Land

Pia Volk: Deutschlands schrägste Orte

Inhalt:

Die Geographin und Journalistin Pia Volk hat sich zwischen Wattenmeer und Allgäu, zwischen dem Frankfurter Mainufer und dem Sorbenland umgesehen und ist dabei auf lauter schräger und seltsame Orte gestoßen: eine Eiche mit eigener Adresse; ein fortgespültes Atlantis in der Nordsee; ein Kronleuchter in der Kölner Kanalisation; die letzte noch erhaltene Grenzschleuse für sowjetzonale Agenten. (Klappentext)

Rezension:

Was in der Ferne gut klappt, müsste doch eigentlich auch in unmittelbarer Umgebung funktionieren? Tatsächlich gibt es auch in der Mitte Europas, die von Straßen durchzogen, von Schienensträngen zerschnitten und von ausufernden Städten bestimmt ist, noch allerhand zu entdecken. Und das in einer Zeit, in der Satelliten helfen, uns überall zu orientieren und praktisch jeder Winkel, so meint man, kartografiert ist. Doch auch in der Heimat lohnt ein genauer Blick.

So begab sich die Journalistin Pia Volk auf Reise quer durch Deutschland und erkundete allerhand Kuriositäten. Versammelt sind sie nun in einem Buch.

Keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt diese Mischung aus lexikonartiger Zusammenstellung und kurzweilig kompakter Reiseberichte, die unseren Blick schärfen, für das Ungewöhnliche. Man findet es überall, entdeckt es manchmal erst aus der Vogelperspektive oder mit einem Abstieg in den Untergrund.

Wer weiß etwa von dem Kernkraftwerk, welches keines sein durfte, jedoch zu einem Freizeitparkgelände umgebaut wurde? Das andere, den einzigen Vergnügungspark der DDR und sein Überbleibsel mag man vielleicht kennen. Warum hängt ein Kronleuchter mitten in der Kanalisation Kölns und wo können Autofahrer eigentlich beten, wenn sie sich selbst dank fehlender Geschwindigkeitsbegrenzung überholen?

Pia Volk erkundet die Orte, die dem ersten Blick verborgen bleiben, deren Geschichten auf dem zweiten um so interessanter sind. Viele künden von menschlichen Schaffensdrang. Manche Gegenden haben auch eine unheilvolle Vergangenheit. Was wurde aus den Ideen von Einst, wie geht man mit ihnen heute um und wie können sie unsere Wahrnehmung von Heimat verändern? Kurzweilig und sehr informativ sind die Beschreibungenin der Form von Reiseberichten, so dass man selbst Lust bekommt, die eine oder andere Kuriosität, so sie nicht in diesem Werk vorkommt, selbst zu erkunden oder zu ergänzen, wozu die Autorin ausdrücklich auffordert.

Einiges mag bekannt vorkommen, zumal in näherer Umgebung, anderes zeigt die sozio- und städtegeografische Vielfalt unserer Heimat und ist so gesammelt eine wunderbare Ergänzung im Lexika-Bereich, die zum Schmunzeln und Nachdenken einlädt.

Autorin:

Pia Volk ist eine deutsche Journalistin. Zuvor studierte sie Geografie und Ethnologie und schreibt für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften. Zudem veröffentlicht sie regelmäß Beiträge bei Deutschlandfunk Nova und hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht. Mit ihrer Familie lebt sie in Leipzig.

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Franziska Tanneberger/Vera Schroeder: Das Moor

Inhalt:

Das Moor ist nicht nur neblige Sumpflandschaft, wo Vögel nisten, Schild oder Torfmoose wachsen. Auch eine grüne Wiese, auf der Kühe weiden, kann sich als Moor entpuppen, wenn man genau hinschaut. Eine berührende Lektüre über einen einzigartigen Lebensraum. (Klappentext)

Rezension:

In Film oder etwa Literatur sind die seltener werdenden Moorlandschaften vom Gefühl her negativ besetzt. Dunkel und Nebeligkeit, trostloses unnützes Land war dies jahrhundertelang, bis die Menschen begangen, es urbar zu machen, zu bewirtschaften, was vor allem hieß, es trocken zu legen und landwirtschaftlich zu bebauen. In unseren Breiten gibt es sie daher kaum noch, die natürlichen Moore, in denen seltene Moose oder Tierarten, wie der Seggenrohrsänger zu Hause sind.

Andere, wie das große Wasjugan-Moor in Sibirien sind für die Wissenschaft aufgrund der politischen Ereignisse derzeit in weite Ferne gerückt. Doch es gibt auch Hoffnung für die Moore, in Mitteleuropa und weltweit. Immer mehr Menschen erkennen die wichtige Rolle der Moore als Bestandteil nachhaltigen Klimaschutzes. Für die Ökologin Franziska Tanneberger ist dies nur eine von vielen faszinierenden Facetten, die uns die Moorlandschaften bieten. Nun hat sie diese, zusammen mit der Wissenschaftsjournalistin Vera Schroeder in einem für die Thematik einnehmenden Sachbuch veröffentlicht.

Werke, die sich mit den Kapriolen der Klimakatastrophe beschäftigen, zeichnen sich zurecht ob des menschengemachten Wahnsinns durch Schwarzmalerei, verbunden mit zahlreichen erhobenen Zeigefingern aus. Fast bekommt man beim Lesen den Eindruck, dass alles ohnehin zu spät ist, jeder Fetzen guter Wille eines Einzelnen vielleicht dazu geneigt ist, das eigene Gewissen zu beruhigen, ansonsten aber kaum Auswirkungen zu haben scheint.

Tanneberger, die über ihre Profession zum Klimaschutz gekommen ist, geht die Sache anders an und berichtet zunächst von den Bestandteilen und Arten der Moorlandschaften, bevor sie einzelne Beispiele zur näheren Erläuterung hervorhebt, sowie auf die Geschichte des Zusammenspiels zwischen Mensch und Moor eingeht. Darauf aufbauend hebt sie dann, mit wissenschaftlicher Expertise unterfüttert, die Bedeutung der Moore für den Klimaschutz hervor und warum es trotz der Gefährdung dieser Landschaften auch vielerorts positive Beispiele gibt, die aufzeigen, was bereits heute funktioniert und zukünftig mit den Mooren möglich sein kann.

