Judentum

Michael A. Meyer: Leo Baeck – Rabbiner in bedrängter Zeit

Inhalt:

Rabbiner, Intellektueller, Liberaler und sprecher der jüdischen Gemeinde in dunkelsten Zeiten der Verfolgung: Leo Baeck gehört zu den faszinierendsten Persönlichkeiten der jüdischen Geschichte. Michael A. Meyer lässt in seiner anschaulichen Biografie einen engagierten Denker lebendig werden, der hinter seiner Rolle als Ikone der deusch-jüdischen Geschichte zu verschwinden drohte. (Klappentext)

Rezension:

Oft genug kommen bei vielen namhaften Persönlichkeiten öffentliche Wirksamkeit und Privatleben nicht zur Deckung, Bei viel zu wenigen ist die Übereinstimmung zwischen Gesagten und letztendlichen Taten so groß, wie bei Leo Baeck.

Doch, wer war dieser Mann, der als oberster Repräsentant der organisierten deutsch-jüdischen Gemeinschaft nicht nur ein beeindruckendes Pensum an wissenschaftlichen Ausarbeitungen vorweisen konnte, auch Menschen jüdischen Glaubens half, unterzutauchen, zu emigireren oder wenigstens die Moral derer zu stärken und Nöte zu lesen, von denen, die keine andere Wahl hatten als in Deutschland zu bleiben?

Wie ist sein Wirken im Berlin der Nazi-Zeit, im Ghetto Theresienstadt und nach Kriegsende zwischen Amerika und London zu beurteilen und was bleibt von der Person Baecks in der heutigen Zeit? Der Historiker Michael A. Meyer begab sich auf Spurensuche. Dabei ist die vorliegende, sehr eindrucksvolle Biografie entstanden. Unter den zahlreichen Persönlichkeiten, deren Wirken heute teilweise fast vergessen ist, nimmt Leo Baeck eine Sonderstellung ein. An einzelne Abschnitte wird heute erinnert, doch wie ist der Rabbiner, der Wissenschaftler, der Denker und die Person in ihrer Gesamtheit zu beurteilen.

Was bleibt, wo heute das Leben und die Arbeit anderer intellektueller Größen mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird und an was sollte erinnert werden, gerade bei Baeck, der es von Beginn an geschafft hatte, den unterschiedlichen Strömungen des jüdischen Glaubens eine Stimme zu geben und gerade in Zeiten akuter Bedrohung, zumal für das eigene Leben, zwischen den Stühlen auch seinen Gegnern die Stirn zu bieten.

Welche Diskussionen stieß er in seiner Glaubensgemeinschaft an. Was bedeutete die Person Baecks für die jüdische Gemeinden in Oppeln, Berlin und später in seiner Funktion im Ältestenrat im Ghetto Theresienstadt?

Die Tür öffnete sich und ein SS-Offizier trat ein. Es war Eichmann. Er war sichtlich betroffen, mich zu sehen. “Herr Baeck, Sie leben noch?” Er sah mich sorgfältig an, als wenn er seinen Augen nicht traute, und fügte kalt hinzu: “Ich dachte, Sie wären tot.” “Herr Eichmann, Sie scheinen ein zukünftiges Ereignis vorauszusagen.” “Jetzt verstehe ich. Totgesagte leben länger, nicht wahr?”

Michael A. Meyer: Leo Baeck – Rabbiner in bedrängter Zeit

Michael A. Meyer ist ein Kenner der Schriften Leo Baecks, hat diese ausgewertet und nun in einer eindrucksvollen Biografie zusammengefasst. Erstmals werden Denken, wissenschaftliches und religiöses Arbeiten, sowie der Mensch Baeck gemeinsam bedrachtet und einer Wertung unterzogen, die nur respektvoll und voller Hochachtung vor dieser Person sein kann.

Dabei hält sich der Historiker strikt an die biografischen Stationen und stellt kompakt das Wirken Baecks anhand seiner Schriften dar, zeigt, wo dem rabbiner Grenzen gesetzt waren und welche zweifelhaften Entscheidungen er mitunter auch fällen musste.

