mit Repliken von Kunst- und Alltagsgegenständen der dort einst lebenden Bevölkerung behelfen müssen. Die Originale lagern anderswo, zumeist in den großen Museen europäischer Städte, ein nicht unerheblicher Teil in Berlin. Dies liegt in der Geschichte begründet, dem Streben der europäischen Mächte, zu Zeiten des Imperialismus, nach Kolonien. Auch die Deutschen waren daran ausgiebig beteiligt.

Die Führungsschicht strebte nach “einem Platz an der Sonne”. Leidtragende waren die Urvölker Afrikas und der Südsee. Erstere kämpfen mittlerweile um die Rückgabe dessen, was ihnen gehört. Verhandlungen laufen um die Rückführung verschiedener Kunstschätze etwa nach Ägypten oder Benim. Doch, die europäischen Museen tun sich schwer mit ihrer Verantwortung vor der Geschichte. Der Historiker und Journalist Götz Aly zeigt dies am beeindruckenden Beispiel eines Auslegerboots, welches ursprünglich auf der Insel Luf gebaut und genutzt wurde und heute im neuen Humboldt-Forum in Berlin zu bestaunen ist.

Minutiös erzählt der Autor ein vergessenes, ja verdrängtes grausames Stück Kolonialgeschichte und zeigt, wie skrupelos die Deutschen mit der Urbevölkerung der ihnen zugeteilten Gebiete des heutigen Papua-Neuguineas umgingen, sie betrogen und mit ihrer Gier nach Kunstschätzen für ihre Privatsammlungen und Museen den dort beheimateten Menschen ihre Lebensgrundlage raubten. Er erläutert das verdrängte Kapitel deutscher Strafexpeditionen, die die Einwohnerschaften ganzer Inseln dezimierten und zeigt die grausamen Folgen des Kolonialismus in all ihren Ausprägungen.

Götz Aly geht dabei auf die Widersprüche ein, die die Kolonialisten selbst sahen, aber mit ihrem Weltbild und Gewissen vereinbaren konnten, berichtet über Gegner dieser Praktiken, die es damals schon gab und die Scheinheiligkeit, mit der deutsche Museumsdirektionen heute noch die Ansprüche der Nachfolgestaaten wegdiskutieren. Im Anhang des mit einer ausführlichen Quellenangabe versehenen Sachbuchs befindet sich zudem eine Sammlung von Kurzbiografien der damals verantwortlichen Akteure.

Verständlich werden die Hintergründe erläutert, die Umstände und das Wirken der Deutschen in ihren in der Südsee gelagerten Kolonialgebieten, welche anhand des erwähnten Exponats für den Laien verdeutlicht werden. Als Einstieg in die Thematik ist das Werk eben so geeignet, wie als Ergänzungsliteratur für jene, die sich bereits mit der Thematik beschäftigt haben. Danach zumindest wird man die Ausstellungsobjekte ethmologischer und völkerkundlicher Museen mit anderen Augen betrachten.

Autor:

Götz Aly wurde 1947 in Heidelberg geboren und ist ein deutscher Politikwissenschaftler, Historiker und Journalist. Seine Themenschwerpunkte sind nationalsozialistische Rassenhygiene, Holocaust und Wirtschaft der NS-Diktatur, sowie Antisemitismus des 19. und 20. Jahrhunderts.

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Rudyard Kipling: Das Dschungelbuch 1 & 2

Das Dschungelbuch 1 & 2 Book Cover
Das Dschungelbuch 1 & 2 Rrudyard Kipling Steidl Erschienen am: 22.12.2015 Seiten: 523 ISBN: 978-3-95829-049-5 Übersetzer: Andreas Nohl

Inhalt:

Da die Mogli-Geschichte am weitesten verbreitet sein dürfte, hier ein kurzer Umriss.

Ein Kind wächst unter Dschungeltieren, großgezogen von Wölfen auf. Sie nennen es Mogli, was so viel heißt, wie “Frosch”. Doch, die Anwesenheit des Menschenwelpen bedroht die Sicherheit des Wolfsrudels, denn Shir Khan, der Tiger ist in der Gegend und dieser sieht in Mogli den großen Menschen, zu dem er heranwachsen wird.

Eine Gefahr, die es zu verhindern gilt. So verstoßen die Wölfe den Jungen aus ihren Reihen, der sich fortan allein durchschlagen muss und dabei, unterstützt von freunden wie Balu den Lippenbären und Baghira, dem Schwarzen Panther, allerhand Abenteuer erlebt, bis der Tag kommt, an dem Mogli Shir Khan gegenüber steht.

Enthaltene Geschichten (dieser Ausgabe):

Das Dschungelbuch 1 – Die Mogli-Geschichte, komplett

Das Dschungelbuch 2:

– Rikki-Tikki-Tavi

– Die weisse Robbe

– Toomai, der Elefantenjunge

– Quiquern

– Die Leichenbestatter

– Das Wunder des Purun Bhagat

– Die Diener Ihrer Majestät

Das Buch enthält ebenso ein Vorwort von Kipling, ein Nachwort des Übersetzers. In den Anmerkungen sind die, in den Dschungelbüchern vorkommenden Gedichte nochmals in der Originalsprache (Englisch) abgedruckt, wogegen sie innerhalb der Geschichten selbst ins deutsche übersetzt wurden.

