Rezension

Peter James: Roy Grace 14 – Er will dein Ende

Inhalt:

Schon seit lĂ€ngerem lĂ€uft es fĂŒr Kipp Brown richtig schlecht. Er ist zwar ein erfolgreicher GeschĂ€ftsmann, aber auch ein lausiger Roulettespieler. Deshalb hĂ€tte das Fußballspiel im neuen Stadion von Brighton eine schöne Abwechslung werden können. Doch genau hier beginnt sein schlimmster Albtraum. Sein Sohn wird entfĂŒhrt. (Klappentext)

BĂŒcher der Reihe:

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Peter James: Roy Grace 14 – Er will dein Ende

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Rezension:

Geschichten, die wie ein TV-Krimi fĂŒr Samstagabend aufgebaut sind, kranken an der Vorhersehbarkeit der Handlung und der einseitigen Ausgestaltung der Figuren, die nicht ĂŒber die handelsĂŒblichen Klischees hinauskommen. Auch das Unterbringen zahlreicher HandlungsstrĂ€nge ist nicht immer vorteilhaft, zumal holzschnittartige Schreibweise nicht unbedingt dazu beitrĂ€gt, den Lesefluss immer aufrecht zu erhalten.

ZunĂ€chst zum Inhalt. Der Klappentext nimmt Bezug auf den wichtigsten Handlungsstrang, doch Peter James schöpft hier aus den Vollen und bringt praktisch so nebenbei das Wirken einer gewachsenen Parallelgesellschaft, ebenso Clan-KriminalitĂ€t und eine Bombendrohung unter, was zu Beginn mehr als wirr wirkt, doch nach und nach zu einer sinnvollen, wenn auch etwas ĂŒbertreibenden Handlung zusammengefĂŒhrt wird. Dabei wird diese je nach Kapitel aus unterschiedlichen Perspektiven erzĂ€hlt, so dass mal der Autor, mal die Figuren selbst, mal wir Lesenden immer einen Schritt im Voraus sind.

Das funktioniert gut und bringt mit zunehmender Seitenzahl ordentlich Tempo in den Verlauf, fĂŒhrt aber auch dazu, dass ÜbergĂ€nge nicht selten sehr abrupt wirken und dies dem Lesefluss schadet. Zudem sind einzelne Punkte durchaus vorhersehbar. Ein großer Pluspunkt dennoch ist, dass man diesen Band auch ohne die VorgĂ€nger zu kennen, sich zu GemĂŒte fĂŒhren kann.

Einen Handlungsstrang weniger vielleicht, ein paar Seiten mehr und die Figuren etwas filigraner ausgearbeitet, hĂ€tten der Geschichte gut getan. Der Schreib- und ErzĂ€hlstil trĂ€gt zwar zu einem gewissen Lesefluss bei, auch das Register hinten, welches einige Begriffe der britischen Polizeihierarchie klĂ€rt, ist nicht unnĂŒtz, doch schon zu oft hat man sich schon diese Krimis nach Schema F zu GemĂŒte gefĂŒhrt. Hier passiert nichts neues, so dass diese Geschichte zwar unterhĂ€lt, aber das gewisse I-TĂŒppfelchen vermissen lĂ€sst.

Das ist vielleicht das Einzige, was sich nur ergibt, wenn man die bisher erschienen BÀnde kennt. Die Kennzeichnung des Verlags als Thriller wirft auch Fragen auf, eher ist dies ein Krimi mit thrillerhaften Elementen, diese sind jedoch eben sparsam gesÀt.

Autor:

Peter James wurde 1948 in Brighton geboren und ist ein britischer Schauspieler, Drehbuchautor, Filmproduzent und Schriftsteller. Nach dem Studium arbeitete er in verschiedenenen Jobs, danach in den 1970er Jahren als Filmproduzent und grĂŒndete eine eigene Produktionsfirma. Seit 1981 betĂ€tigt er sich als Autor, im Jahr 2005 begann er seine Arbeit an der Krimi-Reihe Roy Grace, die in mehreren Sprachen ĂŒbersetzt wurde. Zudem betĂ€tigt er sich als Produzent fĂŒr TheaterstĂŒcke.

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Christa DĂŒrscheid: Wie sagt man wo?

Inhalt:

Unsere deutsche Sprache ist außerordentlich reich an Variationen in Wortwahl und Grammatik oder regionalen AusprĂ€gungen. Wir reden von SchuhbĂ€ndeln, Schuhsenkeln oder Schuhriemchen. Wir schreiben Soße, Sosse oder Sauce und sagen, je nach lokaler Verortung, “Ich erinnere sie gut” oder “Ich erinnere mich gut an sie“.

Hat’s noch mehr solcher Beispiele? dieses Buch sammelt ĂŒber 300 anregende Einblicke in sprachliche PhĂ€nomene und zeigt, wie vielfĂ€ltig das Deutsche im Gesprochenen, im Geschriebenen und ĂŒber Grenzen hinweg sein kann. (Klappentext)

Rezension:

Über 500.000 Stichwörter umfasst das Universalwörterbuch der Deutschen Sprache, ergĂ€nzt mit Angaben zur Herkunft dieser, der Grammatik oder der Aussprache , hinzu kommen zahlreiche Varianten der rechtschreibung, der Wörter im Kommunikationsverhalten, des Wortschatzes und der Grammatik, die sich regional unterschiedlich gestalten kann. So ergeben sich fĂŒr den einen oder anderen Begriff zahlreiche Varianten, deren Sammlung zur Sisyphosarbeit ausarten kann, doch wie kam diese ĂŒberhaupt zustande? Die Sprachwissenschaftlerin Christa DĂŒrscheid begab sich auf Spurensuche.

Was sagt ihr, wenn ihr das EndstĂŒck eines Brotlaibs meint oder den Überrest eines gegessenen Apfels benennen wollt? Seht ihr die Sache durchweg oder durchwegs positiv? Gebt ihr der Polizei eine Persons- oder eine Personenbeschreibung?

Geordnet wie ein Lexikon hat die Autorin eine handliche Übersicht einer auswahl von Begriffen und Bezeichnungen erstellt, die sich hĂ€ppchenweise lesen lassen, durchsetzt mit Grafiken, die das ganze auflockern. Diese zeigen immer den gesamten deutschsprachigen Raum, einschließlich der Schweiz, Österreich und der Region der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens. Wissenzuwachs dabei garantiert. Die eine oder andere regionale Sprachbarriere wird geknackt.