Wie Leo Baeck selbst, ist der Historiker Meyer ein Mensch der leisen Töne, was der Biografie mehr als gut tut. Die einzelnen Ausschnitte aus Baecks Arbeiten sind nicht immer leicht zu lesen. Seicht ist etwas anderes. Hierauf muss man sich einlassen. Vorkenntnisse, insb. im Bereich der Strömungen innerhalb der jüdischen Religion, schaden nicht, aber auch sonst vermittelt dieses Werk, welches zu einer Standardlektüre avancieren könnte, viel Information und Wissen über den Menschen, den Gelehrten und Rabbiner Baeck und dessen Zeit.

Immer wieder im Wechsel werden wissenschaftliches Arbeiten, religiöses und gesellschaftliches Wirken beleuchtet und dem Wenigen gegenüber gestellt, was vom Privatmenschen Leo Baeck bekannt ist. Diese Schablonen, entstanden nach intensiver Rechercheleistung, so übereinander gelegt, ergeben ein beeindruckendes Bild, welches noch nach dem Lesen wirkt.

Autor:

Michael Albert Meyer wurde 1937 in Berlin geboren und ist ein US-amerikanischer Historiker der neuzeitlichen jüdischen Geschichte. Nachdem seine familie über spanien in die USA emigrierte wuchs er in Los Angeles auf und studierte an der University of California Geschichte. Am Hebrew Union College Cincinnaty (HUC) promoviererte er und lehrte ab 1964, wurde drei Jahre später Mitglied des HUC.

Zwischen 2000 und 2008 nahm er zudem regelmäßig Lehraufträge der Hebräischen Universität Jerusalem an. Meyer widmetee sich der Erforschung des Reformjudentums und der Herausgabe verschiedener Schriftebn u.a. Leo Baecks und von Joachim Prinz. Zudem ist er Mitherausgeber einer vierbändigen Deutsch-Jüdischen Geschichte. Von 1991 bis 2013 war er Präsident des Leo-Baeck-Instituts. Im Jahr 2001 erhielt er die Ehrendoktorwürde des Jewish Theological Seminary of America.

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Bücher gegen das Vergessen #01

In zwölf Teilen soll es hier um besondere Bücher zu geschichtlichen Themen gehen, die gegen das Vergessen geschrieben und veröffentlicht wurden. Es ist eine unvollständige, vollkommen subjektive Auswahl und es gibt sicher noch viel mehr von dieser Sorte zu lesen. Diese Rubrik soll daher nur ein Anstoß sein, sich damit zu beschäftigen.

Dies ist Teil 1.

Die Tagebücher des Petr Ginz

Nicht wenigen dürften, zumindest als Schullektüre, “Die Tagebücher der Anne Frank” bekannt sein, die das jüdische Mädchen in ihrem Amsterdamer Versteck geschrieben hatte, worin sich die Familie vor ihrer Entdeckung durch die Nazis während der Besetzung der Niederlande im Zweiten Weltkrieg zurückziehen musste.

Doch, auch andere Kinder schrieben das alltäglich Erlebte, das Grauen, auf, welches in besonderen Zeiten Aufsehen erregt hätte, jedoch ein Zustand wurde, mit denen sie versuchten, zurecht zu kommen. Viel davon ist beeindruckend zu lesen und bei Lektüre regelrecht erdrückend.

Petr Ginz: Prager Tagebuch 1941-1942
Bloomsbury, 192 Seiten, ISBN: 978-3-8270-5245-2 (antiquarisch)

Das tschechische Äquivalent zu Anne Frank sind die Tagebücher des Prager Jungen Petr Ginz, der 1928 geboren wurde und als Zwölfjähriger begann, das Erlebte aufzuschreiben. Seine kleinere Schwester und er wuchsen liebevoll umsorgt in der tschechisch-slowakischen Hauptstadt auf, die mit als erste zu spüren bekam, was es bedeutete, von den Nationalsozialisten besetzt worden zu sein.

Petr zeichnete sich dabei durch eine sehr genaue und nachhaltige Beobachtungsgabe aus.

Juden müssen ein Abzeichen tragen. Auf dem Weg zur Schule habe ich 69 ‘Sheriffs’ gezählt, Mama hat über Hunderte gesehen.

Petr Ginz: Prager Tagebuch 1941-1942

Der Junge schrieb auf, was Alltag wurde. Anders als Anne Frank, kurz und knapp, fast journalistisch genau, ohne Gefühle ausführlich zu beschreiben, die nur hin und wieder durchscheinen. Es war ja ursprünglich nur für ihn selbst gedacht. Sicher dachte er nicht daran, dass einmal seine Erinnerungen veröffentlicht werden würden. Die Gefühle kommen dann eher in seinen zahlreichen Zeichnungen, kolorierten Linolschnitten oder Gedichten zum Vorschein. Ein feinfühliger, sensibler und mental starker Junge, so scheint es den heutigen Lesern.

