Goethe

Jan Krauß/Alexander Pavlenko: Faust – Eine Graphic Novel

Inhalt:

Alle Welt kennt Faust, der mit Mephisto einen teuflichen Pakt schließt. Eine Tragödie – so spannend wie ein Thriller. Viele Zitate sind Teil unserer Umgangssprache geworden. Die Graphic Novel FAUST erschließt Goethes zentrales und exemplarisches Meisterwerk mit meisterlich gezeichneten Szenen wie aus einem kühnen Historienfilm sowie sprachlich modernisiert auch heutigen Generationen. Sinnfällig visualisiert, wirbelt der Leser durch verschiedene Sphären, Milieus und Zeiten im Himmel wie auf Erden, trifft auf Menschen, Lehren, Götter, Geister, Hexen und Magie. (Klappentext)

Rezension:

Im Unterricht oft genug zu Tode analysiert, bleibt von der ursprünglichen Magie so viel wie wenig, zuweilen gar nichts übrig, um so wichtiger ist die Übertragung von Klassikern in die Moderne, um Stoffe wie Goethes “Faust” auch in heutiger Zeit zugänglich zu machen. Mit diesem hat es der Zeichner Alexander Pavlenko versucht, in Zusammenarbeit mit Jan Krauß, der den Text behutsam in eine moderne Form übertragen hat. Entstanden ist eine zuweilen der Geschichte bedingt düstere, aber lesenswerte Graphic Novel, die den Geist der Vorlage wunderbar transportiert.

Über den Inhalt gibt es nicht mehr viel zu sagen. Auch hier sind es zwei Gegensätze, die verhandelt werden und Protagonisten mit mehr als den bloßen Ecken und Kanten, die miteinander und gegeneinander ringen, dabei die Grenzen des Möglichen austesten und erweitern. Sehen wir uns zuerst den Text an, sind sämtliche Dialoge und Aussprüche in die Moderne übertragen wurden, jedoch so vorsichtig, dass es nicht unangenehm auffällt, sondern im Gegenteil man hineingesogen wird in die Handlung, die all das Trockene verliert, was mitunter das klassische Drama für uns heutige Lesenden hat.

Der Kunstform Graphic Novel bedingt, fällt natürlich das bekannte Versmaß weg. Der Texter hat sich hier um eine geeignete Form bemüht, die funktioneirt, vielleicht auch verständlicher wirkt, ohne die Ebenen der Interpretationsspielräume, die uns Goethe nach Lehrmeinung hinterlassen hat, zu verlieren. Die kann man mitlesen, muss dies jedoch nicht, so dass ich geneigt bin, den Klappentext des Verlags zuzustimmen. Ja, diese Form funktioniert tatsächlich wie ein moderner Krimi. Handlungsstränge wurden entwirrt, Tempo durch Konzentration aufs Wesentliche hinein gebracht.

Träger sind hier die Zeichnungen aus der Feder von Alexander Pavlenko, der hier abgesehen von ebenso für andere Werke des Verlags gestalteten Covern im Scherenschnittstil hier sein ganzes Können zeigen darf. Düster sind die einzelnen Panels gehalten, welches die Grundstimmung, zuweilen die Unruhe und Getriebenheit der Hauptfigur unterstreicht, welche sich vom oft schwarz gehaltenen Hintergrund abhebt. Wichtiges wird durch Detailreichtum hervorgehoben, während anderes manchmal fast nur schematisch gehalten wird. Pavlenko hat hier mit schnellen Strich und beschränkter Farbpalette gearbeitet. Es braucht nicht viel, um zu beeindrucken. Hier ist weniger mehr und das funktioniert gut.

Die Handlung orientiert sich an der Vorlage, während der Spagat, diese in die Morderne zu übertragen in diesem Zusammenspiel gelingt, ohne die Idee zu verraten oder gar, auch schon gesehen, ins Satirische abzugleiten. Auch wenn es ein wenig Wunschdenken ist, würde man diese Version, vielleicht nicht stattdessen aber parallel im Schulischen behandeln, kann ich mir durchaus vorstellen, dass Goethes Drama auch heute noch zugänglich ist. Ohne Interpretationshilfen bedienen zu müssen oder einen Text so sehr auseinander zu nehmen, bis dieser nicht mehr lebt. Pavlenko und Krauß erreichen mit ihrer Version genau das Gegenteil.

Autoren:

Alexander Pavlenko wurde 1963 in Ryazan geboren und studierte zunächst Trickfilmkunst, bevor er für verschiedene Filmstudios in Moskau arbeitete. Seit 1992 lebt er in Deutschland und illustrierte Comics, Science-Fiction und Abenteuerromane, die in verschiedenen Ländern veröffentlicht wurden. Seine Zeichnungen waren zudem Stücke verschiedener Ausstellungen.

Jan Krauß studierte Politologie, Romanistik und Philosophie und veröffentlichte mehrere Werke, wie z. B. das Kinderbuch “Thors Hammer”. Er lebt in Frankfurt/Main.

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Bruno Preisendörfer: Deutschland 1 – Als Deutschland noch nicht Deutschland war

Als Deutschland noch nicht Deutschland war Book Cover
Als Deutschland noch nicht Deutschland war Reihe: Deutschland – 1 Sachbuch Galiani Berlin Hardcover Seiten: 518 ISBN: 978-3-86971-110-2

Inhalt:

Eine Zeitreise in das deutsche 18. Jahrhundert als es ein Deutschland noch gar nicht gab. Vielmehr gab es viele verschiedene Regionen, Staaten und Städte, ein loses Gebilde voller Grenzen.

