Anschlag

Sven Felix Kellerhoff: Eine kurze Geschichte der RAF

Eine kurze Geschichte der RAF Book Cover
Eine kurze Geschichte der RAF Autor: Sven Felix Kellerhoff Klett-Cotta Erschienen am: 22.02.2020 Seiten: 208 ISBN: 978-3-608-98221-3

Inhalt:

Die RAF hatte dem Rechtsstaat den Kampf angesagt. Sie stürzte die Bundesrepublik in ihre bis dahin tiefste Krise. Welche Rolle spielten die Baader-Meinhof-Anwälte? Warum wurde an den Mythos der “Vernichtungshaft” geglaubt?

Wie machte die RAF nach dem “Deutschen Herbst” 1977 weiter? Der Autor zieht pointiert Bilanz und enthüllt die konzise Gesamtgeschichte des Linksterrorismus in Deutschland, der schonungslos gegen die Demokratie ins Feld zog. (Klappentext)

Rezension:

Aus kleinen Teilen einer Portestbewegung heraus entstand Ende der 1960er Jahre eine Terrororganisation, die mehr als dreißig Jahre die Bundesrepublik in Atem hielt, die Gesellschaft und den Rechtsstaat herausfordern sollte.

Zunächst getragen von Sympathien, anfangs von Teilen der Studentenschaft und Intellektuellenkreisen, verschaffte sie sich durch Anschläge auf Personen und Institutionen der Medienwelt, Wirtschaft und Politik Aufmerksamkeit, doch bröckelte der Rückhalt mit den Jahren, spätestens aber mit der Nacht von Stammheim zusehens.

Immer schwieriger wurde es, für vermeintliche und tatsächliche Ziele Personal zu requirieren und so lief die als “Proejekt Stadtguerilla” gegründete Terrororganisation nach drei Generationen aus.

Die Rote Armee Fraktion scheiterte an der Gesellschaft und Hartnäckigkeit des Staates. Viel ist darüber geschrieben wurden, über die Täter und die Entwicklung dieser Bewegung, nicht zuletzt in den Monumentalwerken Stefan Austs und Butz Peters, die damit Standartliteratur geschaffen haben.

Doch, ist es möglich, die Perspektive der Opfer einzunehmen und eine Kurzfassung darüber zu schreiben? Sven Felix Kellerhoff hat dies versucht.

Knapp 208 Seiten umfasst das vorliegende Werk, wenn man Inhalts- und Quellenverzeichnisse mitzählt und so erhält man eine wahrhafte Kompaktfassung, die mit “Eine kurze Geschichte der RAF” dies auch im Titel deutlich macht.

Das knapp gehaltene Sachbuch umfasst die wesentliche Geschichte der die Bundesrepublik Deutschland prägenden Terrororganisation, die an ihren beteiligten Personen, der Politik und letztendlich auch an der Gesellschaft scheitern sollte. Die Recherchearbeit merkt man dem Autoren an.

Es ist jedoch schade, dass es ihm nicht so gelungen ist, wie auf den ersten Seiten geschildert, hier den Opfern der Anschläge genug Raum zu geben.

Doch ist es erstaunlich, auf wie wenig Seiten sich die Geschichte der RAF raffen lässt, die selbst heutzutage kaum lesbare Pamphlete als Rechtfertigung für ihre Anschläge schrieb.

Kellerhoff zeichnet so knapp wie möglich die Entwicklung der Roten Armee Fraktion nach, wie es wohl kaum einem Autoren vor ihm gelungen ist. Viel neues wird einem Kenner der Materie jedoch nicht begegnen. Gut recherchiert ist es jedoch und so nah geschrieben, dass es sich als Einführung gut lesen lässt, was nun im Klett-Cotta Verlag erschienen ist.

“Eine kurze Geschichte der RAF” ist Einführungsliteratur, nicht mehr, jedoch auch nicht weniger. Wer sich jedoch weitergehend informieren möchte, etwa zu Mogadischu, den Anschlag in Stockholm oder den vorangegangenen Ereignissen der Gründung der RAF sollte auf andere Literatur umschwenken, bzw. diese nachfolgend lesen.

Nichts destotrotz wird Kellerhoff künftig im Kanon der Geschichtsliteratur zur Roten Armee Fraktion zu Recht zu finden sein.