Die Familie versteckte sich nicht. Seine Schwester Eva und er kamen später nach Terezin/Theresienstadt. Eva überlebte. Petr wurde nach Auschwitz deportiert und dort wie viele andere ermordet.

Nachdem Absturz der Raumfähre Columbia, in die der israelische Astronaut Ilan Ramon die Kopie einer Zeichnung von Petr Ginz mitgenommen hatte, die zeigte, wie sich der Junge die Mondlandschaft vorstellte, erhielt seine Schwester die Nachricht vom Fund seiner Tagebücher in Prag, zusammen mit anderen kreativen Werken Petrs.

Petr Ginz: Mondlandschaft

Im Jahr 2006 wurden sie erstmals veröffentlicht.

Derzeit ist die Ausgabe der Prager Tagebücher 1941-42 nur antiquarisch zu bekommen. Doch, wer Tschechien, insbesondere Prag besucht, findet überall Spuren, nicht nur den Stolperstein vor der ehemaligen Wohnadresse. In einer Prager Synagoge sind die Namen all der Hauptstadteinwohner aufgeführt, die den Holocaust nicht überlebten, in einer anderen findet man ein Bild, welches Petr im Tereziner Ghetto gezeichnet hatte.

Auch in Theresienstadt selbst, wo Petr und andere Jungen die Untergrundzeitung Vedem verfasste, gibt es Werke von ihm zu sehen.

Von Petr Ginz geschriebenes und von Nizza Thobi vertontes Gedicht.

Wer sich mit der Geschichte der Prager Juden beschäftigen möchte, wird unweigerlich auf die von Petr Ginz stoßen, der in anderer Zeit ein großer Journalist, Schriftsteller oder Wissenschaftler hätte werden können. Wer kann, besorge sich die antiquarische Ausgabe des Tagebuchs eines Jungen, der auch Geschichten im Stil von Jules Verne schrieb, den er bewunderte. Heute würde man von einer der ersten Fanfictions sprechen. Leider wurde diese bisher nicht übersetzt.

Seine Prager Tagebücher, die denen in der Beobachtungsgabe von Anne Frank in nichts nachstehen, jedoch schon. Sie seiem jedem zur Lektüre empfohlen.

Vzpominka na Prahu – Petr Ginz

Weiterführende Links:

Website über Petr Ginz – Mehr Informationen

The last flight of Petr Ginz

Schule – Judentum / Petr Ginz

Der virtuelle Spendenhut

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Jonathan Safran Foer: Hier bin ich

Hier bin ich Book Cover
Hier bin ich Jonathan Safran Foer Kiepenheuer & Witsch Erschienen am: 10.11.2016 Seiten: 683 ISBN: 978-3-462-04877-3 Übersetzer: Henning Ahrens

Inhalt:

Julia und Jacob Bloch, die mit ihren drei heranwachsenden Söhnen in Washington, D.C. wohnen, haben ein Problem. Genauer gesagt, sie haben viele Probleme: Jacobs hochbetagter Großvater soll ins Altersheim, will aber nicht, ihr ältester Sohn droht von der Schule zu fliegen, dabei wollen sie in ein paar Wochen seine Bar Mizwa feiern.

Geplant ist ein großes Familienfest, zu dem auch die Verwandtschaft aus Israel anreist, was die angespannte Stimmung im Hause Bloch weiter anheizt. Und dann macht Julia eine Entdeckung, die alles infrage stellt, ihre Ehe, ihre gemeinsamen Werte, die Zukunft der Familie…

Während sich die häusliche Krise zuspitzt, dräut am Horizont ein globales Desaster: Ein katastrophales Erdbeben im Nahen Osten führt zu einem gewaltigeninternationalen politischen Konflikt, der auch die Familie Bloch im Kern trifft. (Verlagstext)

Rezension:

Wie groß ist die Kluft zwischen zwei Leben? Dem, das wir führen wollen und dem, welches wir tatsächlich leben? Dieser existentielle Frage stellt sich der Schriftsteller Jonathan Safran Foer und verarbeitet sie zu einer großartigen Familiengeschichte, wie man es von ihm, spätestens seit “Extrem laut und unglaublich nah” kennt.