Die positive, hier kaum melancholische Grundstimmung des typischen Nature Writing vermischt mit wissenschaftlicher Expertise ist dies, was das Werk so lesenswert macht. Handlich kompakte Kapitel laden dazu ein, sich mit einer sonst eher stiefmütterlich behandelten Thematik zu beschäftigen, ohne jetzt allzu sehr ins Theoretische abzugleiten. Man findet leicht dort hinein, um vielleicht beim nächsten Spaziergang mit anderen Augen die Umgebung zu betrachten, zumal für eine verkannte und hier selten gewürdigte Landschaftsform.

Angenehm ist die Herangehensweise der Wissenschaftlerin, die keine absolute Position bezieht, sondern in ihre Projekte immer auch die Menschen und deren unmittelbare Umgebung mitdenkt. Warum sollte ein Landwirt seine Äcker wieder vernässen? Wie damit wirtschaften? Taugt ein mit regionalen Unternehmen, Behörden und Landwirten entwickeltes Konzept auch anderswo? Wovon und wie sollen diese dann leben, zudem, wenn herkömmliche Maschinen auf einem moorastigen z. B. Kartoffelacker versinken und geeignete Technik eher Marke Eigenbau denn Serienreife sind?

Diese Arbeitsweise des Miteinander wird ebenso zwischen den Buchdeckeln verdeutlicht, wenn nicht nur anhand zahlreicher Beispiele Zusammenhänge erklärt werden, sondern auch Landwirte am Ende eines jeden Kapitels in Form eines Interviews zu Wort kommen, die hier und anderswo heute wirkliche Pionierarbeit leisten.

Ein Thema so zu transportieren und einmal zu zeigen, was bereits funktioniert und möglich ist, ja zum Teil schon umgesetzt wird, um so die Wichtigkeit zu unterstreichen, die für den Erhalt und der Wiedervenässung, nicht Renaturierung; warum dies der falsche Begriff ist, wird ebenso erklärt; ist unglaublich wohltuend und hebt dieses Sachbuch von so vielen anderen aus diesem Bereich ab. Ohne Moorleichen, dafür ganz viel Liebe für bisher verkannte Details.

Autorinnen:

Franziska Tanneberger studierte zunächst Landschaftsökologie und Naturschutz in Greifswald, arbeitete als Gutachterin bei Naturschutzprojekten in Polen und Belarus, sowie beim Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. 2012 kehrte sie an die Universität Greifswad zurück und leidet dort das hießige Moor Centrum. Sie forscht und berät zu wiedervernässten Mooren und wie wir sie nutzen können.

Vera Schroeder ist Journalistin und arbeitet im Wissenschaftsressort der Süddeutschen Zeitung. Sie studierte Politik und Kommunikation. Bevor Sie bei der SZ 2021 begann, war sie Chefredakteurin von NEON und Nido, sowie Begründerin von SZ Wissen.

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Johan Eklöf: Das Verschwinden der Nacht

Inhalt:

Nachtfalter umschwirren eine Straßenlaterne – wer kennt den Anblick nicht? Die vielen Lampen und Lichter auf unseren Straßen und an unseren Häusern verwirren diese lichtempfindlichen Tiere. Und erschöpft sterben sie schließlich dort, statt ihrer nächtlichen Bestimmung, der Befruchtung nachtblühender Gewächse, nachzugehen.

Der schwedische Zoologe Johan Eklöf zeigt: Alle Rhythmen der Natur sind letztlich abhängig vom Wechsel zwischen Tag und Nacht. Fällt dieser Wechsel weg wegen des künstlichen Lichts, das unsere Welt immer stärker erhellt, dann hat das gravierende Folgen. Und auch der Mensch leidet unter zu viel Licht, weil Störungen seines Schlaf-wach-Rhythmus ihn krank machen.

Das Verschwinden der Nacht zeigt eindringlich, welche Bedeutung die Dunkelheit für die Natur hat – und welche Faszination von der Nacht ausgeht. (Klappentext)

Rezension:

Während das Genre Nature Writing in den Regalen der Buchhandlungen überhandnimmt, sucht man immer öfter das ins Dokumentarisch gehende Schreiben vergebens, genauso wie absolute Dunkelheit. Die ist selbst zu nachtschlafender Zeit kaum mehr zu finden. Das Licht, welches unsere Städte erhellt, überstrahlt einen Großteil der sonst sichtbaren Sterne und bringt den Biorhythmus nicht nur von Flora und Fauna durcheinander. Johann Eklöf, der seit Jahren den Spuren von Fledermäusen folgt, begibt sich im nicht mehr ganz so durchdringenden Dunkel der Nacht auf die Suche.

Gleich zu Beginn des Sachbuchs folgen wir dem Zoologen auf den Weg zu den immer spärlicher werdenden, noch nicht vom künstlichen Licht, angestrahlten Kirchtürmen Schwedens, die eine Herberge für Fledermauskolonien bilden. Das ist auch in dem sehr mit der Natur verbundenen skandinavischen Land inzwischen eine Seltenheit. Wird ein Gebäude mit künstlichem Licht bestrahlt, verschwinden die Flügeltiere, aber auch andere haben mit der von uns geschaffenen Situation zu kämpfen.

Man weiß schon lange, dass nachtfliegende Vögel sich in besonders große Höhe bewegen, wenn der Mond an einem klaren Himmel steht und tausend Sterne zu sehen sind. In bewölkten Nächten, bei Regen und Nebel fliegen die Vögel niedriger. In diesen Fällen ist aber das Risiko besonders groß, dass die Schwärme von Licht und Gebäuden verwirrt werden.