Autor:

Sven Felix Kellerhoff wurde 1971 in Stuttgart geboren und ist ein deuterscher Journalist, Historiker und Autor. Nach der Schule studierte er an der Freien Universität Berlin Neuere und Alte Geschichte, Publizistik und Medienrecht.

Er arbeiete zunächst für verschiedene Zeitungen und Fernsehsender, absolvierte 1997/1998 die Berliner Journalisten-Schule. Seit 1998 arbeitet er für den Axel Springer Verlag. Dort war er von 2000-2002 Leiter der Wissenschaftsredaktion der Berliner Morgenpost und danach Verantwortlicher für die Kulturberichterstattung.

Seit 2003 ist er leitender Redakteur für Zeit- und Kulturgeschichte der Welt und Berliner Morgenpost. Seit 2012 ist er verantwortlich für den Geschichtskanal der Welt/N24.

Kellerhoff ist Autor verschiedener Sachbücher und war von 2005-2008 Beisitzer im Vorstand des Landesverbands Berlin des Deutschen Journalisten-Verbands.

Sven Felix Kellerhoff: Eine kurze Geschichte der RAF Read More »

Catherine Bruton: Der Nine Eleven Junge

Der Nine Eleven Junge Book Cover
Der Nine Eleven Junge Autorin: Catherine Bruton Jugendbuch Bastei Lübbe/Baumhaus Hardcover (vergriffen) Seiten: 385 ISBN: 978-3-8339-0032-7
Verlinkt ist das E-Book.

Inhalt:

Ben war erst zwei jahre alt, als sein Vater bei den Anschlägen auf das World Trade Center ums leben kam und hat kaum Erinnerungen an ihn. Seitdem Ereignis hat er eine Sonderstellung, ist der Nine-Eleven-Junge. Zusammen mit seinem Cousin Jed verbringt er den Sommer bei seinen Großeltern und mit den Nachbarsmädchen Priti möchten sie Helden sein.

Held ist, wer Ehrenmorde verhindern kann und Terroristen schon von Weitem erkennt. Doch, wie so oft, kommt alles anders als man denkt. Ein Roman über die Folgen des 11. September für unser Denken in der Gesellschaft, über Trauer und Verlust, Vergessen, Familie und Freundschaft, Vorurteilen und falschen Verdächtigen, der zeigt, wie Nine-Eleven bis heute nachwirkt. (eigene Inhaltsangabe)

Rezension:

Zunächst ist es immer hilfreich, wenn sich ein Roman irgendwie in ein Genre einordnen lässt, doch diesen Gefallen tut uns Catherine Bruton mit ihrem Debüt nicht wirklich. Zwar wird „Der Nine Eleven Junge“ als Jugendbuch vertrieben, in der deutschen Übersetzung von Dietmar Schmitt als ein Imprint von Bastei Lübbe, doch kann man dieses Werk auch viel weiter fassen.

Vom Alter der Protagonisten her ist es eher an der Schwelle zum Jugendbuch einzuordnen, ansonsten All-Age-Literatur, mit ihrer Thematik ohnehin speziell.

Erzählt wird die Geschichte des zwölfjährigen Ben, der mit seinem ein Jahr älteren Cousin Jed und den Nachbarsmädchen Priti einen unvergesslichen Sommer verbringt. Alle drei haben einen besonderen Hintergrund, allen voran der scharf gezeichnete Hauptprotagonist, dessen Vater als einer der wenigen britischen Staatsbürger bei den Anschlägen auf das World Trade Center 2001 ums Leben kam.

Ben hat seitdem eine Art Sonderstellung, aber auch Jed und Priti haben jeweils ihre eigene Geschichte und freunden sich, so ungleich sie auch sind, miteinander an. Die Autorin erzählt dabei von Suche und Wahrheitsfindung, Verarbeitung und falschen Verdächtigungen, Schuld und in wie fern dieses schreckliche Ereignis auch heute noch wirkt.

Die Sprache der Protagonisten, nicht des Romans, ist zuweilen plump und bleibt oberflächlich, dennoch hat Catherine Bruton wandlungsfähige Protagonisten geschaffen und sich parallel entwickelnde Handlungsstränge, wobei der Fokus ganz klar auf die drei angehenden Teenies angelegt ist. Leider kommt dabei der erhobene Zeigefinger nicht allzu kurz, jedoch ist dieses Element der, aus der Ich-Perspektive geschriebenen, Geschichte vielleicht auch typisch für ein Jugendbuch, welches die Autorin wohl geschaffen haben wollte.