Auch hier geht es wieder um eine Familie, deren Leben durch ein erschütterndes Ereignis aus den Fugen gerät, deren Figuren sich voneinander fortbewegen aber doch nicht ohne einander können und wieder einmal um grundphilosophische Fragen, die nur Foer so poetisch vermag zu verarbeiten.

Und dergleichen hat der Autor viel zu erzählen.

Foer liebt das verschachtelte, in einander verwobene Gedankengänge, die seine Leser beschäftigen werden und doch sind seine Zeilen nicht schwer verdaulich. Im Gegenteil, Foer gibt genug Momente zum ausruhen, zum “sich fallenlassen”, erzählt dabei jedoch ungeheuer viel.

Eben so, wie auch in einer unscheinbaren Familie sich ungeheuer viele Ereignisse miteinader verweben, gerade, wenn sie auseinander triftet.

Als Leser verliebt man sich in die Protagonisten, nimmt die an sich zweifelnden und zerbrechenden Eltern Julia und Jakob gedanklich an die Hand, verfolgt mit Spannung das Werden der drei Söhne mit all ihren Marotten, Fehltritten und Glücksmomenten.

Verfolgt, wie innerhalb des Clans der Blochs/Blumenbergs ein graben auftut als der Staat Israel an den Rand einer katastrophe schlittert und wie der Tod des Großvaters Nähe und Distanz zugleich bringt.

Der Autor hat sich Zeit gelassen für diesen Roman und hat gut daran getan. Ein Meisterwerk auf Augenhöhe mit seinem vorherigen Romanen.

Ein Werk als Plädoyer an die Familie, selbst, wenn sie zerbricht, sich die guten Momente und Erinnerungen zu erhalten und ständig Grenzen und Ängste zu überwinden.

Ein Roman, der die Frage aufwirft, ob, wenn man nicht das Ideale erreichen kann, das größtmögliche Gute ebenfalls ausreicht? Ein Roman, der zeigt, dass jede Familie Empfindungen hervorbringt, die es auch in schweren Zeiten zu erhalten gilt und selbst, wenn alles zusammenbricht, immer auch positive Dinge übrig bleiben.

Ein Roman, der zeigt, dass wir Kindern glauben und auch nicht glauben, Erwachsene jedoch genau so hinterfragen sollten. Ein Roman, vielleicht gerade in diesen Zeiten als Erinnerung an ein gutes Amerika, bevor es die neue Regierung auf eine Reise ins Ungewisse schickt.

Ein vielschichtiges großes Familienepos, welches es zu entdecken gilt.

Autor:

Jonathan Safran Foer wurde am 21. Februar 1977 in Washington D.C. geboren und ist ein US-amerikanischer Schriftsteller. Er studierte Literatur und Philosphie und arbeitete als Rezeptionist und Ghostwriter, bevor er sich als Herausgeber einer Sammelzeitschrift zu Ehren des 1972 verstorbenen New Yorker Künstlers Joseph Cornell betätigte.

2002 erschien sein erster Roman, 2005 “Extrem laut und unglaublich nah”, welches bis zu seiner Verfilmung von Stephen Daldry als unverfilmbar galt. bekanntheit erlangte Foer auch als Sachbuchautor mit seinem Buch “Tiere essen”, in dem er sich mit der industriellen Tierproduktion und Massentierhaltung auseinandersetzte.

Er lebt in New York, mit seiner Familie. “Hier bin ich” ist sein viertes Werk und dritter Roman.

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Michael Brenner: Israel – Traum und Wirklichkeit des jüdischen Staates

Israel - Traum und Wirklichkeit des jüdischen Staates Book Cover
Israel – Traum und Wirklichkeit des jüdischen Staates Michael Brenner C.H. Beck Erschienen am: 21.01.2016 Seiten: 288 ISBN: 978-3-406-68822-5

Inhalt:

Juden waren über Jahrhunderte verfolgte Außenseiter. Die Gründung des Staatsollte endlich eine ganz normale Heimat für sie schaffen. Doch heute sieht sich der jüdische Staat selbst in der Rolle des misstrauisch beobachteten Außenseites.