Johan Eklöf: Das Verschwinden der Nacht

Kurzweilig, anhand zahlreicher Beispiele, beschreibt Johan Eklöf, wie die Nacht zum Tag wurde und welche Folgen dies nicht nur für Tiere und Pflanzen hat. Neben dem sich wandelnden Klima sieht er das, was Astronomen schon länger Lichtverschmutzung nennen, als einen bedeutenden Faktor an, der uns zusätzlich zum Verhängnis werden könnte. Ein Schwarzseher ist er dennoch nicht. Ausgerechnet unsere moderne Beleuchtung könnte helfen, dem entgegen zu wirken.

Immer wieder spürt man beim Lesen die Begeisterung und die Faszination für das, was den meisten von uns insgeheim noch immer unheimlich erscheint, obwohl wir schon längst nicht mehr vom Dunkel unserer Vorfahren umgeben sind. Kenntnisreich erzählt der Autor von faszinierenden Naturschauspielen, Tierbegegnungen und wie wir unser Bedürfnis nach Licht, damit Orientierung, und das der Natur miteinander vereinbaren können. Der erhobene Zeigefinger fehlt, doch dem Autor fehlt nicht viel, so dass man sich beinahe in einer Dokumentation von David Attenborugh wähnt.

Eine weitere effektive Methode, um Ökosysteme zu stören und das Gleichgewicht zwischen Beutetieren und Räubern aufzuheben, liegt in einer Veränderung der Umwelt. Wenn wir unsere Abende und Nächte heller machen, verwirren wir nicht nur den zirkadianen Rhythmus der Tiere, sodass sie nicht mehr wissen, wann sie sich verstecken und wann sie auf die Jagd gehen sollen. Wir nehmen darüber hinaus sowohl Beutetieren als auch den Räubern auch die Möglichkeit, ihre Verstecke zu tarnen.

Johan: Eklöf: Das Verschwinden der Nacht

Viel Wissen nimmt man ohnedies aus der Lektüre mit und zugleich, was uns entgeht, wenn wir die Nacht bei Licht betrachten. Hier ist die Mischung, die beim Nature Writing oft genug im philosophischen Mehltau mündet, aus persönlichen Schilderungen und der Einbindung von Fakten sehr gut funktioniert. Es wurde Zeit, dass sich diesem sonst so unbeachteten Faktor jemand annimmt.

Autor:

Johan Eklöf wurde 1973 geboren und ist ein schwedischer Zoologe und Fledermausexperte. Er arbeitet als Naturschützer und berät Behörden, Stadtplaner und Organisationen zu den Themen Nachtökologie und naturfreundliche Beleuchtung.

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Catherine Raven: Fuchs & ich

Inhalt:

Catherine Raven ist überzeugte Einzelkämpferin. Als sie sich mitten im Nirgendwo eine kleine Hütte mit einem blauen Dach baut, ist ihre Isolation komplett. Ihre Gesellschaft ist die Natur, die verblüffend lebendige Tier- und Pflanzenwelt, mit der sie ihr Land teilt. Eines Tages bemerkt sie einen wilden Fuchs, der jeden Nachmittag um 16.15 Uhr auf ihrem Grundstück erscheint. Entgegen allen wissenschaftlichen Gepflogenheiten beginnt sie, ihm aus “der kleine Prinz” vorzulesen. (Klappentext)

Rezension:

Selbst in den unwirtlichsten Regionen unseres Planeten kommt er vor, in Wüsten oder den Polargebieten. Mittlerweile ist er auch in unsere Städte gezogen und lebt Seite an Seite mit den Menschen. Doch, kaum jemand kennt sie näher. Ein flüchtiger Blick und dann ist der Fuchs meist schon aus unserem Sichtfeld verschwunden.

Die Rangerin und Biologin Catherine Raven hatte die Gelegenheit in unmittelbarer Nähe zu ihrem eigenen Wohnhaus, in der Abgeschiedenheit Montanas, eines dieser Tiere zu beobachten. Ihren tierischen Besucher beginnt sie aus dem Buch “Der kleine Prinz” vorzulesen. Die Geschichte eines Versuches der Annäherung.

Ein Tierfilmer, der das Verhalten einiger Bären falsch einschätzte, musste seinen Versuch der Annäherung vor einigen Jahren mit dem Leben bezahlen. Geglaubt hatte er, diese Tiere richtig deuten zu können, sie zu kennen und gilt seither allen als Mahnmal, die einen Umgang mit Lebewesen pflegen, die weder domnestiziert sind, noch irgendwie sonst bestrebt sind, mit Menschen zu interagieren.

Wenn Wildtiere dies tun, steckt meist mehr dahinter und oft ist dies nicht unbedingt positiv besetzt. Davon abgesehen weiß jeder Naturwissenschaftler um seine Reputation, wenn er oder sie sich auf allzu große Nähe mit Tieren einlässt, die eigentlich nur beobachtet werden sollten. Alles andere wäre ein zu starker Eingriff in den natürlichen Lauf der Dinge, den es zu erforschen gitl.

Jetzt, dieses Buch, in welchem die Autorin den Spagat wagt, zwischen Nature writing und Sachbuch, sowie Studie der eigenen Persönlichkeit, aufgrund derer man das Werk umbenennen müsste. Überwiegend geht es hier nämlich um sie selbst, statt um das erstbenannte Tier. Alle, die ein informatives und unterhaltsames Sachbuch über Füchse lesen möchten, ist eher andere Lektüre zu empfehlen.

Man erfährt viel darüber, warum Raven die Abgeschiedenheit ihres Lebens liebt, nicht unbedingt mit anderen Menschen kompatibel ist und wie diese länger anhaltenden, immer wiederkehrenden Begegnungen mit dem Fuchs zustande kamen, aber nicht so sehr über die Biologie der Tiere selbst. Faktenorientierung ist etwas anderes.

Wenn der Schlag in Richtung Sachbuch nicht gelingt, wie verhält es sich hier mit der Einordnung zum sog. Nature Writing? Das funktioniert eher. Der Autorin gelingen durchaus liebevolle Beschreibungen, sehr romantisiert, von der sie umgebenden Tier- und Pflanzenwelt, was sich meines Erachtens aber gerade für eine Wissenschaftlerin einfach verbietet.

Da ist es auch kaum hilfreich, dass sie hin und wieder doch noch ein paar interessante Fakten einstreut, als würde sie sich dann doch im einen oder anderen Moment ihres Berufes bewusst werden.

