Goethe-Zeit

Guido Knopp: Meine Geschichte

Meine Geschichte Book Cover
Meine Geschichte Guido Knopp C. Bertelsmann Erschienen am: 13.11.2017 Seiten: 320 ISBN: 978-3-570-10321-0

Inhalt:

Mister History blickt zurück: Guido Knopp, der das neue Geschichtsfernsehen prägte und damit für Millionen Zuschauer zum wichtigsten Geschichtslehrer wurde, verknüpft pointiert und anekdotenreich zentrale gesellschaftliche und politische Entwicklungen der vergangenen sechs Jahrzehnte mit prägenden autobiografischen Stationen und persönlichen Erlebnissen.

Immer vor dem Hintergrund seines Lebensthemas, der deutschen Geschichte. Ein Buch nicht nur für seine Zuschauer und Leser, die ihm über Jahrzehnte treu geblieben sind. (Klappentext)

Rezension:
Geschichte muss nicht trocken sein, nicht langweilig oder gar oberlehrerhaft rübergebracht werden, um ihrer gerecht zu werden. Im Gegenteil, ist sie doch in all ihren Facetten spannend und durchaus erkenntnisreich. Im Guten, wie auch im Schlechten.

Wenn es ein Fazit bedarf, welches man aus Guido Knopps Arbeit ziehen darf. Lehrer setzen seine Dokumentationen im Unterricht ein, Wiederholungen einzelner Senderreihen bringen den Schwestersendern des ZDF immer noch gute Quoten, DVD-Verkäufe inmmer noch ordentliche Ergebnisse.

Doch, wer war der Mann, der als Initiator hinter all den Dokumentationen steckte, dem oft vorgworfen wurde, zweifelhafte Personen der Geschichte zu verherrlichen, der neue Dokumentationstechniken anwendete, die heute zum Standard gehören und das Geschichtsverständnis nun schon mehrerer Generationen zumindest mitprägte? Wer war Mr. History?

Erzählt wird seine Geschichte nun von ihm selbst. In seiner Biografie “Meine Geschichte” zeichnet Guido Knopp, gespickt immer wieder mit amüsanten Anekdoten, sein Leben nach und immer wieder auch ein Stück Fernsehgeschichte des ZDF.

Er berichtet von dem Aufbau seiner Redaktion bis zur Gestaltung der ersten Sendungen, gibt Einblick in den Aufwand, der hinter all den zahlreichen Dokumentationen steckt und wirft einen humorvollen Blick auf seine Kritiker, die ihm seine Erfolge mitunter neideten.

Er beschreibt das Wie und Warum, erklärt, wie Neuerungen in der fernsehtechnischen Gestaltung zunächst das Feuilleton althergebrachter Zeitungen verärgerte, und es zum Ruf der “Verknoppung” der Geschichte kam.

Kurzweilig und spannend, wie auch seine Beiträge, seine Dokumentationen zur deutschen Geschichte ist auch seine eigene. Wer “Fan” seiner Arbeiten ist, empfiehlt sich die Lektüre ohnehin, wer Kritiker ist, dem sei “Meine Geschichte aus dem C.Bertelsmann-Verlag ebenfalls ans Herz gelegt.

Wie entstanden bestimmte Sendungen, welcher Aufwand, der für den Zuschauer so nicht sichtbar ist, musste betrieben werden, um Sendereihen zu komplizierten Themen zu füllen, gerade wenn die Türen sich nur per Staubsauger öffnen ließen (sinnbildlich gesprochen)?

Wo waren die Grenzen der ZDF Redaktion Zeitgeschichte und wie die Resonanz in Deutschland, Europa und der Welt? Welche Historiker arbeiteten im Hintergrund mit, welche historischen Persönlichkeiten, von Berühmt bis zum zufällig gewesenen Zeitzeugen gaben Einblicke in die Geschehnisse?

Guido Knopp erinnert sich und kann sich damit getrost einreihen, in die Aufzeichnungen der Gespräche, die er und sein Team mit den verschiedensten Interviewpartnern geführt haben.