Diese Übersicht empfiehlt sich zu verwenden, wie ein Lexikon. Hintereinander weglesen scheint auf den ersten Blick zu funktionieren, wird hier jedoch zu schnell trocken, auch mag natĂŒrlich nicht alles immer von gleichem Interesse sein. Manche ErklĂ€rungen wĂŒnscht man sich zudem ausfĂŒhrlicher, ansonsten könnte es passieren, dass man ins Ziel eines ABC-SchĂŒtzen gerĂ€t, der einem zum Mond schießt. Möchte man doch beides nicht.

FĂŒr meine Begriffe hĂ€tte die Ansammlung von Begriffen noch ausfĂŒhrlicher, die eine oder andere Auflockerung mehr eingefĂŒgt werden können. Zudem hat mir das rezensionsbedingte Hintereinanderweglesen hier eher ein Bein gestellt als eine eingĂ€ngige lektĂŒre unterstĂŒtzt, die es ja eigentlich sein soll. Mit Lesen a la Lexika funktioniert es besser.

Autorin:

Christa DĂŒrscheid wurde 1959 in Kehl-Kork geboren und ist eine deutsche Linguistin. Sie lehr an der UniversitĂ€t ZĂŒrich, Philosophische FakultĂ€t und hat den Lehrstuhl fĂŒr Deutsche Sprache, Abteilung Linguistik inne. Nach dem Studium bis 1981 in Deutsch, Französisch und Erziehungswissenschaften in Freiburg und Köln promovierte sie 1988. Nach Gastaufenthalten in Prag und Budapest, dem Institut fĂŒr Fremdsprachen der Nanjing-UniversitĂ€t in China, sowie weiteren UniversitĂ€ten war sie Lehrbeauftragte in Köln.

Von 1999 bis 2000 war DĂŒrscheid als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Stuttgart, danach als Hochschuldozentin fĂŒr Deutsche Sprache, Literatur und ihre didaktik in MĂŒnster tĂ€tig. Nach einer Vortragsreise in SĂŒdkorea folgte sie dem Ruf der UniversitĂ€t ZĂŒrich. 2002 erhielt sie den Konrad-Duden-Preis. Sie forscht zur Linguistik und Syntax der deutschen Sprache, sowie zum Sprachgebrauch und der Variantengrammatik des Standarddeutschen.

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Christian Hardinghaus: Die verlorene Generation

Inhalt:

Hitlers letztes Aufgebot war minderjĂ€hrig. Aufgepeitscht durch Kriegspropaganda glaubten viele Hitlerjungen, sie könnten den Endsieg noch herbeifĂŒhren und Deutschland vor dem Untergang bewahren. Als Luftwaffenhelfer, im Volkssturm und in Panzervernichtungstrupps kĂ€mpften zuletzt selbst 14-jĂ€hrige als LĂŒckenfĂŒller und Kanonenfutter. Alleine in den letzten Kriegswochen fielen ĂŒber 60.000 Kindersoldaten. Die Überlebendenden leiden bis heute an verdrĂ€ngten Kriegstraumata und konnten oder wollten nie darĂŒber sprechen. Am Ende ihres Lebens berichten dreizehn Zeitzeugen von ihren Kindheitserlebnissen wĂ€hrend erbarmungsloser KĂ€mpfe oder zermĂŒrbender Gefangenschaft. (abgewandelter Klappentext)

Rezension:

In den TrĂŒmmern des Dritten Reiches kĂ€mpften zuletzt nur noch die JĂŒngsten, zumeist ums nackte Überleben. Noch halbe Kinder, waren sie das letzte Aufgebot des NS-Regimes, chancenlos und auf verlorenen Posten. Die auf zerstörung getrimmte Kriegspropaganda gepaart mit der teilweise naiven Sicht Pubertierender, die sich fĂŒr unverwundbar hielten, fĂŒhrte dazu, dass diese sowjetischen oder amerikanischen Soldaten mitunter schmerzliche Verluste zufĂŒgten.

Am Ende mussten diese entscheiden, was mit den HalbwĂŒchsigen, die in Fantasieuniformen mit viel zu großen Stahlhelmen steckten, geschehen sollte. Nicht wenige kamen in Kriegsgefangenschaft, wo fĂŒr viele sich das Grauen fortsetzte. Der Historiker Christian Hardinghaus hat sich, nach den Soldaten und Frauen im Zweiten Weltkrieg nun der dritten Gruppe, der als Kindersoldaten eingebundenen MinderjĂ€hrigen angenommen. Die Geschichten dreizehn von ihnen, sind nun fĂŒr die Nachwelt festgehalten.

Ein wichtiger Bestandteil der Erforschung von Zeitgeschichte ist das Festhalten von Erlebnisberichten, das Recherchieren von TagebĂŒchern und das FĂŒhren von Interviews. Lange war dies bei den Kindersoldaten des Zweiten Weltkriegs nicht möglich, zum Einen, da Aufarbeitungsprozesse zu weilen einseitig verlaufen, zum anderen da Verarbeitungsprozesse mitunter langwierig verlaufen. erst in jĂŒngster Zeit wird aufgearbeitet und zugehört.

Viele Veröffentlichungen, etwa von TagebĂŒchern aus Kriegskindertagen, gab es in den letzten Jahren und doch wird der Gruppe, die das NS-Regime fĂŒr seine Zwecke ganz zuletzt noch missbrauchte, kaum Beachtung geschenkt. Die Kinder und Jugendlichen nĂ€mlich, die im Rahmen willkĂŒrlich zusammengewĂŒrfelter Volkssturm-Einheiten gegen die Übermacht alliierter Soldaten ankĂ€mpfen musste, wĂ€hrend um ihnen herum der Staat in seine Bestandteile zerfiel. Die Wahrnehmung der Zeitzeugen darĂŒber, unterscheidet sich dabei zuweilen deutlich von der nachfolgender Generationen.

Christian Hardinghaus hat daher vor allem eines, GesprĂ€che gefĂŒhrt, zugehört und nachgefragt. Wie in seinen anderen Werken zuvor hinterfragt er zunĂ€chst die Erinnerungskultur und wie eine AnnĂ€herung, hier an die ehemaligen deutschen Jugendlichen im Zweiten Weltkrieg gelingen kann, welche Bandbreite vor allem jahrgangsmĂ€ĂŸig dies umfassen muss und welche Nachfragen nicht außen vor gelassen werden können.

Diese stellt er jeweils am Ende dieser so entstandenen Kurzbiografien, die vor allem die Jugendzeit der Befragten ausfĂŒhrlich behandeln. EingefĂŒhrt werden ihre Geschichten durch die Darstellung der jetzigen Lebenssituation, um so Zugang dazu zu finden.