Die Handlung an sich ist schlüssig, hat aber einige Schwachstellen. Diese sind schon in den Charaktereigenschaften der Protagonisten angelegt, die gerade am Beginn der Geschichte einen gewissen Nervfaktor besitzen.

Davon abgesehen jedoch, liest sich der Roman flüssig und schnell, hat als kleinen Clou sogar am Ende einen Manga-Comic eingebaut, verbindet damit ohnehin schon verschiedene Genre der Literatur. Der Comic selbst spielt mit seiner Entstehung eine entscheidende Rolle im Buch, ist das Produkt der Verarbeitung der Geschehnisse um den Hauptprotagonisten. Mehr soll und kann nicht verraten werden.

Es lohnt sich jedoch, beide Teile als Einheit zu betrachten.

Die Geschichte mit Schwächen handelt von Freundschaft und Vertrauen, Verstehen wollen und Verarbeitung, jedoch auch von falschen Verdächtigungen und was sie auslösen. Catherine Bruton zeigt, wie dieses Ereignis teilweise immer noch das Denken der Gesellschaft prägt und welche Nachwirkungen daraus entstanden sind.

Nochmal, der Roman wird als Jugendbuch gehandelt, ist jedoch viel mehr. Als solche sollte er behandelt werden.

Autorin:

Catherine Bruton studierte in Oxford und unterichtete später selbst als Lehrerin. Für Online Portale und angesehene Zeitungen und Magazine, wie The Times oder the Guardian arbeitete sie als Journalistin. Mit ihrer Familie lebt sie in London. Dies ist ihr erstes Jugendbuch.

Catherine Bruton: Der Nine Eleven Junge Read More »

Alexander Oetker: Zara & Zoe – Rache in Marseille

Zara & Zoe - Rache in Marseille Book Cover
Zara & Zoe – Rache in Marseille Rezensionsexemplar/Thriller Droemer Taschenbuch Seiten: 328 ISBN: 978-3-425-30715-1

Inhalt:

Ein Zwilling, der keine Regeln brechen darf.

Ein Zwilling, der keine Regeln kennt.

Zusammen kämpfen sie gegen erbarmungslose Terroristen.

Gesetz und Gewalt – vereint in zwei Schwestern. Die eine Cop – die andere Mafiosa.

Um eine Katastrophe zu verfindern, müssen sie die Rollen tauschen.

Ihr Kampf gegen fanatischen Terror wird zum epischen Showdown zwischen Gut und Böse.

(Klappentext)

Rezension:

Thriller, die von der ersten Seite an, ein schnelles Tempo vorlegen, haben es zumeist in sich, so auch das vorliegende Szenario von Alexander Oetker. Der Frankreichkenner, Journalist und Schriftsteller entführt den Leser nach Marseille, in die Tiefen der Banlieues, grauer Vorstädte, die sich längst jeder staatlichen Kontrolle entzogen haben, Korruption, Drogenhandel und Terrorismus ihre Brutstätten haben.

Im vorliegenden Band ermitteln die scharf gezeichneten Protagonisten, die Europol-Beamten Zara von Hardenberg und ihr Kollege Isaakson. Was zunächst wie ein Mord mit Anhängsel aussieht, entwickelt sich jedoch schnell zu einem Fass ohne Boden. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, für den Zara ihre ärgste Feindin einspannen muss. Ihre eigene Schwester.

So viel zur Handlung, von der man mehr nicht verraten sollte, die jedoch durchaus trägt und einen kontinuierlichen Spannungsbogen praktisch garantiert. Rasant geschrieben, hat der Autor hier genau das richtige Maß zwischen den wichtigen Details und unwichtigeren Geplänkel gefunden. Positiv auffallend ist dabei, dass alle Protagonisten verschiedene Fascetten aufweisen. Das reine Gut-Böse-Schema gibt es nur auf den ersten Blick.

Auch Orts- und Milieubeschreibungen gehören zu den Pluspunkten des Autoren. Man nimmt dies dem Autoren ab und verliert sich in die Gluthitze der Stadt am Mittelmeer, die anscheinend mehr Schatten- als Sonnenseiten vorzuweisen hat. Nichts rät eher ab, doerthin zu reisen, als dieser thriller. Kurze und prägnante Kapitel laufen in wechselnder Perspektive einem Showdown entgegen, der einen großen Knall schon früh erahnen lässt.