Es werden ebenfalls indische Begriffe erklärt und Namensangleichungen verdeutlicht. Die einzelnen Geschichten sind, auch kapitelweise, durch moderne scherenschnittartige Illustrationen von einander getrennt.

Rezension:

Mit der hier vorliegenden Ausgabe des Klassikers “Dschungelbuch” zum 150. Geburtstag von Rudyard Kipling hat sich der Steidl-Verlag selbst übertroffenen und der Übersetzer Andreas Nohl ein Denkmal gesetzt.

Die Geschichten, neu übersetzt und wie Nohl im Nachwort erklärt, dabei dem Stil des Originals treu bleibend, liegen hier in einer umfassenden Ausgabe vor, die sowohl die bekannte Mogli-Geschichte enthält aber auch das Dschungelbuch 2, mit kürzeren, weniger bekannten aber ebenso lesenswerten Kurzgeschichten.

Allesamt sind die Hauptprotagonisten zumeist Tiere in ihrer Interaktion mit den Menschen, wobei Mogli, der Menschenwelpe zwar als anders wahrgenommen aber doch irgendwie als einer der ihren gesehen wird. Bis auf “Die weisse Robbe” spielen sie auf dem indischen Subkontinent, der damals noch Bestandteil des British Empire und noch nicht zersplittert in die dort heute befindlichen Nationalstaaten war.

Dabei ging Nohl auf die heute übliche Sprechweise im Deutschen ein und glich dem entsprechend Namen an. Aus dem Original Mowgli wird hier Mogli, um jüngeren Lesern entgegen zu kommen und bei einigen Namen Rätselraten über die Aussprache zu ersparen. Indische Bezeichnungen werden dagegen belassen und in den Anmerkungen erklärt.

Die erste Geschichte zumindest, dürfte den meisten Lesern und auch Nichtlesern bekannt sein. Der Junge, der von Tieren gefunden und aufgenommen wird, unter ihnen aufwächst und mit ihnen große Abenteuer besteht, schließlich zu seinem Rudel zurückkehrt und als Wildhüter mit dem Dschungel in Verbindung bleibt.

Eine indische Romulus-und-Remus-Geschichte, die auch das Verhältlnis von Mensch und Tier, freilich aus Sicht letzterer, beleuchtet und diese eher in schlechtem Licht darstellt.

Alleine schon dies eine Ansicht, die nicht viele Autoren zur Lebzeit Kiplings gehabt haben dürften, da damals Umwelt- und Naturbewusstsein noch keine große Rolle gespielt haben und sich vor allem die Mutterländer der Kolonien über jeden Zweifel an ihrer Großartigkeit erhaben sahen.

Beeindruckender jedoch fand ich mehr noch das Zweite Dschungelbuch, in dem Kipling mit einigen Perspektiv- und Stilwechseln experimentiert hat.

Menschen, die sich im Gegensatz zum Dschungeljungen auch als Menschen sehen, treten teilweise als Hauptakteuere auf und völlig verquer spielt eine Geschichte “Die weisse Robbe” in arktischen Gefilden, wohingegen Kipling in allen anderen Erzählungen Indien treu bleibt.

Die meisten davon lassen sich ebenso flüssig und amüsant wie faszinierend zugleich lesen, wenn ich auch die bereits erwähnte Robbengeschichte und Quiguern als am schwächsten empfand. Am angehmsten war die Erzählung über den Mungo Rikki-Tikki-Tavi zu lesen.

Ansonsten ist der Schreibstil und hier meine ich die behutsame und wie es mir scheint, sehr gut überlegte Übersetzung Nohls, sehr flüssig zu lesen, was es einfach macht, in die Geschichten hineinzufinden.

Die in den Büchern und einzelnen Kapiteln eine Rolle spielenden Gedichte und Liedtexte sind im original (in den Amerkungen) und übersetzt in den Geschichten selbst abgedruckt und ergänzen die Bücher. Insgesamt liegt damit eine, dem Ruf und der Bedeutung Kiplings gerechtwerdende Ausgabe vor, die es wert ist, sie im Bücherregal stehen zu haben und natürlich gelesen zu werden.

Autor:

Rudyard Kipling (eigentl. Joseph Rudyard Kipling) wurde am 30. Dezember 1865 in Bombay geboren und war ein britischer Schriftsteller und Dichter. Sein bekanntestes Werk “Dschungelbuch” machte ihn 1894 auch international bekannt, nachdem er zuvor bereits einige kleinere Geschichten und Romane veröffentlicht hatte.

Zudem schrieb er Gedichte und eine Vielzahl von Kurzgeschichten. 1907 erhielt er als erster englischsprachiger Schriftsteller überhaupt, den Literaturnobelpreis. Den Rekord als jüngster Nobelpreisträger dieser Sparte hält er bis heute.

Seine Werke “Kim” und “Das Dschungelbuch” gehören zu den Klassikern der Genre. Verschiedene Ehrungen, wie etwa die Erhebung in den Adelsstand, lehnte er ab. Kipling starb 1936 in London.

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