Der Autor wertet dabei nicht oder hĂ€lt sich zumindest großteils damit zurĂŒck, zeigt die Dynamik des NS-Terrors in Form ihrer Propaganda und jahrelanger Indoktrination, aber auch, was die Haltung der sie umgebenden Erwachsenen, ob nun Eltern, Lehrer oder Soldaten ausmachen konnte, wie zuweilen ein Schritt zur Seite Leben oder Tod bedeutete. Hardinghaus lĂ€sst die Zeitzeugen erzĂ€hlen, ungeschönt nehmen diese kein Blatt vor den Mund und sprechen auch dabei die weniger bekannten Kapitel an, etwa von den ZustĂ€nden im Rheinwiesenlager fĂŒr Kriegsgefangene der Alliierten.

Sachlich und konzentriert wirken die mit Fotos durchsetzten Berichte, zuweilen erstaunlich nĂŒchtern, dann wieder ins Emotionale kippend, was vielleicht dem zeitlichen Verarbeitungsprozess geschuldet ist. Auch dieser wird immer kurz dargestellt. Die Wertung, wenn eine solche denn möglich ist, erfolgt dann durch die Lesenden, die mit Informationsgewinn aus der LektĂŒre gehen werden. Mit diesem Band, der aus dem Pool ausgewĂ€hlter Zeitzeugenberichte entstanden ist, denen sich Hardinghaus bedienen konnte, ist das Bild abgerundet und sollte auch gelesen werden.

Ein wichtiger und zur weiteren Diskussion anregender Beitrag zur Aufarbeitung ist das, der herausgestellt werden kann, jedoch nicht fĂŒr sich alleine stehen sollte. FĂŒr mein Interesse an der Thematik hĂ€tten es jedoch ruhig noch mehr Berichte sein können. Vielleicht wird ja das Bild noch durch kommende LektĂŒre ergĂ€nzt werden?

Autor:

Christian Hardinghaus wurde 1978 in OsnabrĂŒck geboren und ist ein deutscher Historiker, Schriftsteller und Fachjournalist. Nach seinem Studium der Geschichte, Literatur- und Medienwissenschaft (Film und TV) promovierte er an der UniversitĂ€t OsnabrĂŒck im Bereich Propaganda- und Antisemitismusforschung. Im gleichen Jahr absolvierte er den Lehrgang Fachjournalismus an der Freien Journalismusschule. 2016 erwarb er zudem den Abschluss fĂŒr das gymnasiale Lehramt in den FĂ€chern Deutsch und Geschichte. Er ist Autor zahlreicher SachbĂŒcher und Romane. Hardinghaus lebt in OsnabrĂŒck.

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Michael Tsokos: Paul Herzfeld 3 – Abgetrennt

Inhalt:

Rechtsmediziner Dr. Paul Herzfeld ist zurĂŒck am Sektionstisch. Sofort wird er mit einem Fall konfrontiert, der ihn in seine eigenen Reihen fĂŒhrt. Gestohlene Leichenteile tauchen auf, darunter ein Arm mit einer seltenen, aber symboltrĂ€chtigen TĂ€towierung: einer schwarzen Sonne. Genau diesen Arm hatte Herzfeld schon einmal seziert. Der Rechtsmediziner ist alarmiert: Verkauft einer seiner Kollegen Leichenteile?

Voreilige SchlĂŒsse wĂŒrden den Ruf der Kieler Rechtsmedizin gefĂ€hrden, also ermittelt der smarte Rechtsmediziner auf eigene Faust und wird von einem skrubellosen TĂ€ter vor spektakulĂ€rer Kulisse in eine tödliche Falle gelockt. WĂ€hrenddessen lĂ€sst auch Herzfelds Todfeind Prof. Volker Schneider nichts unversucht, um sich an ihn zu rĂ€chen. (Klappentext)

BĂŒcher der Reihe:

Michael Tsokos/Sebastian Fitzek: Paul Herzfeld – Abgeschnitten (Stand Alone)

Michael Tsokos: Paul Herzfeld 1 – Abgeschlagen

Michael Tsokos: Paul Herzfeld 2 – Abgefackelt

Michael Tsokos: Paul Herzfeld 3 – Abgetrennt

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Rezension:

Gleichwohl ungefĂ€hr im selben Universum angesiedelt, wie die Schreibarbeiten von Sebastian Fitzek oder Veit Etzold, liegt mit “Abgetrennt” ein weiterer, vergleichsweise ruhig daherkommender Thriller aus der Feder von Deutschlands bekanntesten Rechtsmediziners vor, der an Spannung nichts vermissen lĂ€sst.

Wieder einmal begibt sich hier Dr. Paul Herzfeld auf Spurensuche, am und fernab des Sektionstischs und auch diesmal mĂŒndet das ganze in einem aufsehenerregenden Showdown.

Nach dem spekatkulÀren Verschwinden seines ehemaligen Vorgesetzten und Erzfeindes Volker Schneider beginnt Paul Herzfeld nach einer Auszeit seine Arbeit am Rechtsmediznischen Institut in Kiel wieder aufzunehmen und wird kurz darauf mit einem mysteriösen Fall auf den Sektionstisch konfrontiert.

Der Titel des Thrillers ist hier Programm. Die sich daraus fĂŒr den Hauptprotagonisten ergebenden Fragen stehen zu Beginn einer immer rĂ€tselhafteren Handlung.

Michael Tsokos, Deutschlands profiliertester Rechtsmediziner kann nicht nur Fachartikel schreiben und seine Expertise in spektakulĂ€ren FĂ€llen zur VerfĂŒgung stellen. Mit seinen Thrillern und kurzweiligen SachbĂŒchern hat er mittlerweile zur PopularitĂ€t der Rechtsmedizin abseits aufmerksamkeitsheischender US-Krimiserien begetragen.

Dennoch sind seine Thriller nicht minder spannend und auch dieser Band, den man unabhÀngig lesen kann (Dem Rezensenten, sprich: mir, fehlt Band Zwei.), lÀsst nichts von dem vermissen, was man von dem Autoren erwarten kann.

Nicht ganz so wendungsreich wie etwa bei Sebastian Fitzek wird hier eher der Fokus auf die Ermittlungsarbeit am Sektionstisch gelegt. Das muss man mögen. Wer detaillierte Beschreibungen von Sektionen, GerĂŒchen und GerĂ€uchen, wenn etwa der Arm vom Körper abgetrennt wird, nicht lesen mag, sollte die Finger davon lassen. Alle anderen werden ohnehin genau das erwarten.

WĂ€hrend die ersten Thriller von Michael Tsokos sich vergleichsweise hölzern laßen, Wechsel zu abrupt und so manches Mal nicht gerade nachvollziehbar waren, ist der Autor offenbar mittlerweile in Übung und legt flĂŒssig zu lesende Schreibarbeiten vor, in der keine roten FĂ€den, Hautfetzen oder Blutspuren verloren gehen.