Dort wird es indes kritisch. Gerade das Endszenario kann ich dem Schriftsteller nicht abnehmen. Zu unglaubwürdig, zu schnell und zu kurz erzählt. Was am Anfang noch funktioniert, reicht mit Fortschreiten der Seitenzahl nicht aus, um gerade ständige Krimileser bei Stange zu halten und zu überzeugen. Die Geschichte wirkt dann wie ein Fernsehfilm, den man mal gesehen, dann jedoch schnell wieder verdrängt hat.

Das ist schade, da viele Themen aufgegriffen werden, die man detailliert hätte verarbeiten können. Die Chancenlosigkeit in den Vorstädten, Radikalisierung, Terrorismus, organisierte Kriminalität, das Drogenmilieu, Mafiabande, um nur einige zu nennen. Das wird alles angeschnitten und im Schnelldurchlauf zusammengefügt, reicht jedoch nicht. Vielleicht hätte man sich hier auf weniger konzentrieren, dies jedoch ausfühlicher verarbeiten können.

Im letzten Viertel fehlt der Biss, jedoch würde ich gerne mehr über die einzelnen Protagonisten erfahren und damit weitere Fälle lesen. Gegen den Auftakt als Reihe, hätte ich nichts. Dann könnte der Autor diese Schwächen mit einer stärkeren Fortsetzung wettmachen.

Autor:

Alexander Oetker wurde 1982 geboren und ist ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Er begann Sozial- und Politikwissenschaften zu studieren und beendete dies jedoch nicht, arbeitete v on 1998 bis 2000 freiberuflich für die Berliner Zeitung. Danach arbeitete er für die Mediengruppe RTL und war von 2005-2007 Berlin-Korrespondent.

Von 2008 an, leitete er das Westeuropa-studio und berichtete für RTL/n-tv/Vox aus Paris. Seit 2012 ist er politischer Korrespondent in Berlin. 2017 erschien sein erster Kriminalroman. Oetker schreibt unter eigenen Namen, sowie unter Pseudonym und lebt mit seiner Familie in Berlin.

Alexander Oetker: Zara & Zoe – Rache in Marseille Read More »

Asne Seierstad: Einer von Uns

Einer von Uns Book Cover
Einer von Uns Asne Seierstad Kein & Aber Verlag Erschienen am: 28.04.2016 Seiten: 544 ISBN: 978-3-0369-5740-1

Inhalt:

Wie konnte sich anders Breivik, der im wohlhabenden Westen aufwuchs, zu einem perfiden Terroristen entwickeln? Asne Seierstads ausgezeichnetes Buch ist gleichzeitig psychologische Studie und literarisches True Crime, gleichzeitig Würdigung der opfer und eine messerscharfe Analyse einer Tat, die sich jederzeit und überall wiederholen könnte. (Klappentext)

Rezension:

Wenn es einen europäischen 11. September gibt, so ist es wohl der 22. Juli für Norwegen, der die Gesellschaft des skandinavischen Landes in ihren Grundfesten erschütterte. Die Bevölkerung, sonst für Offenheit und Toleranz bekannt, befand sich in einer Art Schockstarre, als die Bilder eines zerstörten Osloer Regierungsgebäudes über die Fernsehschirme flimmerten, noch mehr, als die Nachrichten Schüsse auf der nicht weit entfernten Insel Utoya vermeldeten.

Die Opfer waren großteils Jugendliche. Insgesamt 77 Menschen starben. Unzählige wurden schwer verletzt und tragen an den Spätfolgen noch heute.

Die Journalistin und Autorin war in ihrer Funktion als Reporterin für eine Zeitung bei den Gerichtsprozess um den Attentäter Breivik anwesend und recherchierte weiter, als dieser längst verurteilt war. Seierstad wälzte Gerichtsakten und psycholigsiche Gutachten, sprach mit Weggefährten und ehemaligen Bekannt- und Freundschaften Breiviks, mit dessen Mutter und studierte die Schriften des Mannes, der die größte Tragödie der jüngeren norwegischen Geschichte ausgelöst hatte.

Sie wollte das Unverständliche zumindest nachvollziehen können und herausfinden, wie in einem wohlsituierten Land jemand zur Bestie werden konnte.