Das Kind des Wirtschaftswunders, welches die brotlose Kunst der Geschichte studierte, und diese selbst so spannend zu erzählen wusste, wie einst sein Lehrer auf seinem Gymnasium und sich damit um seiner Lieblingsthematik verdient machte.

Interessenten, die nicht zuletzt ein Stück Fernsehgeschichte nachempfinden und einen Blick hinter die Kulissen werfen möchten, und auch sonst, eine unbedingte Leseempfehlung. Geschichte ist spannend wie ein Krimi und es unbedingt wert, sie zu erzählen.

Was ist eigentlich "Verknoppung"?

Guido Knopp setzte als einer der ersten Spielszenen ein, wo historisches Filmmaterial nicht ausreichte, bestimmte Ereignisse der Geschichte darzustellen. Heute ein gängiges Mittel in den Fernsehtechniken unserer Zeit, war dies damals noch eine neue ungewohnte Technik.

“Nicht authentisch”, lautete das Urteil einiger großer Zeitungen. Zudem wurde Geschichte erstmals nicht nur chronologsich erzählt, sondern anhand von bestimmten Ebenen (z.B. anhand von Personenhierarchien), um eine bessere Nachvollziehbarkeit zu gewähren. Auch dies damals ein Novum.

Zudem wurde historisches Filmmaterial mit Kommentaren unterlegt, Personen nicht vor wertenden, sondern neutralen Hintergründen interviewt.

Auch dies, und die Präsentation geschichtlicher Themen, nicht “oberlehrerhaft”, zur Primetime, um für Aufklärung Reichweite zu bringen, brachten Guido Knopp und seiner Redaktion bestimmte Kritiken ein. Andere, wie Johannes Rau oder Simon Wiesenthal lobten Knopp für seinen Beitrag zum Geschichtsverständnis seiner Zuschauer.

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Autor:
Guido Knopp wurde 1948 geboren und ist ein deutscher Journalist, Historiker, Publizist und Moderator. Nach der Schule studierte er Geschichte, Politik und Publizistik und arbeitete zunächst als Redakteur verschiedener Zeitungen.

So war er u.a. für die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” und der “Welt am Sonntag” tätig. 1978 wechselte er zum ZDF und leidete ab 1984 die von ihm initiierte Redaktion “Zeitgeschichte”. Neben der Podiumsdiskussionsreihe “Aschaffenburger Gespräche” verantwortete er zahlreiche Dokumentationsreihen zur deutschen Geschichte.

Seit 2010 ist er Vorsitzender des Vereins “Unsere Geschichte. Das Gedächtnis der Nation.” Guido Knopp erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. die “Goldene Kamera” oder den “Emmy”. Er lebt mit seiner Familie in Mainz.

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Bruno Preisendörfer: Deutschland 1 – Als Deutschland noch nicht Deutschland war

Als Deutschland noch nicht Deutschland war Book Cover
Als Deutschland noch nicht Deutschland war Reihe: Deutschland – 1 Sachbuch Galiani Berlin Hardcover Seiten: 518 ISBN: 978-3-86971-110-2

Inhalt:

Eine Zeitreise in das deutsche 18. Jahrhundert als es ein Deutschland noch gar nicht gab. Vielmehr gab es viele verschiedene Regionen, Staaten und Städte, ein loses Gebilde voller Grenzen.

Es ist die Zeit, in der große Männer Kulturgut schufen, in der die großen Philosophen Kant und Schopenhauer wirkten und der Merkantilismus als Wirtschaftsform dominierte. Es ist die Zeit des Wandels und des Aufbruchs, gleichwohl immer noch ein harter Alltag im Leben der Menschen. Doch, wie lebten sie, die einfachen Leute und die Adligen zu dieser Zeit? Welche Kleidung trugen sie, was gab es zu essen, welche Moral- und gesellschaftlichen Vorstellungen prägten sie?

Bruno Preisendörfer nimmt den Leser auf eine spannende Zeitreise durch eine prägende Epoche. (eigener Text)

Bücher der Reihe:

Bruno Preisendörfer: Deutschland 1 – Als Deutschland noch nicht Deutschland war

Bruno Preisendörfer: Deutschland 2 – Als unser Deutsch erfunden wurde

Bruno Preisendörfer: Deutschland 3 – Als die Musik in Deutschland spielte

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Rezension:

Wie lange quälen Deutsch-Lehrer ihre Schüler eigentlich im Schnitt mit den allgemein als Klassikern akzeptierten Werken von Goethe, Schiller und anderen?