Nur am Ende merkt man es hier dann doch, dass Tsokos fĂŒr gewöhnlich etwas anderes macht als zu schreiben. Hier wĂ€re ein etwas anderer Schreib- oder ErzĂ€hlstil von Vorteil gewesen. Nichts destotrotz bleibt dann doch der ĂŒberwiegend mit Spannung aufwartende Handlunsgverlauf in Erinnerung, in der mal der Hauptprotagonist uns Lesenden einen Schritt voraus ist, um dies dann wieder umzukehren.

Drei HandlungsstrĂ€nge fĂŒhren hier zu einem Showdown, bei den man schwanken mag, ob dies dann doch nicht zu viel des Guten ist oder genau das richtige Maß trifft. Die Ausarbeitung der Protagonisten, die ausfĂŒhrliche Beschreibung gerichtsmedizinischer Spurensuche, hier entfaltet Michael Tsokos noch einmal sein ganzes Potenzial, die kurzweiligen Kapitelwechsel und der logische Aufbau entschĂ€digen jedoch fĂŒr kleinere MĂ€ngel, die dann kaum mehr erwĂ€hnenswert erscheinen.

Es lohnt sich also, darauf zu warten, was Michael Tsokos uns als nÀchstes auf den Sektionstisch legt. Das nÀchste Mal vielleicht kein Arm.

Autor:

Michael Tsokos wurde 1967 in Kiel geboren und ist ein deutscher Rechtsmediziner und Professor an der Charite in Berlin. Er leitet seit 2007 das dortige Institut fĂŒr Rechtsmedzin, gleichzeitig das Landesinstitut fĂŒr gerichtliche und soziale Medizin in Berrlin-Moabit. Zudem ist er Leiter der Gewaltschutzambulanz der Charite.

1998-99 nahm er an der Exhuminierung und Identifizierung von Leichen aus MassengrĂ€bern des Bosnienkrieges und im Kosovo teil, 2004-05 war er im Auftrag des Bundeskriminalamtes zur Identifizierung der Tsunami-Opfer in Thailand tĂ€ig. Er ist Autor mehrerer Fachzeitschriften, populĂ€rer SachbĂŒcher und Mitautor mehrerer Thriller. Seit 2014 ist er Botschafter des Deutschen Kindervereins. Tsokos lebt mit seiner Familie in Berlin.

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Sophia Kimmig: Von FĂŒchsen und Menschen

Inhalt:

Roter Pelz, bernsteinfarbene Augen, grazile Statur – wer ihm einmal begegnet, vergisst diesen Anblick nicht mehr. Doch der Fuchs ist nicht nur fĂŒr seine Schönheit, sondern auch als schlau, gerissen und neugierig bekannt. Vom Polarkreis bis in den Norden Afrikas findet man ihn, und er besiedelt zunehmend unsere StĂ€dte. Wildbiologin Sophia Kimmig heftet sich dort an seine fersen und versucht, hinter das Geheimnis des ÜberlebenskĂŒnstlers zu kommen. Sie nimmt uns mit auf nĂ€chtliche Erkundungstouren, erzĂ€hlt amĂŒsant von den TĂŒcken der Feldforschung und gewĂ€hrt uns spannende Einblicke in das verborgene Leben unserer wilden Nachbarn. (Klappentext)

Rezension:

Diesen Tieren sagt man so einiges nach. SchlĂ€ue und Gerissenheit sind die Eigenschaften, die sich hĂ€ufig in MĂ€rchen und Fabeln wiederfinden und FĂŒchsen angedichtet werden, doch vor allem sind sie eines. Flexible Generalisten, die sich verĂ€nderten Bedingungen bisher gut anpassen und damit umgehen konnten. So ist der Rotfuchs heute einer der erfolgreichsten Kulturfolger des Menschen und bewohnt, wĂ€hrend es fĂŒr seine Verwandten auf dem Land immer schwieriger wird, zunehmend unsere StĂ€dte.

Weitgehend von uns unbemerkt, bevölkert er BahndĂ€mme, BrachgelĂ€nde, Schul- und Friedhöfe und bedient sich dabei einem reichhaltigen, durch uns stetig gedeckten Tisch. Doch, wie findet sich der Fuchs ĂŒberhaupt in einer eigentlich tierfeindlichen Umgebung ĂŒberhaupt zurecht? Wie leben diese Tiere inmitten unter uns?

Die Wildbiologin Sophia Kimmig begibt sich auf Spurensuche durch Berlin, von den Randbezirken bis hinein ins Regierungsviertel und berichtet von ihrer Arbeit und dem Leben Meister Reineckes, welches beinahe unbemerkt parallel zu uns stattfindet.

FĂŒchse vermögen zu faszinieren. Es sind die flĂŒchtigen Begegnungen, die uns fĂŒr einen kurzen Moment innehalten lassen. Ein Rascheln im GebĂŒsch, das Aufblitzen roten Fells am Wegesrand, manchmal sogar in HauseingĂ€ngen oder gleich in der U-Bahn. Ein Video eines solchen Fuchses, der sich in die Eingeweiden der öffentlichen Verkehrsmittel Berlins gewagt hatte, ging viral und selbst das BundesprĂ€sidialamt ist inzwischen auf den Fuchs gekommen.

Wie kam es zu diesem Wandel? Einst wurde das Tier als Nahrungskonkurrent und KrankheitsĂŒbertrĂ€ger stark bejagd. Heute ist es Kultobjekt und die meisten Menschen ihm gegenĂŒber positiv aufgeschlossen.

Sophia Kimmig ergrĂŒndet seit ihrer ersten Begegnung mit dem Rotpelzigen die FĂŒchse Berlins, besendert sie und schafft uns damit einen Überblick ĂŒber das verborgene Leben dieser Tiere und zeigt, dass die StĂ€dte lĂ€ngst nicht mehr nur fĂŒr uns Menschen ein lebendiger Ort ist. AmĂŒsant erzĂ€hlt sie von den UnwĂ€gbarkeiten ihrer Arbeit, aber auch dem Wandel in der Forschung und rĂ€umt zugleich mit einigen Legenden auf, die unsere wilden Nachbarn umgeben.

NatĂŒrlich fehlt er nicht, der persönliche Blick durch die Fuchsbrille, aber die Autorin bleibt sich den kurzweiligen Kapiteln ĂŒber treu und verbindet kenntnisreich Informationen, nach denen man mit anderen Augen durch die StĂ€dte gehen wird. In jedem Fall aufmerksamer.

Ich trage eine Fuchsbrille. Eine Brille, die mich eine verborgene Welt sehen lĂ€sst, die ich ohne nicht bemerkt habe. Wenn ich mich durch die Stadt bewege, sehe ich sie. Überall.

