Amerikaner

Rudi van Dantzig: Der verlorene Soldat

Inhalt:

Erzählt wird die Geschichte eines elfjährigen Jungen, der -im letzten Kriegsjahr mutterseelenallein in ein winziges friesisches Fischerdorf evakuiert- nach der Befreiung durch die Amerikaner von einem jungen Soldaten in eine sexuelle Beziehung hineingezogen wird. Selten sind Kinderängste und verwirrte Gefühle so eindringlich, so offen und so einfühlsam beschrieben worden, und zwar aus der Sicht des Kindes. (Ausschnitt aus Klappentext)

Rezension:

Es gibt autobiografisch angehauchte Erzählungen, die so kompakt wie schwer lesbar sind, dass sie schon mit Erscheinen kontrovers diskutiert und dann beiseite gelegt werden. So muss es auch mit dieser des niederländischen Choreografen und Tänzers Rudi van Dantzig gewesen sein. “Der verlorene Soldat”, 1988 erschienen, ist heute in der Übersetzung von Helga van Beuningen nur mehr antiquarisch zu erwerben.

Worum geht es? Ein Amsterdamer Junge wird gegen Ende des Krieges auf’s Land geschickt, da in der Stadt ein Mangel an Lebensmittel herrscht und die Familie Sorgen hat, über die Runden zu kommen. Die Niederlande leiden unter dem Besatzungsregime, doch gibt es außerhalb der Stadt immer noch Möglichkeiten, so dass sich der kleine Jeroen bald bei einer friesischen Familie untergebracht findet.

Auf sich gestellt, hat er Probleme sich in die Gegebenheite, Sitten und Gebräuche seiner neuen Umgebung einzufinden. Nicht besser wird es, als der Ort von kanadischen Soldaten befreit wird. Einer der neuen Herren nimmt sich Jeroen an, ist beinahe zärtlich, doch schnell rutscht die bekanntschaft in ein Missbrauchsverhältnis ab, welches Jeroen kaum einzuordnen weiß. Instinktiv ahnt er, dass nicht richtig ist, was da passiert, doch mit jedem Kontakt wird die Verwirrung größer, die Grenze durchlässiger.

Die Beschreibung des Inhalts ist geschönt, wird der Autor in der Erzählung doch sehr explizit. Das Entstehen des Abhängigkeitsverhältnisses, explizite Missbrauchsszenen muss man lesen können, um den Roman durchhalten zu können.

Dies ist einer der Gründe, warum das Werk heute als problematisch angesehen werden kann, zudem, wenn bewusst ist, dass Rudi van Dantzig dies zu Teilen am eigenen Leib erfahren musste.

Die andere Fascette des jungen Protagonisten kommt jedoch eben so zum Tragen, wenn der Autor die Verwirrungen Jeroens herausstellt, der mit seinen eigenen Gefühlen und der aufkommenden Pubertät zu kämpfen hat, um am Ende nicht einmal mehr selbst zu wissen, vielleicht nur noch instinktiv, was gerade richtig ist und was definitiv falsch läuft. Der kleine Hauptprotagonist wird dadurch greifbar, für den Gegenpart, der den Jungen so ausnutzt, kann man nichts mehr als Unverständnis, Ekel und Verachtung empfinden.

Wer zu körperlich negativen Reaktionen neigt, sollte von der Geschichte Abstand nehmen, nicht einmal die kurz darauf erfolgte Verfilmung sich ansehen, die sehr viele explizite Szenen abschwächt.

Beschrieben wird ein fassbarer Zeitraum von etwa zwei Jahren aus einer einzigen Perspektive. Der unverstellte Blick des Kindes ist es, der die Handlung vorantreibt und selbst zum Getriebenen wird, ist maßgebend. Der Autor schildert zudem eine Umgebung, in der man nicht anders konnte, als schneller erwachsen zu werden, einfach nur, um zu überleben. Hier gelang Rudi van Dantzig ein Kniff, der diese Differenz zwischen Kindsein und dem nicht Begreifen, sowie der Konfrontation mit der schrecklichsten aller Seiten, die Erwachsene gegenüber Schwächeren zeigen können, noch einmal besonders herauszustellen.

Handlungsorte und Schauplätze sind überschaubar, treten ob der eigentlichen Thematik in den Hintergrund und stellen diese zur Diskussion. So weit gehen wie einige Rezensionen, die meinen, der Autor verherrliche Pädophilie, würde ich nicht gehen, konzentriert sich van Dantzig doch auf die Gefühlswelt des Jungen, der nicht einordnen kann, was da mit ihm gemacht wird und passiert, der eigentlich vertrauen möchte, aber doch jedes Mal aufs Entsetzlichste enttäuscht wird, der kaum einen Weg aus diesem Abhängigkeitsverhältnis weiß, in das er hinein manöviert wird. Einige Passagen sind dennoch mehr als bedenklich zu bezeichnen.