Wie viele Schüler verzweifeln an der Philosophie Kants und Schopenhauers und wie vielen wird die Lust am Lesen genommen, dadurch, dass in jedes Komma und jeden Punkt mehr hinein interpretiert wird als tatsächlich drinsteckt? Zu vielen.

Spannender ist es dann doch, in die Zeit einzutauchen, zu erleben, unter welchen Umständen Goethe und seine Zeitgenossen lebten, we´lche probleme die Ärmsten unter den Armen zu bewältigen hatten und für welche fortschrittlichen ideen damals in Gesellschaft, Wissenschaft und Kultur Grundsteine gelegt wurden.

Bruno Preisendörfer nimmt uns mit auf diese Zeitreise und lässt uns den Alltag im Noch-nicht-wirklich-Deutschland nachempfinden und erzählt, pointen und zitatereich vom Leben der Menschen im 18. jahrhundert.

Er beschreibt gesellschaftliche Konflikte durch Standesunterschiede, macht Geschichte fassbar, begleitet den Delinquenten zum Galgen und den Knecht oder Handwerker durch Arbeit, Eheleben bishin zum Tod. Und für manchen läuft es auf’s Gleiche hinaus, wenn die Frau und Kinder an Pocken oder anderen Krankheiten sterben.

Doch, es ist auch die Zeit des Fortschritts. Der Blitzableiter wird erfunden, Nachttöpfe dürfen nicht mehr allenthalben auf den Straßen entleert werden und Berlin bekommt die erste Straßenbeleuchtung. Impfungen werden entwickelt, Krankenhäuser entstehen. Auch das ist die Goethe-Zeit, die sich nicht nur auf Weimar beschränkt.

Der Autor beschreibt dies alles sehr detailliert, gestützt auf eine Unmenge von Quellen, die er ausgiebig nutzt und damit mehr erreicht als jeder Deutsch-Lehrer, der nur interpretieren möchte.

Er macht greifbar, was heute längst vergessen aber die nachfolgenden Jahrhunderte entscheidend mitgeprägt hat. Preisendörfer zitiert ausführlich aus Zeitungen, Tagebüchern und Korrespondenzen jener Zeit, durchstöberte Archive und statistischen Überlieferungen.

Herausgekommen dabei ist ein durchaus flüssig zu lesendes Sachbuch welches gleichzusetzen ist mit historischen Standardwerken, die Politik aber außenvor lässt und dafür die Bauern, das Klein- und Großbürgertum und das Leben des Adels beschreibt.

Lesenswert allemal, logisch gegliedert, stockt der Lesefluss dann doch an manchen Stellen. Zitate können schwierig zu greifen sein, wenn sie ausführlich sind. Man erfährt vieles, was man vielleicht noch nicht wusste, entdeckt bekanntes und kurioses.

Der Leser lebt mit Goethes Zeitgenossen mit, ist glücklich, arbeitend, kämpferisch, mal arm, mal reich, mal lebensfroh, dann wieder leidend. Nicht auf die Lektüre natürlich bezogen, keiner muss dann einem “Werther” folgen (siehe Goethe) aber kann danach durchaus in Gedanken an Kant und Schopenhauer philosophieren. Das hat doch was.

Autor:

Bruno Preisendörfer wurde 1957 in Kleinmostheim/Unterfranken geboren und ist ein deutscher Sachbuch- und Belletristik-Autor. Nach dem Abitur studierte er Germanistik, Politikwissenschaften und Soziologie und zog 1982 nach Berlin.

Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit arbeitete er als Redaktionsleiter einer Magazin-Zeitung und war von 1995-1999 Redakteur bei der Zeitschrift “Freibeuter”. Er erhielt 1998 den Würth-Literaturpreis und 2016 für sein Buch über die Lutherzeit den NDR-Kultur Sachbuch-Preis.

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