Sophia Kimmig: Von FĂŒchsen und Menschen

Einblicke gewĂ€hrt Kimmig sowohl in ihre alltĂ€gliche Arbeit, der Sicht von außen als auch in das Leben der Tiere, welches nicht etwa durch Bejagung oder Nahrungsmangel gefĂ€hrdet ist, sondern, des Lebensraumes bedingt, zunehmend durch den Straßenverkehr.

Der Wandel der Sichtweise wird ebenso sachlich dargestellt, wie der der Forschung, aber auch, wie das Zusammenleben zwischen Mensch und Wildtier gelingen kann, in einer immer enger werdenden Welt. ErgÀnzt wird dies durch sog. Fun Facts am Ende eines jeden Kapitels, einem auflockernden Fototeil und nicht zuletzt durch Beschreibungen ausgewÀhlter Fuchsleben inmitten Berlins.

Die Autorin schafft den Spagat zwischen informativen Sachbuch und unterhaltender LektĂŒre ohne erhobenen Zeigefinger, sowie ihre BegeisterungsfĂ€higkeit auf Lesende ĂŒberspringen zu lassen, sowie zu zeigen, wie Stadtökologie wirken kann.

Danach wird man Meister Reinecke mit anderen Augen betrachten. Muss man vielleicht auch. Kimmig zeigt, dass sich der Fuchs als unser, auch stÀdtischer Nachbar, lÀngst etabliert hat.

Autorin:

Sophia Kimmig wurde 1988 in Berlin geboren und arbeitet als Widlbiologin u.a. fĂŒr das Leibniz-Institut fĂŒr Zoo- und Wildtierforschung, erforscht dabei die Anpassung der Wildtiere an sich verĂ€nderte Lebensbedingungen, am Beispiel des Fuchses und dessen Stadtleben. Neben ihrer TĂ€tigkeit im Bereich Forschung und Umweltbildung erarbeitet sie zahlreiche BeitrĂ€ge fĂŒr Medien, in VortrĂ€gen und Publikationen, um Akzeptanz fĂŒr Natur- und Artenschutz zu schaffen. Die Autorin lebt in Berlin.

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Catherine Raven: Fuchs & ich

Inhalt:

Catherine Raven ist ĂŒberzeugte EinzelkĂ€mpferin. Als sie sich mitten im Nirgendwo eine kleine HĂŒtte mit einem blauen Dach baut, ist ihre Isolation komplett. Ihre Gesellschaft ist die Natur, die verblĂŒffend lebendige Tier- und Pflanzenwelt, mit der sie ihr Land teilt. Eines Tages bemerkt sie einen wilden Fuchs, der jeden Nachmittag um 16.15 Uhr auf ihrem GrundstĂŒck erscheint. Entgegen allen wissenschaftlichen Gepflogenheiten beginnt sie, ihm aus “der kleine Prinz” vorzulesen. (Klappentext)

Rezension:

Selbst in den unwirtlichsten Regionen unseres Planeten kommt er vor, in WĂŒsten oder den Polargebieten. Mittlerweile ist er auch in unsere StĂ€dte gezogen und lebt Seite an Seite mit den Menschen. Doch, kaum jemand kennt sie nĂ€her. Ein flĂŒchtiger Blick und dann ist der Fuchs meist schon aus unserem Sichtfeld verschwunden.

Die Rangerin und Biologin Catherine Raven hatte die Gelegenheit in unmittelbarer NĂ€he zu ihrem eigenen Wohnhaus, in der Abgeschiedenheit Montanas, eines dieser Tiere zu beobachten. Ihren tierischen Besucher beginnt sie aus dem Buch “Der kleine Prinz” vorzulesen. Die Geschichte eines Versuches der AnnĂ€herung.

Ein Tierfilmer, der das Verhalten einiger BÀren falsch einschÀtzte, musste seinen Versuch der AnnÀherung vor einigen Jahren mit dem Leben bezahlen. Geglaubt hatte er, diese Tiere richtig deuten zu können, sie zu kennen und gilt seither allen als Mahnmal, die einen Umgang mit Lebewesen pflegen, die weder domnestiziert sind, noch irgendwie sonst bestrebt sind, mit Menschen zu interagieren.

Wenn Wildtiere dies tun, steckt meist mehr dahinter und oft ist dies nicht unbedingt positiv besetzt. Davon abgesehen weiß jeder Naturwissenschaftler um seine Reputation, wenn er oder sie sich auf allzu große NĂ€he mit Tieren einlĂ€sst, die eigentlich nur beobachtet werden sollten. Alles andere wĂ€re ein zu starker Eingriff in den natĂŒrlichen Lauf der Dinge, den es zu erforschen gitl.

Jetzt, dieses Buch, in welchem die Autorin den Spagat wagt, zwischen Nature writing und Sachbuch, sowie Studie der eigenen Persönlichkeit, aufgrund derer man das Werk umbenennen mĂŒsste. Überwiegend geht es hier nĂ€mlich um sie selbst, statt um das erstbenannte Tier. Alle, die ein informatives und unterhaltsames Sachbuch ĂŒber FĂŒchse lesen möchten, ist eher andere LektĂŒre zu empfehlen.

Man erfĂ€hrt viel darĂŒber, warum Raven die Abgeschiedenheit ihres Lebens liebt, nicht unbedingt mit anderen Menschen kompatibel ist und wie diese lĂ€nger anhaltenden, immer wiederkehrenden Begegnungen mit dem Fuchs zustande kamen, aber nicht so sehr ĂŒber die Biologie der Tiere selbst. Faktenorientierung ist etwas anderes.

Wenn der Schlag in Richtung Sachbuch nicht gelingt, wie verhĂ€lt es sich hier mit der Einordnung zum sog. Nature Writing? Das funktioniert eher. Der Autorin gelingen durchaus liebevolle Beschreibungen, sehr romantisiert, von der sie umgebenden Tier- und Pflanzenwelt, was sich meines Erachtens aber gerade fĂŒr eine Wissenschaftlerin einfach verbietet.

Da ist es auch kaum hilfreich, dass sie hin und wieder doch noch ein paar interessante Fakten einstreut, als wĂŒrde sie sich dann doch im einen oder anderen Moment ihres Berufes bewusst werden.

Sy Montgomery hat mit ihrem Werk ĂŒber Kraken gezeigt, dass es auch in diesem Bereich gelingen kann, bevor man in allzu kitischige Szenarien hinein rutscht, die Kurve zu bekommen. Hier funktioniert das nicht und das hat, wie beschrieben, nichts mit einem Schreibstil zu tun, der zwischen GefĂŒhlsduseligkeit und unglaublichen LĂ€ngen schwankt. Wer sich eher an Fakten orientiert und auch auf Wissenzuwachs hofft, ist damit an der falschen Stelle. Von einer Wissenschaftlerin erwarte ich definitiv eine andere Art und Weise, sich Tieren zu nĂ€hern.