Sy Montgomery hat mit ihrem Werk über Kraken gezeigt, dass es auch in diesem Bereich gelingen kann, bevor man in allzu kitischige Szenarien hinein rutscht, die Kurve zu bekommen. Hier funktioniert das nicht und das hat, wie beschrieben, nichts mit einem Schreibstil zu tun, der zwischen Gefühlsduseligkeit und unglaublichen Längen schwankt. Wer sich eher an Fakten orientiert und auch auf Wissenzuwachs hofft, ist damit an der falschen Stelle. Von einer Wissenschaftlerin erwarte ich definitiv eine andere Art und Weise, sich Tieren zu nähern.

Diese Vermenschlichung ist fehl am Platz.

Das war mein Fehler und so habe ich nun das Buch auf Seite 150 abbrechen müssen.
Vielleicht gelingt es ja euch, einen besseren Zugang zu der Lektüre zu finden.

Autorin:

Catherine Raven widmet sich als Autorin und Wissenschaftlerin der Natur. Sie studierte Biologie und arbeitete als Rangerin in den Nationalparks Glacier, Mount Rainier und Voyagers, hilet Vorträge an Universitäten, anschließend leitete sie Expeditionen, z.B. durch den Yellowstone Nationalpark. In verschiedenen Magazinen und Zeitschriften veröffentlicht sie regelmäßig Beiträge und hat u. a. ein Buch über Forstwirtschaft veröffentlicht. Raven unterrichtet derzeit an der South University Savannah, in Georgia.

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Barbara Demick: Buddhas vergessene Kinder

Inhalt:

Ngaba, Osttibet: Als sich ein junger Mönch mitten auf der Hauptstraße mit Kerosin übergießt und anzündet, deutet noch nichts darauf hin, dass dies eine ganze Bewegung auslösen wird. Bald darauf wird die kleine tibetische Stadt in der chinesischen Provinz Sichuan zur Welthauptstadt der Selbstverbrennungen – aus Protest gegen die Unterdrückung durch die chinesische Regierung. (Klappentext)

Rezension:

In der westlichen Welt beinahe unbeobachtet, wird dieser Konflikt an die Oberfläche gespült, wenn das geistliche Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama, zu sehen ist, zumal, wenn dieser von Staatsoberhäuptern hofiert und bei hoch offiziellen Anlässen gezeigt wird. Dann bleiben sich empörende, protestierende Kommentare der chinesischen Staatsführung nicht aus und der Staatengemeinschaft wird eine Auseinandersetzung in Erinnerung gerufen, die Ende der 1950er Jahre ihren Anfang nahm.

Die renommierte amerikanische Journalistin Barbara Demick und ehemalige Asienkorrespondentin der Los Angeles Times seziert dieses tragische Stück Geschichte eines Volkes, welche zuletzt eine erschreckende Form des Protests annahm und legt nach intensiver und nicht ganz ungefährlicher Recherche, dieses Portrait der jüngeren Geschichte Tibets vor.

Im Zentrum steht die Geschichte verschiedener Personen, die die Autorin anhand von Archivmaterial und Interviews, ob heimlich in Tibet selbst, bishin nach Indien oder Amerika, über Jahrzehnte verfolgt. Überschneidungen inklusive. Der Fokus wird dabei auf bestimmte Schlüsselmomente gelegt, Auslöser für Handlungen der Menschen dieses Ortes, der zum Dreh- und Angelpunkt eines leidvollen Protests wurde.

Nach allem, was Tapey geschehen war – der Mönch, der seine Selbstverbrennung zwei Jahre zuvor überlebt hatte und nun als verstümmelter Invalide in einem chinesischen Gefängniskrankenhaus dahinvegitierte und gelegentlich zu Propagandazwecken im chinesischen Staatsfernsehen vorgezeigt wurde -, hatte er eine solche Tat nicht mehr erwartet. Wer war so dumm, es noch einmal zu versuchen? Oder – wer hatte solchen Mut?

Barbara Demick “Buddhas vergessene Kinder”, 383 Seiten, ISBN: 978-3-426-28186-4, erschienen bei Droemer.

Mit Sympathie erzählt sie vom Leben der Menschen, ihren Beweggründen, Träumen und Zielen, kleinen Siegen, größeren Niederlagen, ihren Hoffnungen, aber auch von der Macht des chinesischen Staates, politischer Diskriminierung und Unterdrückung, füllt Lücken mit intensiver Eigenrecherche und zeigt anhand eines reichen Quellenverzeichnisses, wie Journalismus zu dieser Thematik auch in China selbst funktioniert, ohne zu einseitig zu berichten.

Die wechselnde Perspektive von Menschen unterschiedlicher Schichten vervollständigt dieses Werk, wobei rote Fäden immer wieder aufgegriffen werden. Das kann verwirrend sein, doch hilft es, eine klare Sicht der Ereignisse zu bewaren und Beweggründe der Menschen, sowohl der Tibeter als auch die politischen Zusammenhänge zu verstehen, die sich teilweise sehr gut von der chinesischen Staatsführung, vor der Weltöffentlichkeit, verstecken lassen.

Barabara Demick wertet nicht selbst, lässt die Personen sprechen, deren Geschichte sie erzählt und hält sich damit wohltuend zurück. Einmal etwas anderes, als man es sonst von jenseits des großen Teiches gewohnt ist und eine gute Ergänzung für all jene, die sich mit der jüngeren Geschichte Tibets beschäftigen möchte.

Dabei sollte man sich jedoch voll und ganz auf die Lektüre konzentrieren und auch kleinere Längen verschmerzen. Die Vielzahl der Lebenswege, denen die Autorin nachspürt, und nicht zuletzt die für westliche Ohren ungewohnt klingenden Namen, erfordern die gesamte Aufmerksamkeit der Leserschaft.