Eingängig geschrieben und in klare Abschnitte geteilt, liest sich das Werk, dessen Untertitel im Deutschen fälschlicherweise an eine Biografie denken lässt, als wäre man bei den Ereignissen dabei. Das ist dann vielleicht auch der drängenste Kritikpunkt. Ob man sich beim Lesen eines solchen Berichtes wie im Film fühlen soll, wage ich zu bezweifeln.

Das ist grenzwertig und diskussionswürdig. Genau so, wie der Untertitel, der im Original sich eben nicht nur auf den Täter selbst bezieht, sondern ausdrücklich die eigentliche Tat zum Thema nimmt. Damit funktioniert das Werk auch.

Die Autorin stellt dem Bösen gegenüber, die Biografien seiner Opfer und zeigt damit zugleich das Grundverständnis skandinavischer Gesellschaften auf, welches die Norweger auch nach den Attentat versucht haben, hochzuhalten. Ein Pluspunkt, vergisst Seierstad doch hier gerade nicht, dass die Leidtragenden zu oft außerhalb des Fokus’ geraten.

Mit einem Vor- und Nachwort rahmt sie ihre Recherchen ein, erklärt ihre Arbeits- und Herangehensweise, was die Verarbeitung widerum erklärt. Asne Seierstad wollte mit ihrem Werk “Rechtsextremismus entblößen, um ihn zu bekämpfen.” Für ihren Ansatz bekam sie dafür den Preis der Leipziger Buchmesse 2018 zur Europäischen Verständigung.

Autorin:

Asne Seierstad wurde 1970 in Oslo geboren und ist eine norwegische Schriftstellerin und Jornalistin. Sie studierte zunächst Russisch, Spanisch und Ideengeschichte, bevor sie für die Zeitung Arbeiderbladet tätig wurde. Von 1993-96 berichtete sie als Auslandskorrespondentin aus Russland, 1997 aus China.

Von 1998 an arbeitere sie als Kriegsreporterin in verschiedenen Konfliktregionen, darunter Serbien, Afghanistan und Tschetschenien. Ihre Berichte wurden im norwegischen und schwedischen Fernsehen gesendet. Ihre Werke wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Für “Einer von uns – Die Geschichte einesMassenmörders” erhielt sie 2018 den Preis der Leipziger Buchmesse zur Europäischen Verständigung.

Asne Seierstad: Einer von Uns Read More »

Rafael Kühn: Die 24 Stunden von Berlin

Die 24 Stunden von Berlin Book Cover
Die 24 Stunden von Berlin Rafael Kühn NOTschriften Erschienen am: 13.03.2017 Seiten: 160 ISBN: 978-3-945481-49-1

Inhalt:

Ein scheinbar islamistischer Bombenanschlag erschüttert Berlin. Erste Ermittlungen ergeben, dass drei weitere verborgene Sprengsätze am nächsten Morgen detonieren werden.

Während die Verantwortlichen in Polizei und Politik harte Entscheidungen treffen müssen, kommt der ermittelnde Kommissar Mertens dem wahren Plan der Attentäter auf die Spur – und ihm bleiben nur wenige Stunden, um eine noch viel größere Katastrophe zu verhindern… (Klappentext)

Rezension:

Innerhalb von Sekunden scheint das Leben in der quirligen Metropole still zu stehen. Eine Explosion in einer S-Bahn, die gerade in die Haltestelle einfährt, inmitten von Berlin, scheint die schlimmsten Befürchtungen wahr werden zu lassen.

Nun ist auch Berlin Ziel eines Terroranschlages geworden und in der Bevölkerung herrschen Angstzustände, die das Grausamste in den Menschen zum Vorschein kommen lassen. Mittendrin, Kommissar Mertens, der zufällig am Ort des Anschlags zugegen ist und damit unmittelbar zum Kreis der Ermittler gehört, die in den nächsten Stunden versuchen müssen, schlimmeres zu verhindern.

Denn, obwohl ein Attentäter schnell gefasst wird, scheint bald klar, es gibt noch mehr Bomben. Irgendwo in der Metropole, die praktisch gepflastert ist mit sich lohnenden Anschlagszielen.

Ein Thriller, der mit leisen Tönen beginnt, schnell Fahrt aufnimmt und mit seinem Erzähltempo ohne Irrwege auf den Punkt kommt. Dies ist der neue Thriller von Rafael Kühn, der sich zuvor als Drehbuchautor einen Namen gemacht hatte.

Bezeichnend, veröffentlicht wurden “Die 24 Stunden von Berlin” genau drei Monate nach dem ein Terroranschlag die lebendige Metropole an der Spree erschüttert hatte.