Diese Vermenschlichung ist fehl am Platz.

Das war mein Fehler und so habe ich nun das Buch auf Seite 150 abbrechen mĂŒssen.
Vielleicht gelingt es ja euch, einen besseren Zugang zu der LektĂŒre zu finden.

Autorin:

Catherine Raven widmet sich als Autorin und Wissenschaftlerin der Natur. Sie studierte Biologie und arbeitete als Rangerin in den Nationalparks Glacier, Mount Rainier und Voyagers, hilet VortrĂ€ge an UniversitĂ€ten, anschließend leitete sie Expeditionen, z.B. durch den Yellowstone Nationalpark. In verschiedenen Magazinen und Zeitschriften veröffentlicht sie regelmĂ€ĂŸig BeitrĂ€ge und hat u. a. ein Buch ĂŒber Forstwirtschaft veröffentlicht. Raven unterrichtet derzeit an der South University Savannah, in Georgia.

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Tana French: Der Sucher

Inhalt:

Ein Fremder, ein Dorf, ein Kind. Und eine Suche, die Niemanden verschont.

Cal Hooper, ehemaliger Cop aus Chicago, hat sich in den Westen Irlands geflĂŒchtet. Die Natur scheint friedlich, im Dorf nimmt man ihn freundlich auf. Da springt sein innerer Alarm an: Er wird beobachtet. Immer wieder taucht ein Kind bei ihm auf. Auf den umliegenden Farmen kommen auf seltsame Weise Tiere zu Tode. StĂŒck fĂŒr StĂŒck gerĂ€t Cal in eine suche, die ihn tief in die Dunkelheit fĂŒhrt. (Klappentext)

Rezension:

Selten geben Inhaltsangaben eines Verlags und der eigentliche Text eine solche Differenz her, wie im Falle von Tana French, die mich mit ihrer neuen Geschichte, diesmal um den ehemaligen Detective Cal Hooper, mehr als ĂŒberraschen konnte. Der Inhalt ist klar skizziert, liegt hier doch ein klassischer Kriminalroman vor, vermischt mit reichlich Lokalkolorit.

Der Handlungsort Irland bietet sich einfach dafĂŒr an, auch die Hauptfigur ist fĂŒr Frenchs Leserschaft schnell fassbar und zudem ein SympathietrĂ€ger, den man gerne folgt.

Überraschend vor allem, ist die Wirkung des Textes. Im Gegensatz zu den Angaben auf den Umschlag steigt man zunĂ€chst vergleichsweise ruhig und gemĂ€chlich in die Geschichte ein. Die Autorin macht mit Handlungsort und Figuren vertraut. Die Degeto-Idylle liegt zum Greifen nah. Das Ă€ndert sich lange nicht. Der bedĂ€chtige Schreibstil tut sein Übriges, ohne ins allzu GefĂŒhlige abzurutschen, wenn auch hin und wieder eine Zehe ĂŒber gewisse grenzen gesetzt wird. Lange passiert nichts und dann doch alles.

So eingelullt entfalten sich nach und nach, wir nehmen die Position der Hauptfigur mitsamt dessen Kenntnisstands ein, die Geheimnisse der Dorfgemeinschaft, die abgrĂŒndiger nicht sein könnten, dennoch im Bereich des real Möglichen liegen. Zudem schafft es French lange, die Antagonisten ziemlich konturlos erscheinen zu lassen, ohne dass das GefĂŒhl des Fehlens entstehen wĂŒrde oder die Autorin selbst den roten Faden zu verlieren drohte.

Bevorzugt lese ich eher den rasanten, wendungsreichen, brutalen und ja, auch oft genug blutigen Thriller. In “Der Sucher” ist praktisch nichts von diesen Zutaten vorhanden, die ich als fĂŒr mich “sichere Bank” bezeichnen wĂŒrde, zudem konnte ich die Position jeder Figur nachvollziehen. Gegen Ende habe ich den Ausgang zwar leise geahnt, gestört hat das nicht.

Mit stoischer Gelassenheit und Ruhe wird hier Seite fĂŒr Seite eine Geschichte aufgebaut, in der man eingesogen wird. Die Wirkung von Perspektive und Art des ErzĂ€hlens vermögen in den Bann zu ziehen. Bei mir hat’s funktioniert. Wer sinst wendungsreiche und mitunter auch brutale Thriller liest, könnte selbigen Effekt unterzogen werden. Ich empfehle es allen, das zu versuchen. Da natĂŒrlich immer Luft nach Oben offen ist und ein Szenenwechsel doch nicht so ganz flĂŒssig war, wie der Rest des Romans zu lesen, Punktabzug.

Dennoch, Tana French, gerne wieder.

Autorin:

Tana Elzabeth French wurde 1973 in Burlington, Vermont, geboren und ist eine irische Schriftstellerin. Nach Stationen, rund um den Globus, studierte sie Schauspiel am Trinity College in Dublin und arbeitete anschließend fĂŒr Film und Fernsehen. 2007 erschien ihr erster Roman, weitere folgten und wurden teilweise verfilmt, sowie in zahlreiche Sprachen ĂŒbersetzt. Mit ihrer Familie lebt sie in Dublin.

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Susanna Partsch: Wer klaute die Mona Lisa?

Inhalt:

Vom Diebstahl der Mona Lisa 1911 bis zum Juwelenraub im GrĂŒnen Gewölbe 2019 – dieses Buch steckt voller fesselnder und unglaublicher Geschichten. Susanne Partsch hat die spektakulĂ€rsten KunstdiebstĂ€hle ausgewĂ€hlt und erzĂ€hlt von gewieften Mafia-Clans, als Polizisten verkleideten TĂ€tern, findigen Kunstdetektiven, zerschnittenen GemĂ€lden, besessenen Kunstliebhabern und Lösegeldforderungen in Millionenhöhe – FĂ€lle wie aus einem Kriminalroman, die aber das Leben schrieb. (Klappentext)

Rezension:

Zum ersten Mal im Louvre-Museum in Paris zieht es die meisten Besuchenden gleich zu den Publikumsmagneten, allen voran der Mona Lisa, gemalt von Leonardo da Vinci. Heute ist dieses GemĂ€lde geschĂŒtzt durch eine davor montierte Glasscheibe und modernster Sicherheitstechnik. Besucher werden daran vorbei geschleust, dĂŒrfen nicht stehen bleiben. Das war nicht immer so. Am 21. August 1911 hing das Bild schon einmal in diesem Museum und verschwand ĂŒber Nacht. Erst am nĂ€chsten Tag wurde der Diebstahl bemerkt.