Autorin:

Barbara Demick ist eine amerikanische Journalistin, die zunächst 1993-1997 für den Philadelphia Inquirer arbeitete. Für ihre Reportage über einen Straßenzug in Sarajevo gewann sie mehrere Preise und war im Finale für den Pulitzer. 1996 erschien ihr erstes Buch “Die Rosen von Sarajevo. 2001 wechselte sie zur Los Angeles Times, war dort 2007-2016 Leiterin des pekinger Büros und veröffentlichte 2010 ein Werk über Nordkorea. Mit dem Human Rights Book Award wurde sie für ihre engagierten Bücher ausgezeichnet.

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Volker Reinhardt: Die Macht der Seuche

Inhalt:

Die Große Pest der Jahre um 1348 war eines der einschneidendsten Ereignisse der europäischen Geschichte. Der Historiker Volker Reinhardt rekonstruiert den Verlauf der Epidemie von den Anfängen in Asien bis zu ihrem vorläufigen Erlöschen in Europa, beleuchtet die unterschiedlichen Verhältnisse in ausgewählten Städten und fragt, wie die Überlebenden politisch und wirtschaftlich, religiös und künstlerisch das große Sterben bewältigten.

Sein spannend geschriebenes Panorama führt eindringlich vor Augen, was wir dem medizinischen Fortschriftt verdanken – und wie verblüffend ähnlich wir heute trotzdem auf eine Pandemie reagieren. (Klappentext)

Rezension:

Den Umgang mit heute verlaufenden Pandemien betrachtend, lohnt sich mitunter ein Blick zurück in die Geschichte und eine vergleichende Betrachtung von Ereignissen mit ähnlich einschneidender Bedeutung. Für eine Fokussierung etwa, nur auf Corona ist es noch zu früh.

Allenfalls in den nächsten Jahren wird man das gesamte Ausmaß überblicken können, doch wie gingen unsere Vorfahren mit global sich verbreitenden Viren und ihren Folgen um, welche Schlüsse und Maßnahmen zogen sie, den damaligen Wissestand und medizinischen Kenntnisse natürlich berücksichtigt, daraus?

Welche Auswirkungen hatte etwa die um sich greifende Pest im sozialen und gesellschaftlichen, poltischen Gefüge, während diese um sich griff und vor allem, welche Nachwirkungen waren zu verzeichnen. Der Historiker Volker Reinhardt begab sich auf Spurensuche.

Anhand zahlreichen Kartenmaterials, welches der historischen Betrachtung voransteht, erläutert er die einzelnen Phasen der Pest, ihre Verbreitung im damaligen Europa und ihre Auswirkungen auf die einzelnen Regionen. bemüht, um vergleichende und vielschichtige Betrachtung, fokussiert der Autor sich dabei nicht auf einzelne Regionen, wenngleich etwa Italien und Frankreich einen großflächigen Anteil an seiner Betrachtung ausmachen.

Warum dies so ist, erläutert Reinhardt ebenso, wie er auch immer wieder anhand der Quellenlage verdeutlicht, wo beträchtliche Lücken eine ausführliche Auswertung beinahe unmöglich bzw. schwierig machen.

Detailliert geht er zunächst auf die Seuche als solches ein, und erläutert dann, was diese mit den damaligen Menschen machte und welche Auswirkungen in den Jahren danach Folge waren. Einzelne Abschnitte der Betrachtung lohnen einem Vergleich zur heutigen Situation. Schon damals erkannte etwa die obere Führung von Mailand die Bedeutung der Isolation. Auch die Quarantäne, wie wir sie heute kennen, nahm in der damaligen Zeit ihren Anfang. Reinhardt geht jedoch auch auf die Unterschiede ein, erläutert, weshalb die Pest wo welche Auswirkungen hatte, wie viele Menschen nach Quellenlage tatsächlich betroffen waren und dass sich auch damals schon die Hoffnungen nach einer besseren, anderen Gesellschaft nach der Seuche schnell zerschlugen.

Das alles ist in kompakter Form keine ausschweifende, jedoch leider um so mehr trockene Literatur, die zwar versucht anhand von Personengeschichte Interesse zu wecken, dies jedoch nicht vermag. Tatsächlich ist diese Sammlung an Wissen eine schnöde Aneinanderreihung von Fakten, die trocken daherkommt. Es wirkt in etwa so, als würde man heutige Nachrichten mit einem tiefen Seufzer kommentieren. mit zunehmender Seitenzahl muss man sich förmlich zwingen, die Fakten aufzunehmen und zu behalten. Da nützt dann auch eine sehr intensiv bewältigte Quellenlage und gute Recherchearbeit wenig.

Schade, aus diesem Stoff Geschichte hätte man viel mehr herausholen können. Genug Interessenten gäbe es bestimmt.

Autor:

Volker Reinhardt wurde 1954 in Rendsburg geboren und ist ein deutscher Historiker. Seit 1992 lehrt er als Professor für Allgemeine und Schweizer Geschichte der Neuzeit an der Universität Freiburg. Zunächst jedoch studierte er Geschichte und Romanische Philologie in Kiel, Freiburg im Breisgau und in Roman, danach absolvierte er seine Staatsexamen in Geschichte 1975, und Romanistik 1976.

Nach einem Forschungsaufenthalt in Rom promovierte er über die Finanzen des Kardinals Borghese, war 1985-1991 Hochschulassistent in Freiburg im Breisgau, habilitierte dort 1989.

Als Hochschuldozent lehrt er an der Universität Freiburg in der Schweiz, ist zudem Vertrauensdozent der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Er beschäftigte sich mehrfach mit der Geschichte der italienischen Renaissance, u.a. mit der Familie Medici, Borgia und verfasste eine Biografie Leonardo da Vincis. Reinhardt ist Mitherausgeber der WBG-Reihe “Geschichte kompakt”.