Doch, anders als in der Realität, wo die Ermittlungsbehörden und der Staat einen kühlen Kopf bewahrten, von Fehlern und nachrichtendienstlichen, sowie behördlichen Pannen einmal abgesehen, die aber zuerst keine Rolle spielten, entwirft hier der Autor ein Szenario von Fehlentscheidungen, die die Entscheidungsträger in Politik und bei den Ermittlungsbehörden durchaus auch hätten treffen und damit Deutschland in eine noch viel größere Katastrophe hinein manövrieren können.

Ein Szenario, ganz nach dem Geschmack eines gewissen Boulevard-Blattes, ein Was-wäre-wenn-Spiel, welches Gott sei Dank im Dezember 2016 so nicht eingetroffen ist.

Doch, Rafael Kühn nimmt eben diesen Gedanken auf. Was wäre, wenn die ermittelnden Behörden bei ihrer Suche nach möglichen weiteren Tätern oder Bomben nicht vorankommen würden? Wie weit würden sie gehen, um diese zu finden?

Und, wenn alle herkömmlichen Methoden scheitern oder zu viel Zeit kosten würden, wären Foltermethoden denkbar, um Geständnisse zu bekommen, die zur Aufklärung beitragen können? Was klingt, wie die Verhörmethoden von CIA und FBI, wird hier in Gedanken durchgespielt.

Siegt der Zwang, unbedingte Kontrolle erhalten zu müssen, über gewissen, Moral und Wertevorstellungen, die unser Land zusammenhalten?

Am sympathischsten unter den Protagonisten sind ausgerechnet die Figuren des Bundeskanzler Veits und des Hauptkommissar Mertens. Allen anderen Protagonisten mag man Karrierismus oder zumindest eine gewisse Portion Kalkül unterstellen.

Einerseits, zusammen mit dem Szenario, sehr positiv, hat man doch das Gefühl eine Art Konzept für ein Drehbuch in den Händen zu halten. Als kleiner Kurzthriller macht er sich gut, doch dadurch das nicht alle Figuren tiefergehend betrachtet werden, fehlt etwas.

Aufgrund des Tempos aber müssen zwangsläufig einige Ausarbeitungen auf der Strecke bleiben, die ich mir hier gewünscht hätte.

So bleibt im Kopf ein Szenario, welches zum Glück für Berlin nicht zur Gänze wahr geworden ist, da hier die Ermittlungsbehörden, unter anderen Voraussetzungen natürlich, einen anderen Weg gegangen sind.

Hoffen wir, dass sie auch weiterhin bei künftigen Ereignissen nicht mit dem Kopf durch die Wand gehen, sondern überlegt handeln. Rafael Kühns Thriller ist zumindest ein Plädoyer dafür (und damit dann doch dem Bouleward-Blatt ein Schnippchen schlagend) und alles in allem, mit ein paar Abstrichen, gelungenes Autorendebüt.

Autor:

Rafael Kühn wurde 1978 in Dresden geboren und realisierte ab 1998 als Drehbuchautor und Regisseur zahlreiche Kurzfilme. 2008 verzeichnete er mit “Das Verhör” sein Spielfilmdebüt. “Die 24 Stunden von Berlin”, ist sein erster Thriller in Buchform, welches 2017 erschien.

Rafael Kühn: Die 24 Stunden von Berlin Read More »

Ferdinand von Schirach: Terror

Terror Book Cover
Terror Theaterstück-Drehbuch Piper Hardcover Seiten: 176 ISBN: 978-3-442-71496-4

Inhalt:

Ein Terrorist kapert eine Passagiermaschine und zwingt die Piloten, Kurs auf ein voll besetztes Fußballstadion zu nehmen. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten schießt ein Kampfpilot der Luftwaffe das Flugzeug in letzter Minute ab, alle Passagiere sterben.

Der Pilot muss sich vor Gericht für sein Handeln verantworten. Seine Richter sind die Theaterbesucher, sie müssen über Schuld oder Unschuld urteilen. Ferdinand von Schirachs »Terror« ist ein Theaterstück von bedrückender Aktualität. Es stellt die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen. Werden wir uns für die Freiheit oder für die Sicherheit entscheiden? Wollen wir, dass die Würde des Menschen trotz der Terroranschläge noch gilt? … (Verlagstext)

Rezension:

Ein Gedankenspiel als Theaterstück aufgeführt. Eine vollbesetzte Passagiermaschine wird entführt und von Terroristen auf ein Stadion gelenkt, in welchem sich 70.000 Menschen befinden. Die Verantwortlichen haben nur Sekunden, um sich zu entscheiden.

