Diktator

Christoph Marx: Mugabe – Ein afrikanischer Tyrann

Mugabe - Ein afrikanischer Tyrann Book Cover
Mugabe – Ein afrikanischer Tyrann Christoph Marx C.H. Beck Erschienen am: 29.08.2017 Seiten: 333 ISBN: 978-3-406-71346-0

Inhalt:

Robert Mugabe ist der ewige Diktator. Seit 1980 regiert er Simbabwe, das sich unter seiner Herrschaft von der Schweiz Afrikas in ein Armenhaus verwandelte. Die Korruption blüht, die Opposition wird unterdrückt. Sehr viel Blut klebt an seinen Händen.

Ungeschönt und anschaulich erzählt Christoph Marx das Leben dieses ebenso intelligenten wie skrupellosen Diktators, dem vom Anfang an jedes Mittel recht war, um seine alles überschattende Machtgier zu stillen. (Klappentext)

Rezension:

Ein unbekannter Fleck auf der Landkarte, zumindest für Nichtafrikaner, bildet sicherlich der direkte Nachbar Südafrikas. Während das Land am Kap nach dem Ende des Apartheidregimes sich zum wirtschaftlichen Tiger des Kontinents entwickelte, mit allen Stärken und Schwächen natürlich, macht Simbabwe anhaltend mit Negativschlagzeilen von sich reden.

Die Korruption blüht bis in die höchsten Ebenen, die Bevölkerung wird massiv unterdrückt, Folter und Gewalt sind an der Tagesordnung, Hunger und Krankheiten und eine am Boden liegende Infrastruktur (so überhaupt vorhanden) tun ihr Übriges. Wie konnte es dazu kommen?

Wie konnte ein Land mit allen Chancen und Möglichkeiten, nach der Übergabe der Macht durch die britischen Kolonialherren, sich zum Brennpunkt des südlichen Afrikas verwandeln und zum Symbolbild menschlichen Versagens werden?

Diesen Fragen geht Christoph Marx nach. Der anerkannte Historiker entwirft die Biografie dieses eigentlich faszinierenden Landes und analysiert den Werdegang eines Mannes, der vom Hoffnungsträger zum Totengräber wurde.

Robert Mugabe, einst Lehrer, nutzt Zufälle und Chancen und erlangt schließlich die volle Macht im Staate, setzt seine Vorstellungen von Politik um, die nur darauf abzielten, die absolute Kontrolle zu erlangen und erhalten, und steigt damit in eine Riege von Tyrannen auf, die ihres Gleichen suchen.

Wie konnte ein unerfahrener, anfangs unpolitischer und sehr intellignter Mensch, sich zum Despoten und Fanal eines ganzen Volkes entwickeln? Welche Mechanismen und Eigenheiten Simabwes nutzte Mugabe, um politische Gegner unter Kontrolle zu halten oder auszuschalten?

Warum waren oder sind die Regierungen der Weltgemeinschaft lange blind vor den Brutalitäten eines über die Jahre aufgebauten Terrorregimes und was kommt eigentlich nach Mugabe? Gibt es eine Zukunft für Simbabwe?

Christoph Marx’ Analyse und Biografie spart nicht an Kritik und ist dabei sehr detailliert. Auf zahlreichen Quellen aufbauend und mit einer genauen Kenntnis der Situation in der Vergangenheit und Gegenwart zeichnet er den Weg Mugabes nach, der bezeichnend ist und stellt die Folgen in allen Facetten dar.

Da davon ausgegangen werden muss, dass dem gemeinen Leser die Ausgangssituation für Simbabwe und Mugabe selbst, nahezu unbekannt ist, wird diese kleinteilig, nie langweilig beschrieben.

Personengeschichte in ihrer spannensten Form, die zeigt, wie persönliche Ereignisse das Schlechteste im Menschen hervorbringen und sogar eine ganze Nation ins Unglück stürzen können.

Mugabes Bilanz, zeigt der Historiker, ist niederschmetternd. Die Biografie zeigt ihn, der Jahre lang als Hoffnungsträger gehandelt wurde, in einem kritischen und realistischeren Licht, welches man sich unbedingt vor Augen führen muss.

Der Diktator wird bald, mindestens biologisch bedingt, abtreten müssen. Kämpfe um seine Nachfolge sind längst entbrannt. Christoph Marx räumt schon jetzt mit so einigen geschönten Bildern auf und zeigt Mugabe, wie er zu dem wurde, was er ist. Ein afrikanischer Tyrann, nichts anderes.

Autor:

Christoph Marx wurde 1957 in Landau in der Pfalz geboren und ist ein deutscher Historiker. Er studierte Geschichte und Musikwissenschaft in Freiburg, sowie in Südafrika und promovierte im Jahr 1987. 1996 folgte die Habilitation, seit 2002 ist er Professort für Außereuropäische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen.

Schwerpunkte seiner Arbeit bildet die Geschichte der Apartheid in Südafrika, sowie die Kolonialgeschhichte Afrikas und die Geschichte Simbabwes. Er ist Mitglied der Vereinigung der Afrikawissenschaften in Deutschland, sowie Autor und Mitherausgeber für mehrere Fachpublikationen im Bereich seiner Forschungsgebiete.

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Julia Gerlach: Der verpasste Frühling

Der verpasste Frühling Book Cover
Der verpasste Frühling Julia Gerlach Rezensionsexemplar/Sachbuch Erschienen am: 01.05.2016 Seiten: 248 ISBN: 978-3-86153-868-4

Inhalt:

2011 schien in der arabischen Welt eine neue, demokratische Zeit anzubrechen. Der ägyptische Aufstand gegen Mubarak auf dem Kairoer Tahrir-Platz war dafür ein besonders starkes Signal.