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Jens Mühling: Mein russisches Abenteuer

Inhalt:

Fast ein Jahr lang reist Jens Mühling durch Russland und porträtiert aus ganz persönlicher Perspektive eine Gesellschaft, deren Lebensgewohnheiten, Widersprüche, Absurditäten und Reize hierzulande nach wie vor wenigen vertraut sind. Auf seiner Reise erlebt er unglaubliche Begegnungen: Eine Einsiedlerin in der Taiga, die erst als Erwachsene erfahren hat, dass es jenseits der Wälder eine Welt gibt. Ein Mathematiker, der tausend Jahre der russischen Geschichte für erfunden hält. Ein Priester, der in der atomar verseuchten Sperrzone von Tschernobyl predigt. Ihre Lebensgeschichten fügen sich zu einem faszinierenden Porträt der russischen Seele. (Klappentext)

Rezension:

Land der Verheißung. Land der Verbannung. Sibirien. Faszinierend und erschreckend ist dieser Landstrich, der für sich allein genommen immer noch der größte Staat der Erde wäre und doch ist Russland so viel mehr als nur diese Region. Der Journalist Jens Mühling begab sich erstmals im Jahre 2010, der Konflikt mit der Ukraine noch in weiter Ferne, dorthin, um die russische Seele zu erkunden.

Dieses Russland – es ist eigentlich überhaupt kein Land!

Jens Mühling: Mein russisches Abenteuer, erschienen bei mairdumont/Dumont Reise.

Die erste Station Kiew, wo die historischen Ursprünge dieses fascettenreichen Landes liegen, Tschernobyl, Moskau, St. Petersburg und dann hinaus in die unergründliche Weite. Jens Mühling spürt den Geschichten nach, die sich in seiner Schreibtischschublade in Berlin, in Form von Zeitungsausschnitten und ausgedruckten Artikeln sammelten. Auf eine Antwort folgen tausend Fragen.

Dieser vielschichtige und sehr persönliche Reisebericht wurde geschrieben und erstmals veröffentlicht, als die heutigen Konflikte mit Russland noch weit weg waren und so beschreibt der Journalist und Autor mit Blick für’s Detail seinen Versuch, die russische Seele zu ergründen. Unglaubliche Geschichten tun sich ihm auf. Hätte diese jemand erfunden, so wären sie kaum glaubwürdig, doch in diesem riesigen Land gibt es viele Realitäten. Einfühlsam näherte sich Mühling den Menschen, die aus ihrem Leben erzählen und so einen anderen Blickwinkel bieten.

Die rätselhafte russische Seele gibt es nicht.

Die russische Seele ist nicht rätselhafter

als der morgendliche Kopfschmerz

nach einem Besäufnis.

Jens Mühling: Mein russisches Abentuer, erschienen bei mairdumont/Domont Reise.

Es gibt sie noch, die unendlichen Weiten, aber auch die Dramen, die wie aus einem Buch Tolstois zu stammen scheinen. Da können auch schon einmal Jahrhunderte Geschichtsschreibung erfunden sein oder andere längst vergangenen Zeiten nachtrauern. In kurzweiligen episodenhaften Kapiteln erzählt der Autor von seinen Begegnungen, seiner Suche nach den letzten Altgläubigen etwa und dem Spagat zwischen Tradition und Moderne.

In einem, der Neuauflage angefügten Nachwort, ein nachdenkliches Fazit. Vieles hat sich verändert. Vieles, auch solche Reisereportagen, nicht zuletzt der Zugang zu den Menschen, sind schwerer geworden. So bleibt dieses Porträt eine Momentaufnahme, eines Landes, welches starr in sich ruht und sich dennoch rasant bewegt. Unbedingt lesenswert.

Autor:

Jens Mühling wurde 1976 in Siegen geboren und ist ein deutscher Journalist und Autor. Zunächst studierte er Literatur in Norwich, England, und Berlin, bevor er für die Moskauer Deutsche Zeitung arbeitete. Als Redakteur des Berliner Tagesspiegels schreibt er seit 2005 regelmäßig über Russland und Osteuropa. 2012 erschien sein erstes Werk, welches für den Johann-Gottfried-Seume-Literaturpreis und in England für den Dolman Travel Book of the Year Award nominiert wurde. Es folgten mehrere Reisereportagen. 2020 erschien sein Bericht “Schwere See – Eine Reise rund ums Schwarze Meer”.

Dieses Buch wurde gelesen im Rahmen des Sachbuchmonats Januar 2021. #SachJan21 #sachjan2021

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Anja Goerz: Wenn ich dich hole

Wenn ich dich hole Book Cover
Wenn ich dich hole Anja Goerz Erschienen am: 23.10.2020 dtv Seiten: 256 ISBN: 978-3423-21833-7

Inhalt: Ein abgelegenes Haus in Nordfriesland.

Ein Schneesturm, der jedes Vorankommen unmöglich macht.

Ein kleiner Junge in größter Gefahr.

Eine ganze Familie wird von den Schatten der Vergangenheit eingeholt.

(Klappentext)

Rezension:

Familiengeschichten funktionieren in Kriminalromanen sehr gut, zumal, wenn die schreibende Person, die Handlungsorte gut kennt und so eröffnet sich gleich mit den ersten Seiten von “Wenn ich dich hole”, ein atmospärischer Krimi, der uns Lesende in die Gefilde Nordfrieslands einführt. Handlungsort ist die winterlische Idylle eines kleinen Ortes, in dem sich bei beginnender Dunkelheit Fuchs und Hase gute Nacht sagen.

Die Düsterheit der Handlung ist schon mit den ersten Zeilen zu spüren. Erzählt wird aus wechselnder Perspektive und mit Hilfe von Zeitsprüngen ein klassisches Familiendrama. Ein Geheimnis, ein sich darauf aufbauender, langsam hochschaukelnder Konflikt, vorangetrieben durch, leider, klischeehafte Figuren.

Die dörfliche Zusammensetzung ist gut dargestellt. Auch die Dynamik innerhalb einer kleinen, oberflächlich zusammenhaltenden Gemeinschaft ist fassbar, die mit zunehmender Anzahl der kurzweiligen Kapitel ihre Risse offenbahrt. Die Beschränkung auf wenige Hauptprotagonisten ist hier sehr gelungen, für die Kürze der Geschichte jedoch auch notwendig. Dazu ein wenig norddeutsches Platt. Fertig ist der wohlig-schaurige Provinzkrimi.