Entweder das Flugzeug abzuschießen und damit ein paar 100 Menschen zu töten oder das Leben von 70.000 Menschen zu riskieren. Die Verantwortlichen handeln, schießen die Maschine ab und stehen nun vor Gericht. Sicher ist, die Verfassung, das Grundgesetz verbietet es Menschenleben gegen Menschenleben aufzuwiegen. Egal, wie viele sterben und wie viele dagegen gerettet werden können.

Die Menschenwürde ist unantastbar. Sicher ist auch, keiner kann wissen, ob es den Passagierern nicht doch gelingt, in letzter Minute die Entführer zu überwältigen und das Flugzeug unter Kontrolle zu bringen. Oder ob es nicht zuerst gelingt, das vollbesetzte Stadion zu evakuieren.

Immerhin gibt es Evakuierungspläne. Es kann aber auch niemand mit Sicherheit sagen, ob die Verantwortlichen nicht richtig gehandelt und reagiert haben. Und der Theaterzuschauer muss am Ende entscheiden. Verurteilung oder Freispruch?

Ferdinand von Schirach stellt mit diesem Theaterstück die Grundsätze unseres Denkens und unserer Moralvorstellungen auf Probe und so entschieden die Zuschauer in den allermeisten Vorführungen, den Angeklagten Herr Koch, Major der Luftwaffe freizusprechen. Der Abschuss zwar nicht mit dem Grundgesetz vereinbar aber eben doch in dem Moment die richtige Option. Nur in einer Aufführung bisher wurde der Angeklagte von den Zuschauern frei gesprochen.

Im vorliegenden Buch, Drehbuch zum Theaterstück kann man, wenn man keine Chance hatte, das Theaterstück zu verfolgen, der Verhandlung beiwohnen und selbst entscheiden, ob man der Argumentation des Angeklagten und seines Verteidigers oder eher der staatsanwältin und der Nebenkläger folgt. Gute Argumente gibt es für beide Seiten.

Schirach hat dabei das Drehbuch so entworfen, dass man sich als Leser nicht vom Autor zu einer Antwort, die so einfach ja nicht ist, gedrängt fühlt, sondern nach dem Lesen erst einmal in Ruhe darüber nachdenken muss.

Das Für und Wider aller Beteiligten abzuwägen und dann eine Entscheidung zu treffen. Je nach dem, wie diese ausfällt, kann man dann entweder Freispruch oder Verurteilung lesen. Das Ende selbst bestimmen, gleichwohl es Bauchschmerzen verursacht. Egal, wie man sich entscheidet.

Der Schreibstil und der Wechsel, die aufgeführten Diskussionen lassen eine Gerichtsverhandlung sehr gut nachvollziehbar sein, auch für juristisch weniger versierte.

Technische und juristische Fachtermini, die auch mal vorkommen, letztere nicht so arg, werden für den Laien schnell geklärt, durch die Erklärungen der handelnden Personen. Das Drehbuch lässt sich als solches gut lesen. Man kann sich vorstellen, in der Gerichtsverhandlung zu sitzen. Ich habe mich nach langen Überlegungen für eine Verurteilung entschieden.

Autor:

Ferdinand von Schirach wurde 1964 in München geboren und ist ein deutscher Strafverteidiger und Schriftsteller. Schirach besuchte das Jesuiten-Kolleg St. Blasien und stuiderte in Bonn Rechtswissenschaften. Nach seinem Referendariat ließ er sich 1994 als Rechtsanwalt nieder und spezialisierte sich auf Strafrecht.

Er vertrat dabei den BND-Spion Norbert Juretzko und u.a. Günter Schabowski, und machte sich damit einen Namen als “Prominentenanwalt”.

Mit 45 Jahren veröffentlichte er erste Kurzgeschichten und avancierte schnell zu einem der erfolgreichsten deutschen Schriftsteller. Seine Bücher sind international Bestseller und erscheinen in über 40 Ländern.