Die Ereignisse um die Mona Lisa, machten sie erst zu den weltberĂŒhmten Kunstwerk, welches wir heute in ihr sehen, doch gab es auch danach und gibt es immer noch weitere KunstdiebstĂ€hle, die die Welt bewegen. Das FBI fahndet mit einer Liste der wertvollsten verschwundenen KunstgegenstĂ€nde und auch Italien hat eine eigene Einheit bei der Polizei, die sich rein mit diesem Metier befasst, verschwinden dort, etwa aus Kirchen verhĂ€ltnismĂ€ĂŸig viele KunstgegenstĂ€nde und bleiben es, teilweise, fĂŒr immer. Die Kunsthistorikerin Susanna Partsch hat sich aufgemacht, die spektakulĂ€rsten FĂ€lle darzustellen und ihre Geschichten zu erzĂ€hlen.

In anderen Werken wird Raub- und Beutekunst thematisiert. Hier konzentriert sich die Autorin auf KunstdiebstĂ€hle in Europa, wo teilweise ganze AltĂ€re aus Kirchen verschwinden, und Amerika. Alleine dieses Feld gibt inzwischen so viel Material her, dass man kaum alle Geschichten erzĂ€hlen kann. Stattdessen wird hier eine Auswahl dargestellt und anhand kurzer Kapitel dargestellt, wie und warum so manches Kunstwerk verschwand oder welche Geschichte sich hinter dem Wiederauffinden verbarg. Schon diese auswahl zu treffen, dĂŒrfte schwer gefallen sein, mit ihrer Fachkenntnis fĂŒllt Partsch LĂŒcken und hat damit eine sonst trockende Thematik spannend wie ein Krimi aufbereitet.

Sie erzĂ€hlt die Geschichte der Werke von ihrer Entstehung bishin zum Verschwinden der Werke, beschreibt, was dies fĂŒr die Museumskultur bedeutet, wo HĂ€user gleichsam zwischen Offenheit und Nahbarkeit, sowie Sicherheitsdenken abwĂ€gen mĂŒssen, um sich selbst vor Begehrlichkeiten zu schĂŒtzen, auch mĂŒssen manchmal die Angestellten dieser HĂ€user etwas nĂ€her unter die Lupe genommen werden.

Eine Balance dazwischen zu finden ist ein nahezu unmögliches Unterfangen und so könnte dieses Buch auch in Zukunft fortlaufend mit neuen FĂ€llen ergĂ€nzt werden. Einige der spektakulĂ€rsten findet man in diesem kleinen als Übersicht gehaltenen Werk.

Autorin:

Susanna Partsch wurde 1952 in bad Godesberg geboren und ist eine deutsche Kunsthistorikerin und Autorin. Nach der Schule studierte sie in den 1970er Jahren Kunstgeschichte, Ethnologier und PĂ€dagoik in Heidelberg, wo sie 1980 promovierte. Anschließend arbeitete sie im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen am Rhein. Seit 1985 arbeitet sie alös Autorin fĂŒr KunstbĂŒcher, Monografien, Kataloge und ReisefĂŒher (u. a.). 1998 wurde sie mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Sie verfasste zahlreiche Artikel fĂŒr das Allgemeine KĂŒnstlerlexikon.

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Karsten Krogmann/Marco Seng: Der Todespfleger

Inhalt:

Klinikum Delmenhorst im Juni 2005: WĂ€hrend seiner SpĂ€tschicht auf der Intensivstation spritzt Krankenpfleger Niels Högel einem Patienten ein nicht verschriebenes Medikament. Kurz darauf ist der Mann tot. Nur langsam kommt heraus, dass Högel bereits Dutzende Menschen ermordet hat, vielleicht Hunderte. FĂŒr 91 Taten wurde er inzwischen verurteilt, doch bis heute ist der Fall nicht abgeschlossen.

Die preisgekrönten Journalisten Karsten Krogmann und Marco Seng waren hautnah an den Ermittlungen gegen den Todespfleger beteiligt und verdichten die verschiedenen HandlungsstrÀnge dieses Falls zu einem fesselnden Krimi. Sie recherchieren, wie Högel so lange unbemerkt töten konnte, berichten von bisher unbekannten Fakten und lassen die Angehörigen der Opfer zu Wort kommen. Nicht zuletzt gehen sie darauf ein, wie ein ganz normaler junger Mann aus Norddeutschland zum skrupellosesten SerientÀter der deutschen Nachkriegsgeschichte werden konnte. (Klappentext)

Rezension:

Wer in die Obhut medizinischen Personals gerĂ€t, in Kliniken oder Pflegeheim, möchte sich in kompetenten HĂ€nden, Verletzungen und Krankheiten fachgerecht behandelt wissen. Allen Problemen und SchwĂ€chen unseres Gesundheitssystems zum Trotz funktioniert dies meist sehr gut. Nicht wenige in der Medizin und Pflege kĂŒmmern sich aufopferungsvoll um ihre ihnen anvertrauten Patienten. Um so mehr erschĂŒtterte in den 2000er Jahren eine Mordserie in den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst die Öffentlichkeit.

Ein Pfleger hatte mehreren Patienten, wie schon zuvor in seiner ersten Anstellung Medikamente verabreicht, die in falscher Dosierung zu HerzstillstĂ€nden fĂŒhren können und somit Reanimationen provoziert, die nicht notwendig gewesen wĂ€ren, damit den Tod UnzĂ€hliger in Kauf genommen. Zuvor nur als auf Station umherlaufendes GerĂŒcht kursierend, stand nun eine Gewissheit. Doch, wie viele Menschen hatte Niels Högel noch auf den Gewissen? Ermittlungen begannen, die sich ĂŒber Jahre zogen.

Die Journalisten Karsten Krogmann und Marco Seng begleiteten als Gerichtsreporter die Prozesse von Beginn an und legten ĂŒber Jahre hinweg Puzzleteile eines Falls frei, der ganz Deutschland erschĂŒtterte. Wie ein Krimi liest sich nun diese hier vorliegende Zusammenfassung ohne zu sehr auf den TĂ€ter fixiert zu sein. die stĂ€rke dieses Berichts ist hier der Fokus auf die Opfer, deren Geschichte anhand einiger Beispiele erzĂ€hlt wird, aber auch die Sichtweise der ermittelnden Personen, der Justiz und auch der Angehörigen und Kollegen dargestellt wird. Mit den TĂ€ter indes haben die Autoren nicht gesprochen. Zu groß die Gefahr, sonst eine Plattform fĂŒr narzisstische Selbstdarstellung zu bieten. Das Unfassbare bleibt auch so unbegreiflich genug.