Die Kapitel vermögen das Lesepublikum bei Stange zu halten, jedoch vermag der kaum unerträglich werdende Nervenkitzel, der sonst in diesem Genre zu finden ist, kaum aufkommen. Die Autorin hat hier eine sehr ruhige Art, eine Geschichte zu erzählen, an den Tag gelegt, leider mit den zeitlichen Rückblicken der Gedankenwelt einer der Protagonisten sehr schnell die Auflösung verraten. Anja Goertz hat sich hier leider selbst gespoilert, was selbst unerfahrenen Krimi-LeserInnen ins Auge stechen dürfte.

Der Verlag ordnet die Geschichte, deren Ende durchaus eine Fortsetzung zulässt, als Thriller ein. Kriminalroman wäre wahrscheinlich das passendere Genre. Dennoch, wer gerne norddeutsch angehauchte Krimis liest, sich von manchem Klischee nicht stören lässt, für den der Weg zum Ziel, nicht die Auflösung selbst wichtig ist, der findet hier Lesestoff, wenn er auch den Spannungsbogen, nun ja, nicht überspannt.

Autorin:

Anja Goertz wurde 1968 in Niebüll geboren und ist eine deutsche Hörfunkmoderatorin und Autoin. Nach ihrer Arbeit als Fotografin begann sie 1989 ein Praktikum bei Radio Schleswig-Holstein, arbeitete als Reporterin und Moderatorin für verschiedene Rundfunkformate. 1994 wechselte sie zu N-Joy, vier Jahre später zu Sat1.

Später erarbeitete sie Content für verschiedene Radiosender. Parallel ist Goertz als Sachbuch- und Romanautorin tätig. 2011 erschien ihr Debütroman, 2014 ihr Sachbuch “Der Osten ist ein Gefühl”. “Wenn ich dich hole”, ist ihr Krimi-Debüt.

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Chris McGeorge: Der Tunnel

Der Tunnel - Nur Einer kommt zurück Book Cover
Der Tunnel – Nur Einer kommt zurück Chris McGeorge Droemer Knaur Erschienen am: 04.05.2020 Seiten: 346 ISBN: 978-3-426-22709-1 Übersetzer: Karl-Heinz Ebnet

Inhalt:

Sechs junge Leute, seit Jahren beste Freunde, fahren mit dem Boot in Englands längsten Kanaltunnel – ein Abenteuer in beklemmender Dunkelheit. Als das Boot am anderen Ende des Tunnels wieder auftaucht, sind fünf der Freunde spurlos verschwunden. Der sechste, Matthew, ist bewusstlos. er beteuert seine Unschuld, ist aber der einzige Verdächtige in diesem mysteriösen Fall, bei dem sich die Presse erstaunlich bedeckt hält. Was ist während der Fahrt geschehen? (Klappentext)

Rezension:

Beklommenheit breitet sich in denen aus, die eine Fahrt unterhalb des Penninengebirges wagen, von Masden nach Diggle im nördlichen England. Dort befinden sich die Standedge-Tunnels, eine wagemutige Leistung britischer Ingenieurskunst, die den Transport von Waren und Menschen in der Region vereinfachen sollte. Doch, was ist, wenn in den zum teil stillgelegten Röhrren plötzlich Menschen verschwinden? Nun hat der englische Autor Chris McGeorge diesen Gedanken heraus einen düsteren Thriller gestrickt.

Aus der Perspektive des mittelmäßig erfolgreichen Autoren Robin Ferringham wird die Geschichte erzählt, derer eine reale geografische Situation zugrunde liegt. Robin Ferringham, gerade dabei, wenig erfolgreich das spurlose Verschwinden seiner Frau zu verarbeiten, erhält einen mysteriösen Anruf aus einem Gefängnis im nördlichen England.

Am anderen Ende der leitung, ein des Mordes an fünf Menschen Verdächtiger, der behauptet Informationen zu den Vorfall zu besitzen, der Robins Leben auf ewig veränderte und nebenbei unschuldig zu sein, an dessen, was man ihm vorwirft.Ttrotz aller Zweifel begibt sich der Protagonist nach Masden und entdeckt nicht nur die verstörenden Tunnel und eine trauernde Dorfgemeinschaft, wird jedoch bald selbst Teil eines mörderischen Spiels.

Die große Zeit englische Kriminalliteratur ist vorbei, möchte man meinen, jedenfalls wenn man diese Art von Literatur sich zu Gemüte führt. Tatsächlich hat der zunächst spannend und auf realen Gegebenheiten aufgebaute Thriller so einige Schwächen, die die positiven Seiten schnell in den Hintergrund rücken.

Die realen Gegebenheiten bieten zunächst eine Steilvorlage für hochspannende Storys, die man praktisch nur noch einfügen muss, sind dabei noch die Protagonisten und ihre Motive detailreich ausgearbeitet, würde ein solches Werk funktionieren. Die Hauptprotagonisten hier sind anfangs farblos, hier hat der Autor jedoch im Laufe des schreibens nachgebessert, für die imens wichtigen Nebencharaktere gilt dies jedoch nicht. So richtig klar wird bis zum Ende weder Motiv noch sonstiger Beweggrund, auch der Rätselfaktor bleibt nicht durchgehend bis zum Ende erhalten. Ein netter Versuch.

Pluspunkte Chris McGeorges sind Schreib- und Erzählstil, denn dies kann der Autor, wenn auch der Spannungsbogen hin und wieder gibt, doch hin und wieder gibt. “Der Tunnel”, lässt sich fließend lesen, kommt mit kurzen, dicht aufeinander folgenden Kapiteln daher. Nicht auf der Habenseite ist jedoch die Tatsache, dass die reale Geschichte der Tunnel interessanter wirkt, als die herumgewobene Geschichte.

Zudem wirkt zu oft das Konstrukt wie ein bleiender Mehltau, der bereits mehrfach erzählt wurde. Auch kann man hier kein einheitliches Tempo erkennen. Entweder man baut die Handlung in immer schneller aufeinander folgenden Schritten auf, bleibt in einer gemächlichen Schrittfolge oder erzählt rasant. Hier jedoch gibt es mehrere Brüche, die man selbst als ungeübter Krimileser merkt und Übergänge, die nicht gerade als nahtlos zu bezeichnen sind.