Heute sitzen viele der damaligen Aktivisten im Gefängnis, alte und neue Diktatoren sind an der Macht, Millionen Menschen fliehen vor Bürgerkrieg, Hoffnungslosigkeit und den Mördern des sogenannten Islamischen Staates. Julia Gerlach hat Aktivisten der Revolution, Islamisten, Politiker und ganz normale Menschen in der Region über Jahre begleitet und befragt.

So gelingt ihr eine ebenso persönliche wie informative Beschreibung der Ereignisse, die zum Scheitern der hoffnungsvollen Anfänge führten. Ein spannender, differenzierter Einblick in die jüngste arabische Geschichte, die uns mehr denn je betrifft. (Klappentext)

Rezension:

Die arabische Welt ist für den Durchschnittsbürger Europas schwer zu fassen, zumal nach den Umwälzungen im Jahr 2011, die die Staaten Nordafrikas, den Jemen und Syrien und ihre Menschen vollkommen verändert haben.

Julia Gerlach gibt uns einen Einblick in diese, mittlerweile abschreckende, Welt aus Angst und Hoffnungslosigkeit, welche Freude und Tatendrang in Bezug auf die gestürzten Diktaturen Tunesiens, Ägyptens, Libyens, des Jemen und Syriens abgelöst haben.

Seit Jahren reist sie zwischen den in Chaos, Korruption und Machtkämpfen versinkenden Ländern hin und her, trifft Menschen aller politischer und beruflicher Coleur und Glaubensrichtungen, unterhält sich und hört zu.

Herausgekommen ist ein faszinierendes Portrait einer Region, ein festgehaltenes Stück Zeitgeschichte und vor allem das Festhalten von menschlichen Empfindungen.

Mittlerweile muss man suchen. Zwischen schwarzmalerischen Berichten und einseitigen Lektüren, die nicht einmal ansatzweise als ausgewogen zu bezeichnen sind, wirkt dieses Sachbuch sehr wohltuend.

Reflektiert und möglichst alle Seiten der Medaille “friedlicher Revolution in der arabischen Welt” beleuchtend, stellt die Journalistin eine schonungslos ehrliche, jedoch keineswegs nüchtern kalte Analyse der Ereignisse dar, die zu den Umbrüchen in einer Region führten, die man dort nicht erwartet hätte.

Quasi Alleinherrscher wie Mubarak oder Ben Ali wurden gestürzt, die Menschen kosteten für einen kurzen Moment den Geschmack der Freiheit, doch woran scheiterte, was so hoffnungsvoll began?

Weshalb ließen sich die Studenten, einfachen Menschen die Zügel des Umschwungs aus der Hand nehmen, weshalb gibt es heute mehr alt-neue Regierungen als wirklich bleibende Neuerungen und welche Errungenschaften des Volkswillens haben es geschafft, bis in die heutige Zeitz herüber gerettet zu werden?

Anhand von Personen sich durch die Chronik der Ereignisse zu hangeln, könnte man der Autorin zum Vorwurf machen. Sie bleibt nicht neutral, sondern bezieht standpunkte, in dem sie alle Seiten zu Wort kommen lässt und damit alte Machtstrukturen entlarvt, die mit blauen Auge als Sieger aus der Revolution in Arabien hervorgegangen sind. Vielleicht ein letztes Mal?

Julia Gerlach nimmt Position ein, öffnet sich aber auch für andere Meinungen und beobachtet ihren Freudneskreis, ihre Kontaktpersonen genau.

Herausgekommen ist ein Zeitdokument, welches es in sich hat und gerade heute gelesen werden sollte. Hier finden sich die Ursachen, warum so viele junge Araber ihre Länder verlassen und den Blick auf das Mittelmeer gen Norden richten.

Hier wird der Kampf und Selbstfindungsprozess von Nationen beschrieben, deren mehrheitliche Bevölkerungen sich wieder die alten vorrevolutionären Zustände zurücksehnt und eine junge Generation portraitiert, die die Hoffnung auf eine bessere Zukunft innerhalb ihrer eigenen Länder noch nicht aufgegeben hat.

Flüssig zu lesen und aufgrund kurzer übersichtlicher Kapitel, vielen Erklärungen, keinesfalls schwere Sachbuchlektüre, die ungewöhnlich gut recherchiert und fassbar ist. Nicht zuletzt durch die schiere Zahl der interviewten Personen und der Beachtung verschiedener Positionen.

Keine absichtliche Schwarzmalerei, nur nüchterne Betrachtungen, kein erhobener Zeigefinger. So ausgewogen sollte Sachbuchliteratur, gerade zu sensiblen Themen sein und dies hat Julia Gerlach hervorragend hinbekommen.

Ein Spagat, der hätte schiefgehen können, hier hervorragend funktioniert. Pflichtlektüre für alle, die sich einen Überblick über die Gesamtsituation, insbesondere die in Ägypten, verschaffen und sich eine eigene Meinung bilden wollen. Unabhängig von der Hetze, die uns von vielen Bildschirmen und Zeitungen ins Gesicht springt.

Autorin:

Julia Gerlach wurde 1969 geboren und studierte Politik- und Islamwissenschaften, begann eine Ausbildung an der Berliner Journalisten-Schule und arbeitete für das ZDF-Studio in Kairo und beim heute journal. Sie hospitierte beim arabischen sender al-Dschasira und war von 2008-2015 als Korrespondentin für verschiedene deutsche Tages- und Wochenzeitungen tätig. 2006 erschien ihr erstes Buch.

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