Für wen ist diese Erzählung nun? Für den Autoren selbst, der damit einen Teil seiner Kindheitserinnerungen wohl verarbeitet, vor allem? Den Lesenden, denen eine nahezu unbekannte, vielleicht nicht massenhafte aber doch mögliche Facette des Krieges oder der Nachkriegszeit vor Augen geführt werden soll? Eine Ergänzung zu den vielen Perspektiven, die damals schon veröffentlicht wurden und noch erscheinen sollten? Diskussionsstoff ist damit in jedem Fall gegeben.

Autor:

Rudi van dantzig wurde 1933 in Amsterdam geboren und war ein niederländischer Tänzer, Choreograf und Schriftsteller. Er debütierte 1952 beim “Nederlands Ballet”, schrieb drei Jahre später seine erste Choreografie. Im späteren “Dutch National Ballet” wurde er 1968 Co-Direktor, von 1971-1991 alleiniger Chef. 1986 veröffentlichte er seinen autobiografisch angehauchten Roman “Voor een Verloren Soldaat”, welcher 1992 verfilmt wurde. Er starb 2012.

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Alexandra Reinwarth: Das McBook

Das McBook Book Cover
Das McBook Alexandra Reinwarth Riva Verlag Erschienen am: 16.10.2017 Seiten: 192 ISBN: 978-3-7423-0386-8

Inhalt:

McDonalds ist ein Unternehmen der Superlative. Weltweit werden pro Sekunde über 75 Burger verkauf, die Kundenzahl spricht pro Tag etwa einen Prozent der Weltbevölkeurng. Die Restaurantkette ist längst Bestandteil unserer Kultur und um diese ranken sich hartnäckige Legenden. Doch, was steckt drin, in unseren Burgern?

Welche Prozesse von der Entwicklung bis zum fertigen Produkt, bis zum Verkauf am Tresen durchlaufen die Produkte des gelben M. Alexandra Reinwarth sammelt kuriose Anekdoten, klärt absurde Mythen auf und versammelt kuriose Fakten. (Klappentext abgewandelt)

Rezension:

Die Pommes enthalten Holzspäne und in den Chicken McNuggets ist alles enthalten, außer Chicken. Wer kennt sie nicht, diese und andere Legenden, die boulevardjournalistisch immer wieder aufgegriffen und von Verschwörungstheoretikern verbreitet werden?

Doch, was steckt eigentlich hinter der Fassade vom klinisch durchorganiserten Verkaufsthresen des gelben M? Wie entsteht das, was letztendlich auf’s Tablett oder in die Juniortüte kommt und wie sieht sie aus, das McDonald’s der Zukunft?

Die Journalistin und Autorin Alexandra Reinwarth begab sich auf Spurensuche.

Und die führt quer durch Deutschland, nach München in die Zentrale der Hamburger University bishin zu riesigen Produktionshallen quer durch Deutschland. Klinisch rein, durchgetaktet und immer wieder überprüft wird jedr einzelne Produktionsschritt, die sich gewaschen haben.

Dies ist dann auch wörtlich zu nehmen. Herausgekommen ist dabei ein amüsant zu lesendes Heft, welches Lust macht, auf den nächsten Besuch in einer der amerikanischen “Botschaften”. Der Burger als positives Zeichen einer fleischgewordenen Kulturszenerie.

Das ist aber auch leider schon alles, was vom “McBook” zu erwarten ist. Zwar ist klar, dass an den Mythen nicht viel dran ist, die sich dennoch hartnäckig halten, das kriegt man aber auch ohne die Lektüre auf die Reihe.

Auch, dass die Fastfoodkette im Wandel begriffen ist, dürfte zumindest Großstädtern schon aufgefallen sein, die die neuesten renovierten Filialen in Berlin oder München etwa besucht haben. Dazu benötigt man einfach kein extra Buch. Alleine unterhaltend ist es.

Ob das genügt, ist eine andere Sache. Aber die Frage stellt sich ja auch schon, wenn man in eines dieser Schnellrestaurants geht, um sich tatsächlich einen Burger zu bestellen. Keiner sagt offen, dort hinzugehen, jeder hat es aber schon gemacht.

Sünde des schnelllebigen Alltags, die fast jeder durchgehen lässt. Ein Burger so auf die Hand, kippt ja nicht gleich die gesamte Ernährung um.

Kurzweilig geschrieben, sind amüsant Fakten aneinandergereiht. Der Leser bekommt einen Einblick, wie ein Konzern arbeitet, der wie kein anderer das amerikanische Lebensgefühl transportiert, dass man aber auch nicht jede Meldung über das ach so schlechte Fastfood für bare Münze nehmen sollte.

Dennoch, Kritik wird ausgespart. Ray Kroc (der Gründer) jedenfalls hätte sich über diese journalistische Schützenhilfe gefreut. Kann man lesen, muss man nicht. Beim Burger ist es mit dem Essen aber genau so.

Autorin:

Alexandra Reinwarth wurde 1973 in Regensburg geboren und ist eine deutsche Journalistin und Buchautorin. Nach der Schule studierte sie in München Sozialpädagogik und lebt seit 2000 in Barcelona. Sie ist als Produzentin tätig und Autorin mehrerer Publikationen

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