Die Bezeichnung Thriller ist eine Entscheidung, die man treffen kann. Für mich ist es jedoch ein klassisch ortsgebundener Krimi, der es nicht für geübte Leser schafft, sich aus der schieren Masse an Büchern gleicher Art herauszuheben. Wer relativ selten in diesem Genre liest, mag Chris McGeorges Geschichte mit Gewinn sich zu Gemüte führen. Alle anderen sollten es sich überlegen. Hier ist eher auf folgende Werke von Chris McGeorge zu hoffen.

Autor:

Chris McGeorge öebt in Durham und studierte Kreatives Schreiben an der City University of London. Er ist Teil einer Amateurtheatergruppe. Vorbilder sind Agatha Christie oder Arthur Conan Doyle.

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Kristina Palten: Allein durch den Iran

Allein durch den Iran Book Cover
Allein durch den Iran Kristina Palten Erschienen am: 08.04.2020 Kiepenheuer & Witsch seiten: 344 ISBN: 978-3-462-05412-5 Übersetzer: Paul Berf

Inhalt:

Kristina Palten ist 31, als sie zum ersten mal das Laufen für sich entdeckt. Nach einer Lebenskrise steigert sie ihr Pensum und bricht als Ultraläuferin alle Rekorde.

Doch auch das reicht ihr irgendwann nicht mehr: Sie will ihre eigenen Vorurteile und Ängste besiegen und allein durch den Iran laufen. Mit ihrer Geschichte zeigt uns Kristina Palten, was möglich ist, wenn wir unsere Angst überwinden. (Klappentext)

Rezension:

Undurchsichtig ist für die meisten Menschen in Europa dieses Land zwischen Kaspischen Meer und Persischen Golf, ein Hort der Unterdrückung und eine Quelle des Bösen für die anderen. Doch, wie ist es den Iranern von heute in ihrem Land zu begegnen, sich einzulassen auf eine uns fremde Kultur und Lebensweise?

Kristina Palten hat den Blick über den Tellerrand gewagt und sich selbst ein Bild gemacht. So weit die Füße tragen, läuft die gelernte Ingenieurin, die zuvor ihre Stelle bei einem schwedischen Mobilfunk- und Technikkonzern aufgegeben hatte, um sich vollkommen ihrem Hobby zu widmen. Über 1800 km sind es, quer durch das Reich der Mullahs, von der türkischen bis zur turkmenischen Grenze.

Die Läuferin berichtet von einer Strecke, die ihr alles abverlangte, zugleich jedoch zeigte, dass die Wirklichkeit vielschichtiger ist, als es uns die Medienwelt mitunter vorgaukelt.

Unter den Eindruck von Veränderungen in Arbeits- und Privatleben, beginnt Palten die planungen für ihre Reise, die sie umsichtig betreibt und ausführlich beschreibt. Welche Vorsichtsmaßnahmen sind zu treffen, wie Streckenabschnitte, Übernachtungen zu koordinieren?

Wird man sie als alleinstehende Frau überhaupt unbehelligt laufen lassen, in einem Land, welches unter den Deckmantel der Religion das Leben seiner Bürger kontrolliert? Wird sie frei mit den Menschen, auf die sie trifft agieren können? Wen kann sie überhaupt vertrauen?

Mit diesen und anderen Fragen und einen vollbepackten als Gepäckhilfe missbrauchten Kinderwagen beginnt sie im Spätsommer ihre Reise, die erst zwei Monate danach am anderen Ende des Landes beendet sein wird. Und trifft dabei auf Menschen, die ein völlig anderes Bild vermitteln, als sie es selbst vor ihrer Reise hatte.

Gastfreundschaft und Neugier begegnen der Schwedin, der überall Unterkunft gewährt und Begeisterung für ihr Vorhaben, welches sie ohne offizielle Genehmigung von staatlichen Stellen umsetzt, entgegen gebracht wird. Auch die andere Seite des Gottesstaates bekommt sie natürlich zu spüren, doch mit Unterstützung von Freunden gelingt ihr etwas, was den meisten iranischen Frauen nicht vergönnt sein wird.

Es ist das beeindruckende Portrait einer Frau, welches hier in Tagebuchform veröffentlicht wurde. Kristina Palten zeigt, wie leicht es sein kann, den Blick über den Tellerrand hinaus zu öffnen, aber auch, welche Grenzen dem immernoch in unserer Welt gesetzt sind.

Die Läuferin beschreibt ihre Reise, setzt dabei den Fokus auf die Tätigkeit und vor allem, auf die Menschen, denen sie begegnet. Palten zeigt, wie es ihr gelang, Vorurteile auf beiden Seiten abzubauen und in welchem Zwiespalt sich die Menschen bewegen. Einfühlsam beschreibt sie in klaren Sätzen Erlebtes, Trauriges, Ernüchterndes und Hoffnungsvolles. Schwedische Gelassenheit und Grundoptimismus traf hier auf Neugier, Offenheit, mancherlei Grenzen.

In kurzweiligen Kapiteln zeigt die Autorin jedoch, was möglich ist, wenn man Mut beweist und einander vertraut. Wenn dies gelingt, ist schon viel gewonnen.

Der Film:

Auf Teilstrecken wurde Kristina Palten von einem Kameramann begleitet. Viel filmte sie zudem selbst. Daraus entstand ein Film über einen sehr besonderen Lauf. Diesen kann man downloaden und ansehen. Hier klicken.

Trailer zum Film über Paltens Lauf durch den Iran.

Mehr Informationen, hier. Über Kristina Palten, hier klicken.

Autorin:

Kristina Palten wurde 1971 in Nordschweden geboren, ist eine Ingenieurin und hält mehrere Rekorde in Marathon- und Ultraläufen. Mit dem Plan, Ängste und Vorurteile abzubauen ist sie knapp zwei Monate, nachdem sie ihren Job aufgegeben hatte, um sich vollkommen dem Laufen zu widmen, 1840 km durch den Iran gelaufen. Von der türkischen bis zur turkmensichen Grenze.

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