Michael Brenner erklärt, wie es dazu kommen konnte. Er verwebt auf meisterhafte Weise die politische und gesellschaftliche Entwicklung Israels mit der Geschichte seiner Selbstentwürfe, Träume und Traumata. Nur wer diese Tiefendimensionen kennt, kann das große kleine Land, das immer wieder die Welt in Atem hält, wirklich verstehen. (Klappentext)

Rezension:

Über kaum ein anderes Land wird im Verhältnis zu seiner Bevölkerungszahl und Flächengröße so unverhältnismäßig viel berichtet, wie über Israel, ist dieser Staat doch ein künstlich geschaffenes Gebilder in einer schon damalig existierenden Konfliktregion, was nicht gerade zum Frieden unter den bereits dort lebenden Menschen beigetragen hat.

Hinzu kommt, dass die Menschen inner- wie außerhalb immernoch eine Definition für dieses Land suchen, was die Welt in Atem hält. Wie definiert sich die Heimstätte der juden? Was ist das überhaupt? Welche Religion sollte die Religion spielen?

Basis sein für eine Gesellschaft oder eher lose Werte-Orientierung? Wer ist Israeli, wer nicht, wer ist jüdischer Staatsbürger und wer kann dazu werden? Welche Rechte und Pflichten hat welche gesellschaftliche Gruppe in diesem Mittelmeer-Anrainerstaat und wo liegen die Grenzen? Geografisch, politisch, gesekllschaftlich, religiös und überhaupt?

Diese Fragen führten unter den jüdischen wie auch nicht-jüdischen Gruppen auf der ganzen Welt immer wieder zu Diskussionen undunüberbrückbaren Streitigkeiten, die heutzutage wieder zu Spannungen führen, die Israel um seine Zukunft bangen lassen.

Ideologische und religiöse Grabenkämpfe werden zwischend den Nachfahren der Holocaust-Überlebenden in In- und Ausland geführt. Immer wieder bestimmen Fragen über Einwanderer, Auswanderer, Rückkehrer und Juden in Israel selbst und der Welt sowie so die Wahlkämpfe und Regierungskoalitionen israelischer Politiker und am Ende bleibt nur eines.

Der israelische Staat sieht sich als besonderer Staat, der normal sein will, ein “klein Albanien” unter den Ländern der Erde, es aber nicht sein kann, da sein Volk schon seit jeher eine Sonderrolle hat.

Und damit ist schwer umzugehen. Für Juden, Israelis und für den Rest der Welt schwer zu verstehen und kaum zu lösen. Michael Brenner erklärt hier eindrucksvoll, warum gerade Israel nicht zu begreifen ist aber uns immer wieder faszinieren und gleichzeitig erschrecken vermag.

Warum dieser kleine Staat, der kum so groß ist wie das Bundesland Hessen, in nahezu jeder gesellschaftlichen und politischen Frage vor einer Zerreißprobe steht und die Zukunft des hochtechnologisierten Landes gerade heute auf dem Spiel steht.

Wer Israel verstehen möchte, wird dieses Buch mit Gewinn lesen, hat am Ende jedoch mehr Fragen auf der Zunge, die sich Israel stellen muss, soll dieses Land auch weiterhin eine Existenzberechtigung haben.

Wohlgemerkt, diese stellen heute nicht zuletzt die jüdische Bevölkerung selbst infrage, deren Dreh- und Angelpunkte im Spannungsfeld zwischen dem säkularem Tel Aviv, dem religiösen Jerusalem, dem politischen Washington D.C. und der wieder anziehenden Metropole Berlin liegen.

Michael Brenner greift dies auf, verlangt dem Leser Konzentration und Denkvermögen ab und stößt einen gesellschaftlichen Diskurs an, der von den Juden geführt werden muss. Nur dann hat Israel seine Berechtigung und eine Chance, weiterhin den Stellenwert zu halten, den das Land in der Welt heute einnimmt.

Autor:

Michael Brenner wurde 1964 in Weiden geboren und wuchs als sohn zweier Shoa-Überlebenden in Bayern auf. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Jüdische geschichte und Kultur an der Universität München und Direktor des Center vor Israel Studies an der American University in Washington D.C.

Seit 2009 ist er ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und wurde 2014 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Er veröffentlichte zahlreiche Publikationen zum Thema Jüdische Geschiche, u.a. “Kleine Jüdische Geschichte”, im Jahr 2008.

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