Es ist die Zeit, in der große Männer Kulturgut schufen, in der die großen Philosophen Kant und Schopenhauer wirkten und der Merkantilismus als Wirtschaftsform dominierte. Es ist die Zeit des Wandels und des Aufbruchs, gleichwohl immer noch ein harter Alltag im Leben der Menschen. Doch, wie lebten sie, die einfachen Leute und die Adligen zu dieser Zeit? Welche Kleidung trugen sie, was gab es zu essen, welche Moral- und gesellschaftlichen Vorstellungen prägten sie?

Bruno Preisendörfer nimmt den Leser auf eine spannende Zeitreise durch eine prägende Epoche. (eigener Text)

Bücher der Reihe:

Bruno Preisendörfer: Deutschland 1 – Als Deutschland noch nicht Deutschland war

Bruno Preisendörfer: Deutschland 2 – Als unser Deutsch erfunden wurde

Bruno Preisendörfer: Deutschland 3 – Als die Musik in Deutschland spielte

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Rezension:

Wie lange quälen Deutsch-Lehrer ihre Schüler eigentlich im Schnitt mit den allgemein als Klassikern akzeptierten Werken von Goethe, Schiller und anderen?

Wie viele Schüler verzweifeln an der Philosophie Kants und Schopenhauers und wie vielen wird die Lust am Lesen genommen, dadurch, dass in jedes Komma und jeden Punkt mehr hinein interpretiert wird als tatsächlich drinsteckt? Zu vielen.

Spannender ist es dann doch, in die Zeit einzutauchen, zu erleben, unter welchen Umständen Goethe und seine Zeitgenossen lebten, we´lche probleme die Ärmsten unter den Armen zu bewältigen hatten und für welche fortschrittlichen ideen damals in Gesellschaft, Wissenschaft und Kultur Grundsteine gelegt wurden.

Bruno Preisendörfer nimmt uns mit auf diese Zeitreise und lässt uns den Alltag im Noch-nicht-wirklich-Deutschland nachempfinden und erzählt, pointen und zitatereich vom Leben der Menschen im 18. jahrhundert.

Er beschreibt gesellschaftliche Konflikte durch Standesunterschiede, macht Geschichte fassbar, begleitet den Delinquenten zum Galgen und den Knecht oder Handwerker durch Arbeit, Eheleben bishin zum Tod. Und für manchen läuft es auf’s Gleiche hinaus, wenn die Frau und Kinder an Pocken oder anderen Krankheiten sterben.

Doch, es ist auch die Zeit des Fortschritts. Der Blitzableiter wird erfunden, Nachttöpfe dürfen nicht mehr allenthalben auf den Straßen entleert werden und Berlin bekommt die erste Straßenbeleuchtung. Impfungen werden entwickelt, Krankenhäuser entstehen. Auch das ist die Goethe-Zeit, die sich nicht nur auf Weimar beschränkt.

Der Autor beschreibt dies alles sehr detailliert, gestützt auf eine Unmenge von Quellen, die er ausgiebig nutzt und damit mehr erreicht als jeder Deutsch-Lehrer, der nur interpretieren möchte.

Er macht greifbar, was heute längst vergessen aber die nachfolgenden Jahrhunderte entscheidend mitgeprägt hat. Preisendörfer zitiert ausführlich aus Zeitungen, Tagebüchern und Korrespondenzen jener Zeit, durchstöberte Archive und statistischen Überlieferungen.

Herausgekommen dabei ist ein durchaus flüssig zu lesendes Sachbuch welches gleichzusetzen ist mit historischen Standardwerken, die Politik aber außenvor lässt und dafür die Bauern, das Klein- und Großbürgertum und das Leben des Adels beschreibt.

Lesenswert allemal, logisch gegliedert, stockt der Lesefluss dann doch an manchen Stellen. Zitate können schwierig zu greifen sein, wenn sie ausführlich sind. Man erfährt vieles, was man vielleicht noch nicht wusste, entdeckt bekanntes und kurioses.

Der Leser lebt mit Goethes Zeitgenossen mit, ist glücklich, arbeitend, kämpferisch, mal arm, mal reich, mal lebensfroh, dann wieder leidend. Nicht auf die Lektüre natürlich bezogen, keiner muss dann einem “Werther” folgen (siehe Goethe) aber kann danach durchaus in Gedanken an Kant und Schopenhauer philosophieren. Das hat doch was.

Autor:

Bruno Preisendörfer wurde 1957 in Kleinmostheim/Unterfranken geboren und ist ein deutscher Sachbuch- und Belletristik-Autor. Nach dem Abitur studierte er Germanistik, Politikwissenschaften und Soziologie und zog 1982 nach Berlin.

Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit arbeitete er als Redaktionsleiter einer Magazin-Zeitung und war von 1995-1999 Redakteur bei der Zeitschrift “Freibeuter”. Er erhielt 1998 den Würth-Literaturpreis und 2016 für sein Buch über die Lutherzeit den NDR-Kultur Sachbuch-Preis.

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