Ferdinand von Schirach: Terror Read More »

Matt Ruff: Mirage

Mirage Book Cover
Mirage Matt Ruf dtv Erschienen am: 19.06.2015 Seiten: 492 ISBN: 978-3-423-21594-7 (eigentl. 2 1/2 Sterne)

Inhalt:

Das Attentat erschütztert die Vereinigten Arabischen Staaten (VAS) bis ins Mark: am 9.11.2001 fliegen zwei Flugzeuge in die Türme des Welthandelszentrums von Bagdad, ein drittes ins arabische Verteidigungsministerium in Riad, ein viertes stürzt in der Wüste ab.

Die wirtschaftliche Supermacht sagt dem Terror den Kampf an und besetzt die Ostküste von Amerika – ein unbedeutendes Entwicklungsland und vermutlich die Heimat der Terroristen.

Acht Jahre später, die Gefahr ist noch immer nicht gebannt, gelingt es Mustafa al-Bagdadi, Bundesagent für Innere Sicherheit, einen mutmaßlichen Selbstmordattentäter zu verhaften. Von ihm erfährt er Unglaubliches: In Wahrheit seien nicht die VAS die Großmacht, sondern Amerika!

Den ersten Beweis liefert die “New York Times” vom 12.9.2001, die man in der Wohnung des Terroristen findet: “Angriff auf die USA- Entführte Jets zerstören die Twin Towers und treffen das Pentagon”. Je weiter sich Mustafa und sein Team in Terror- und Spionagekreise vorwagen, desto mehr Fragen bleiben ohne verstandesmäßig erfassbare Antwort… (Klappentext)

Rezension:

Es ist ein interessantes Szenario, das Weltgeschehen einfach mal umzudrehen und diese Idee weiter zu spinnen. Was wäre wenn? Was wäre, wenn die arabische Welt Supermacht wäre und nicht die USA? Was wäre, wenn christliche Fundamentalisten dort einen Anschlag verübt und tausende Menschen getötet hätten?

Und was wäre, wenn sich die arabische Welt in ihrem Feldzug gegen den stattgefundenen Terror verheddert hätte? Was wäre, wenn Sadam Hussein ein zwielichtiger Geschöftsmann mit Verbindungen zur Politik und Osama Bin Laden Senator wäre und arabische Behörden im Streit der Zuständigkeiten um Meinungs- und Ermittlungshoheit kämpfen würden?

So liest sich der Roman von Matt Ruff in einer Mischung aus gesellschaftlichen Spiegel, Fiction und andersartiger Betrachtugn durchaus spannend, zumindest am Anfang. Dann jedoch, so schnell wie die Geschichte an Fahrt aufnimmt, tatsächlich nimmt der Anschlag selbst nur wenige Seiten ein, verliert das Szenario an Geschwindigkeit.

Wie in der realen Welt die Amerikaner, bleibt auch Matt Ruffs Roman buchstäblich im Wüstensand stecken und zeichnet sich vor allem durch Längen aus, die es zu überwinden gilt. Ob das nur ein interessanter Scachzug eben gleich der tatsächlichen Ereignisse ist oder ungewollt, bleibt jedem selbst überlassen.

Jedenfalls wird aus einem spannenden Fiction-Roman hier ganz schnell eine mäßig interessante Geschichte und das liegt nicht an den Beschreibungen skuriler Figuren. Sadam Hussein als gerissener Geschöftsmann hat schon was oder Bin Laden als sich einsetzender exentrischer Politiker.

“Mirage” ist ein Roman mit einer guten Idee, der sich beruhigt lesen lässt ohne die Terroranschläge an sich ins Lächerliche zu ziehen, doch hätte man aus der Geschichte mehr machen können.

Immerhin hat Jonathan Safran-Foer mit “Extrem laut und unglaublich nah” gezeigt, wie es sehr viel besser gelingt. So bleibt Ruffs Roman einer, den man gelesen haben kann aber nicht unbedingt muss. Leider.

Autor:

MattRuff wurde 1965 in Queeens/New York geboren und studierte nach der Schule Englische Literatur und Kreatives Schreiben. Er soll bereits mit fünf Jahren beschlossen haben zu schreiben. Seine Magisterarbeit im Studium war gleichzeitig seine erster Roman.

Inzwischen sind von ihm fünf Romane veröffentlicht wurden. 2012 die Parallelgeschichte zu den Terroranschlägen am 11. September. Für seine Romane erhielt Ruff einige Auszeichnungen, wie den Wahington State Book Award for Fiction.

Matt Ruff: Mirage Read More »