Dabei gelingt den beiden ein Rundumblick, der einem die Haare zu Berge stehen lĂ€sst. ZunĂ€chst steht da natĂŒrlich die Frage im raum, warum jemand zum Serienmörder wird und wie dieser seine Taten jahrelang unbemerkt begehen konnte? Warum erstreckten sich die Ermittlungen ĂŒber einem solch langen Zeitraum? Was vermag Justiz zu leisten, was nicht?

Krogmann und Seng gelingt ein Einblick in die kaltblĂŒtige Psyche des TĂ€ters, ohne die Opfer aus den Blick zu verlieren. Behutsam tasten sie sich chronologisch bvoran, von der ersten TĂ€tigkeit Högels als Krankenpfleger, bis zu seiner Verurteilung, die zwanzigeinhalb Jahre nach dem ersten Mord stattfinden sollte und noch immer offene Fragen lĂ€sst.

Die Faszination fĂŒr das unfassbar Böse wird hier bedient, ohne diesem den roten Teppich auszurollen. Sehr sachlich berichten die Journalisten vond en Geschehnissen, ohne Unwissen mit leeren Behauptungen zu fĂŒllen oder die eingenommene Perspektive aus den Blick zu verlieren. Eine jahrelange Rechercheleistung liegt hier gebĂŒndelt vor, welche ein LehrstĂŒck deutscher Ermittlungs- und ja, auch Rechtsgeschichte zeigt, sowohl als auch dass TĂ€ter auch Jahrzehnte spĂ€ter noch zur Rechenschaft gezogen werden können.

Eingerahmt wird die Darstellung durch einen einordnenden Prolog, sowie einer ĂŒbersichtlichen Chronologie der Ereignisse, sowie der Konsequenzen von Politik und Medizin, aber auch eines Kurzumrisses von Ă€hnlich gelagerten FĂ€llen. Eher nĂŒchtern, nicht wirklich reißerisch berichten Krogmann und Seng und geben Opfern und ihren Angehörigen eine Stimme.

Autoren:

Karsten Krogmann wurde 1968 geboren und ist ein deutscher Journalist und Autor. Als Chefreporter arbeitete er fĂŒr die Nordwest-Zeitung in Oldenburg. Seit 2020 ist er Pressechef des Weissen Rings in Mainz.

Marco Seng wurde 1968 geboren und arbeitete als Reporter in Berlin, Essen, Hannover und Oldenburg. Seit 2018 ist er Redakteur fĂŒr Landespolitik bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.

FĂŒr ihre Recherchen um den Fall Niels Högel wurden beide Journalisten ausgezeichnet, u. a. mit dem Theodor-Wolff-Preis und dem Nannen-Preis.

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Andreas Höll: Am Ende des Schattens

Inhalt:

Berlin in den Dreißigern. Der britische Korrespondent Segal Dolphin schreibt eine Reportage ĂŒber ein Berliner Forschungsinstitut, an dem “Rassehygieniker” die “Eingeborenen” im ehemaligen Deutsch-SĂŒdwestafrika vermessen. Als ihm eines Abends die geheimnisvolle Dodo Liebermann – deutsche JĂŒdin, bisexuell, Fotografin und AvantgardekĂŒnstlerin – begegnet, wird daraus der Beginn einer aufreibenden Amour fou. Doch er ahnt nicht, dass Dodo von einem undurchsichtigen Mann erpresst wird. Auf ihn trifft dolphin schließlich im SĂŒdwesten Afrikas, wo es zum Showdown kommt. (Klappentext)

Rezension:

LĂ€ngere Zeit ein glĂŒckliches HĂ€ndchen bei der Auswahl der Rezensionsexemplare und auch sonst bei der LektĂŒre zu haben, bedeutet auch anzuerkennen, dass irgendwann der Bruch kommen muss. Der erfolgt dann um so hĂ€rter, je lĂ€nger man vorher lesen konnte, wo man schnell Zugang fand und auf ErzĂ€hlebene ist dieser Bruch bei mir nun der DebĂŒtroman von Andreas Höll „Am Ende des Schattens“.

Dabei ist das GrundgerĂŒst, der historische Stoff und die Anlehnung der Figuren an reale Vorbilder durchaus dazu angetan, ĂŒber die gesamte Handlung hin zu tragen. Schon alleine die Szenerie eines Berlins zu Beginn der 1930er Jahre birgt fĂŒr Schreibende ungeheuer viel Material, zu erzĂ€hlen. Um mit etwas Positiven zu beginnen, dies zumindest beschreibt der Autor so plastisch, dass man sich gleichsam in eine Zeitreise wĂ€hnt, auch der gleich zu Beginn eingefĂŒhrte Hauptprotagonist bietet, mit all den formulierten Ecken und Kanten viel Potenzial fĂŒr die Entwicklung der Geschichte.

Darauf konzentriert hĂ€tte dies ein wunderbares und spannendes Leseerlebnis werden können, doch der Genre-Mix verlangt hier einiges ab, hat BrĂŒche zwischen den Szenewechseln entstehen lassen und zumindest bei mir nicht dafĂŒr sorgen können, der ErzĂ€hlung die notwendige Aufmerksamkeit angedeihen zu lassen, die sie vielleicht verdient hĂ€tte. StĂ€ndig hatte ich hier das GefĂŒhl, schon wieder irgendein vielleicht wichtiges Detail ĂŒberlesen zu haben.

Zudem mangelt es hier an wirklichen SympathietrĂ€gern unter den Figuren. Nicht einmal an die beiden Hauptprotagonisten mag man sich halten. FĂŒr mich entstand so leider der Eindruck, dass hier viel gewollt und nicht viele der Gedanken wirklich bis zum Ende hin verfolgt wurden. Gleichzeitig wird hier versucht, Fans verschiedener Genres zu bedienen. Wenn jedoch nicht eine Linie einmal etwas konsequenter verfolgt wird, kann der Funke auch nicht ĂŒberspringen. Egal, bei wen.

TatsĂ€chlich lesen die letzten Seiten so, wie ich mir den gesamten Roman gewĂŒnscht hĂ€tte. Ich hoffe nur, dass sich jemand findet, der sich mehr darauf einlassen kann, als ich das konnte. Unter den derzeitigen Eindruck stehend, ist es mir nicht möglich, eine Leseempfehlung zu geben.

Autor:

Andreas Höll studierte Allgemeine Rhetorik, Germanistik und Empirische Kulturwissenschaften in TĂŒbingen sowie an der Stanford University in Kalifornien. Nach Volontariaten beim Ammann Verlag in ZĂŒrich und bei RIAS Berlin/Deutschlandradio wurde er Kunstredakteur beim Kulturradio des Mitteldeutschen Rundfunks. Neben zahlreichen Katalogtexten zur zeitgenössischen Kunst erschien 2004 sein Buch »Halbzeiten fĂŒr die Ewigkeit« im Gustav Kiepenheuer Verlag.

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